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Zeitenlos

Zeitenlos

Titel: Zeitenlos
Autoren: Shelena Shorts
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Ganze nicht mit »Ich habe es dir gesagt« kommentieren.
    Ich rief sie abends an. Sie war genauso ratlos wie ich, riet mir aber, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Sie fand alles ein bisschen zu seltsam. Ich stimmte ihr zu, was mich aber nicht davon abhielt, noch einmal einen prüfenden Blick auf meine Mails zu werfen. Immer noch keine Antwort!
    An diesem Abend dachte ich lange nach. Um den Kopf freizubekommen, duschte ich ausgiebig und setzte mich dann im Dunkeln in meinen Lesesessel. Ich hatte die Augen geschlossen und lauschte der völligen Stille. Mein Verstand versuchte herauszubekommen, wie ich in diese Situation hineingeraten war. Eigentlich ließ ich mich nicht so leicht aus der Fassung bringen. Leute, die mich nervten oder mich irgendwie verletzt hatten, konnte ich problemlos ausblenden. Ich war gerne allein, und Jungs hatten mich bisher nicht wirklich interessiert. Die meisten, mit denen ich gesprochen hatte, waren so berechenbar, dass ich bisher keine Lust auf einen Freund gehabt hatte. Und jetzt dachte ich plötzlich nur noch an diesen neunzehn Jahre alten Typen, mit dem ich alles in allem vielleicht fünfzehn Minuten geredet hatte. Das war doch nicht normal.
    Ich verfluchte diese braunen Augen. Ich hatte noch nie jemanden getroffen, der mir das Gefühl gab, in meine Seele blicken zu können. Ich fühlte mich eigenartig entblößt und verletzlich, aber trotzdem gut. Ein Nachmittag, an dem ich auf einem Parkplatz mit meinem Wagen in einen anderen gekracht war, hatte meine Gedankenwelt für immer verändert. Es war ein mentaler Kampf, dem ich mich stellen musste, und mir war klar, dass es nur zwei Lösungen geben konnte. Entweder würde ich in einer Woche darüber hinweg sein oder den Rest meines Lebens mit Jungs nichts mehr zu tun haben wollen. Ich tendierte zu Letzterem, doch dann nahmen die Dinge eine dramatische Wende.
    Es war rund anderthalb Wochen später. An einem Abend saß ich über meinen naturwissenschaftlichen Hausaufgaben und machte eine kurze Pause, um mal wieder meine Mails zu checken. Ich konnte es kaum fassen: Weston hatte geschrieben. Ich zögerte bestimmt zwei Minuten oder länger, weil ich nicht wusste, was mich erwartete. In meinem Bauch kribbelte es, als ich mit der Maus auf die Mail klickte, um sie zu öffnen. Dort stand:
    Liebe Sophie,
    es tut mir leid, dass du so denkst, aber es überrascht mich nicht. Du sollst wissen, dass ich versucht habe, die Sache auf legale Weise aus der Welt zu räumen, aber du machst mir das nicht leicht. Ich habe mich deshalb selbst um die Reparatur deines Wagens gekümmert. Ich kann es mit meinem Gewissen nicht vereinbaren, dass du mit einem beschädigten Fahrzeug herumfährst. Das hast du nicht verdient.
    Mit freundlichen Grüßen
    Wes
    Ich las die Mail drei Mal, doch verstand sie immer noch nicht. Die Reparatur deines Wagens, selbst gekümmert, mein Gewissen, das hast du nicht verdient . Was um alles in der Welt meinte er? Dieses Spielchen wurde jetzt langsam nervig. Ich war so sauer, dass ich dringend aus dem Haus musste, schlüpfte in meine Flipflops und ging in T-Shirt und Shorts zum Auto. Es war schon gegen sieben, und ich rief meiner Mutter zu, dass ich etwas einkaufen wollte. Ich brauchte unbedingt frische Luft. Am liebsten hätte ich dafür das Verdeck des Jeeps abgenommen, aber ich hatte es zu eilig.
    Draußen fiel mir auf, dass der Jeep rückwärts in der Auffahrt stand. Ich konnte mich nicht daran erinnern, ihn so geparkt zu haben. Eigentlich war ich sogar ganz sicher, dass ich das nicht getan hatte. Ich kniff die Augen zusammen, als ich hinten um den Wagen herumging, dann schüttelte ich ungläubig den Kopf. Er war heil. Ich fuhr so vorsichtig mit der Hand über die Ecke, wo der kaputte Scheinwerfer und die Beule gewesen waren, als fürchtete ich, dass sie mich beißen würde. Es war keine Einbildung. Mein Wagen war wieder in Ordnung. Nichts deutete auf einen Schaden hin.
    Das ging jetzt wirklich zu weit.
    Wie vor den Kopf geschlagen ging ich ins Haus zurück und geradewegs nach oben. Die Mail war noch geöffnet. Ich drückte auf »Antworten«:
    Wir müssen reden. Ich will dich sehen. Bitte.
    Sophie
    Ich schickte die Mail ab und wartete. Ich rechnete nicht ernsthaft mit einer Antwort am selben Abend, aber ich wartete trotzdem, spielte meine Lieblingssongs, streckte mich auf dem Bett aus und schaute gelegentlich in meinen Posteingang. Gegen neun hatte ich eine neue Mail. Sie war von Wes:
    Wenn du darauf bestehst. Morgen, am Aussichtspunkt.
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