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Zeitenzauber: Das verborgene Tor. Band 3 (German Edition)

Zeitenzauber: Das verborgene Tor. Band 3 (German Edition)

Titel: Zeitenzauber: Das verborgene Tor. Band 3 (German Edition)
Autoren: Eva Völler
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wir Jerry retten konnten. Einen ersten Anhaltspunkt glaubte ich bereits zu haben, und ich hoffte inständig, dass ich richtig lag.
    »Wir sollten jetzt besser von hier verschwinden«, schlug Mr Stephenson vor.
    Was das betraf, war wirklich Eile geboten. Nicht nur, weil wir dringend nach Jerry suchen mussten, sondern weil sich im Nachbarsaal Ungeduld breitmachte. Die ersten unzufriedenen Gesichter wandten sich uns zu, das fragende Gemurmel war nicht zu überhören.
    »Gehen wir!« Sebastiano reichte mir höflich den Arm. »Mylady.«
    »Mylord.« Ich hängte mich ein und überlegte kurz, dass es für die Gäste, die zu uns herüberblickten, bestimmt ziemlich komisch aussah, wie ich am Arm der großen, dicken Matrone davonschwebte, denn von denen hatte bislang noch keiner Sebastianos Verkleidung durchschaut. Gefolgt von José sowie Mr Stephenson und Mr Scott, der uns schwerfällig und mit scharrendem Holzbein hinterherhinkte, verließen wir Carlton House auf dem schnellsten Weg.

    Mr Turner war bereits im Schlafrock, schien aber dennoch nicht allzu überrascht von unserem unangemeldeten Auftauchen. Wir waren alle zusammen mit der Prachtkutsche, die José für meinen großen Auftritt in Carlton House organisiert hatte, in die Harley Street gefahren. Mr Scott stützte sich haltsuchend an einer der Sphinxen ab, vergeblich nach Fassung ringend. Er zitterte schon die ganze Zeit wie Espenlaub, und das lag nicht an der kühlen Nachtluft. Seit er begriffen hatte, dass es vielleicht noch Hoffnung für Jerry gab, spielten seine Nerven verrückt. Er tat mir von Herzen leid, obwohl er beinahe einen Menschen erschossen hätte. Wenigstens war alles glimpflich ausgegangen, auch wenn das nur einem glücklichen Zufall zu verdanken war – oder besser gesagt, Prinnys Vorliebe für dicke Orden.
    Mr Turner hörte aufmerksam zu, als ich ihm unser Anliegen vortrug. Anschließend bat er uns in den Salon und befahl Mrs Thackerey, uns Sherry zu servieren. Er selbst wollte rasch ein bestimmtes Bild aus dem Atelier holen. Die Haushälterin musterte uns argwöhnisch, befolgte aber Mr Turners Anweisung. Als sie Sebastiano ein Glas Sherry einschenkte und er sich mit tiefer Stimme bedankte, fiel ihr fast die Karaffe aus der Hand.
    »Sie sind ja ein Mann!«
    Sebastiano zog es vor, das nicht zu kommentieren.
    Während wir ungeduldig auf Mr Turners Rückkehr warteten, kam sein alter Vater in den Salon getapert, ebenfalls im Schlafrock und die Füße in seinen übergroßen Pantoffeln steckend. Er war sichtlich erfreut über die nächtliche Gesellschaft und bot reihum Zigarren an, was wir dankend ablehnten. Er selber zündete sich eine Pfeife an, paffte ein paar Rauchwolken in die Luft und bewunderte mein schönes Kleid. Doch anscheinend hatte Sebastiano es ihm noch mehr angetan.
    »Sie kommen mir bekannt vor, Mylady«, sagte er zu ihm. »Haben wir uns vielleicht früher einmal auf einem Ball bei Almack’s getroffen? Zu meiner Zeit war ich ein schneidiger Tänzer!«
    »Sicher verwechseln Sie mich«, meinte Sebastiano höflich.
    Mr Turner senior zog an der Pfeife und musterte ihn eingehend. »Ich glaube nicht, Mylady, denn Sie kommen mir sehr bekannt vor! Ich meine mich gar zu entsinnen, dass wir uns einst in der intimen Umgebung meines Schlafgemachs begegneten. Allerdings scheinen Sie mir heute noch viel schöner als damals.« Er bedachte Sebastiano mit einem werbenden Lächeln.
    »Das ist doch ein Kerl«, schnaubte Mrs Thackerey von der Tür her.
    Der alte Mr Turner drehte sich entrüstet zu ihr um. »Was erlauben Sie sich, Mrs Thackerey?«
    In diesem Moment kam sein Sohn zurück und zeigte uns ohne Umschweife das Bild. »Hier ist es«, sagte er. »Ich weiß zwar nicht, wo sich das Haus befindet, aber in meiner Vision war es sehr deutlich zu sehen.«
    Das Gemälde zeigte ein wuchtiges Gebäude im teilweise offenen Querschnitt – im Vordergrund ein Teil der Fassade, und darunter, halb verborgen unter dicken Mauern, ein dunkler Keller. Wenn man genauer hinschaute, sah man in einer Ecke des Verlieses eine schmale Gestalt kauern.
    »Ich kenne es!«, rief ich, als ich den Renaissanceturm und die Pilaster sah. »Das ist Castlethorpes Haus!«

    Jerry hockte tatsächlich in einem Keller in Reginalds Haus, aber als wir dorthin kamen, stellte sich heraus, dass er sich schon beinahe selbst befreit hatte. Fitzjohn hatte ihn mit einer ziemlich dicken Eisenkette an die Wand gekettet, doch zu Jerrys grenzenloser Erleichterung hatte er ihm bei seinem letzten Besuch
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