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Zeitenzauber: Das verborgene Tor. Band 3 (German Edition)

Zeitenzauber: Das verborgene Tor. Band 3 (German Edition)

Titel: Zeitenzauber: Das verborgene Tor. Band 3 (German Edition)
Autoren: Eva Völler
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beiden euch jetzt, nachdem alles überstanden ist?«
    »Schon beinahe wieder normal. Bis auf ein paar Kleinigkeiten.« Sebastiano zog sich mit angewiderter Miene die Perücke vom Kopf und pulte die voluminöse Busenattrappe aus dem Ausschnitt seines Ballkleides. »Ich verstehe nicht, wie Frauen mit so dicken Dingern rumlaufen können. Und dabei ist das Zeug hier nur aus Baumwolle.«
    Ich selbst sagte erst mal nichts, denn ich wusste nicht recht, wie ich mich fühlte. Normal ganz bestimmt nicht. Erschöpft und gleichzeitig aufgekratzt, das auf jeden Fall. Und natürlich zutiefst dankbar und erleichtert, weil am Ende doch noch alles gut ausgegangen war. Die Bösen besiegt und das Gute gerettet und so weiter – genau wie bei unseren bisherigen Zeitreiseabenteuern. Wir hatten eine Menge Glück gehabt, obwohl wir ein paar Federn gelassen hatten. Aber neben all diesen Gefühlen spürte ich noch etwas anderes – eine Art wehmütige Gewissheit.
    »Es ist vorbei, oder?«, fragte ich unvermittelt.
    José sah mich unverwandt an, als warte er auf genauere Erklärungen.
    Ich machte eine ziellose Geste. »Ich meine … all das. Unser Job als Beschützer. Die Reisen in die Vergangenheit. Die Tore sind zerstört. Du hast gesagt, du kannst dieses eine zusammen mit Mr Stephenson reparieren, damit wir nach Hause zurückkönnen. Und wenn ich dich richtig verstanden habe, ist es dir und den anderen Alten gelungen, die Entropie zu verhindern und den Zeitstrom zu stabilisieren. Aber dieses Spiel zwischen euch … es ist zu Ende, nicht wahr?«
    Sebastiano hatte bei meinen Worten den Arm um mich gelegt und ließ José nicht aus den Augen. Er wartete genauso angespannt auf eine Antwort wie ich.
    José schwieg eine Weile, schließlich erwiderte er leise: »Ja. Das Spiel ist vorbei.«
    Das mussten Sebastiano und ich erst mal sacken lassen. Wir redeten nicht mehr viel während der restlichen Fahrt. Am Grosvenor Square angekommen, wollte José nicht mit uns aussteigen. Er meinte, er habe noch ein paar wichtige Dinge zu erledigen, würde sich aber in den nächsten Tagen bei uns melden. Und schon war die Kutsche in der Nacht verschwunden.
    Wir waren zu erledigt, um uns noch groß zu unterhalten. Also gingen wir sofort zu Bett und schliefen tief und traumlos bis in den hellen Tag.
    Anderntags stellten wir fest, dass Mrs Fitzjohn spurlos verschwunden war, und zwar so nachhaltig, dass sich außer mir und Sebastiano niemand an sie erinnern konnte, nicht einmal die Köchin, die wie üblich zum Dienst erschien. Das war der Beweis dafür, dass Mrs Fitzjohn nur eine künstliche Existenz gewesen war, eine Art Illusion aus Fleisch und Blut, um Mr Fitzjohns Leben in dieser Zeit nach außen hin realer wirken zu lassen. Mit seinem Verschwinden hatte auch sie ihre Daseinsberechtigung verloren. Ich hatte schon damit gerechnet, dass das passieren würde, trotzdem setzte es mir zu. Sonderlich gemocht hatte ich sie nicht, aber sie hatte in diesem Haus gelebt und gearbeitet und war für mich da gewesen. Und jetzt war sie weg, ausgelöscht wie eine Kerze vom Wind, ein Opfer von Manipulationen an der Zeit.
    Für kurze Zeit hatte ich befürchtet, dass auch Iphys Existenz auf diese Weise erloschen war, denn ich hatte sie auf der Feier des Prinzregenten nach Reggies Verschwinden nicht mehr gesehen. Doch zu meiner Erleichterung war sie quicklebendig, ihr war nichts passiert. Abgesehen von der Tatsache, dass sie nicht mehr die geringste Erinnerung an Reggie hatte. Er war mit Stumpf und Stiel aus ihrem Gedächtnis getilgt, was für ihren und unseren Seelenfrieden sicher am besten war. Ich wünschte mir oft, dass ich ihn selbst ebenso leicht hätte vergessen können – ihn und sein entsetztes Gesicht in dem Augenblick, als er verschwand.
    Was Iphy anging, so war sie ganz die Alte. Gleich am übernächsten Tag kreuzte sie bei uns auf, mit einer Schachtel Pralinen und dem dringenden Wunsch, mit mir zusammen neue Schuhe kaufen zu gehen. Sebastiano schützte einen Migräneanfall vor, um sie auf Distanz zu halten, und ich schickte sie nach einer gemeinsamen Tasse Tee weg, weil ich keine Schuhe mehr aus dieser Epoche brauchte. Und weil ich in ihrer Gegenwart ständig mit den Tränen kämpfen musste, denn allen Querelen zum Trotz hatte ich sie gern und musste irgendwie damit klarkommen, dass ich sie ab demnächst nie mehr wiedersehen würde. Da war ein schneller Schnitt besser als ein schmerzvoll verzögerter Abschied auf Raten.
    Tags darauf fuhren wir wie geplant mit Jerry
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