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Zeitenlos

Zeitenlos

Titel: Zeitenlos
Autoren: Shelena Shorts
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hatte Angst. Als ich zu meinen Stuhl ging, spürte ich Tränen aufsteigen. »Sehr gut, Lenny.« Sein Lob widerte mich an.
    Er fesselte mich wieder an den Stuhl, und dabei bemerkte ich seinen selbstgefälligen Blick. Er wirkte zuversichtlich und abgeklärt. Schließlich zog er die letzte Fessel an meinem Knöchel fest. »So, das hätten wir. Du machst es dir jetzt bequem und ich bin gleich wieder da.«
    Er verließ den Raum, und wieder blieb mir nichts anderes übrig, als zu warten. Je länger ich dort hockte, desto mehr Angst bekam ich, dass mein Plan fehlgeschlagen war. Ich war so sicher gewesen, dass das Spritzen unverdünnten Alligatorbluts ihn umbringen würde. So war es letztlich allen Patienten mit Ausnahme von Wes ergangen. Mir lief die Zeit davon, so viel stand fest.
    Ich begriff sehr schnell, dass Andy seine eigenen Pläne hatte, und den Löffel abzugeben, gehörte ganz offensichtlich nicht dazu. Selbst wenn mein ursprüngliches Vorhaben doch noch glücken sollte, hielt er die Trümpfe in der Hand. Andy kam mit einer großen Reisetasche und einem Glas Wasser wieder. Die Tasche ließ er neben den Stuhl fallen, das Glas stellte er auf den Boden. »Okay Lenny, ich mache dir die Sache leicht.« Er nahm zwei Tabletten aus der Tasche und griff nach dem Glas.
    Er hielt mir die Tabletten an den Mund, aber ich drehte den Kopf weg. Sein Blick sprach Bände. »Komm schon, Lenny, das mit deiner Sturheit haben wir doch schon hinter uns. Und jetzt nimmst du die Tabletten.« Er zwang sie mir in den Mund. »Sie werden dich entspannen.« Ich schob die Tabletten unter meine Zunge. »Gut. Und jetzt trink.«
    Nachdem er das Glas abgestellt hatte, zog er mehrere Infusionsbeutel und eine Spritze aus der Tasche. »Wofür ist das denn?«, fragte ich.
    »Ach, diese hier?«, antwortete er locker und ohne sich aus der Ruhe bringen zu lassen. »Darin werde ich dein Blut lagern.«
    »Mein Blut lagern?«
    »Siehst du, einiges brauche ich für meinen Enkel und dann habe ich schon daran gedacht, eines Tages mit dieser Entdeckung Geld zu machen. Überleg doch nur mal, wie viele Leute das hier kaufen möchten, wenn sie von dem ewigen Jungbrunnen hören.«
    Glaubte dieser Typ wirklich, dass mein Blut der Schlüssel zu diesem bahnbrechenden medizinischen Durchbruch war? Er war anscheinend nicht der Hellste, doch ich hatte keine Wahl. Wenn ich preisgab, dass ich alles nur erfunden hatte, würde er mich garantiert auf der Stelle töten. Ich saß in der Falle.
    »Du bist verrückt!«, fauchte ich ihn an.
    Er beachtete mich nicht und blieb gelassen. Plötzlich wusste ich, dass er meinen Tod vorbereitete.
    Ich sah mich um und bemerkte mindestens ein Dutzend leerer Infusionsbeutel. Er wollte mein Blut komplett abzapfen. Ganz kurz spielte ich mit dem Gedanken, die Pillen doch zu schlucken.
    »Du wirst jeden Moment einschlafen und gar nichts spüren«, versuchte er mir Mut zuzusprechen. »Ich tue dir einen Gefallen, glaub mir. Ursprünglich hatte ich ganz andere Pläne mit dir.«
    Ich verdrehte meine Augen angesichts dieses Irrsinns und schluckte die Pillen nicht. Um auch nur den Hauch einer Chance zu haben, aus dieser verfahrenen Situation herauszukommen, musste ich unbedingt bei Bewusstsein bleiben. Stattdessen tat ich so, als würde ich zunehmend benommen werden, und ließ den Kopf nach vorne fallen, damit er dachte, dass ich eingeschlafen war.
    Alle Träume, die ich gehabt hatte, lösten sich in Luft auf. Jeder Tag, den ich mit Wes hatte verbringen wollen, verschwand vor meinen Augen und trotzdem war da immer noch ein Fünkchen Hoffnung, dass ich ihn eines Tages wiedersehen würde. Es war dieser Gedanke, der mich davor bewahrte, völlig den Verstand zu verlieren. Ich wünschte mir nur, dass mein Tod nicht durch diesen menschlichen Abschaum verursacht würde. Ich wäre lieber zu meinen Bedingungen gestorben.
    Nachdem er seine Ausrüstung sortiert hatte, hörte ich ihn Selbstgespräche führen. »Perfekt. Du wirst gar nicht spüren, dass dein Leben aus dir herausfließt, meine schöne kleine Lenny.« Er rollte meinen Ärmel hoch und setzte die Nadel an. Ich fühlte einen brennenden Stich und dann mein Blut pulsieren, als es durch meine Vene in den Beutel lief.
    Ich versuchte, mich an alles zu erinnern, was ich jemals über den menschlichen Körper gelernt hatte. Zwar konnte ich mich nur schwer konzentrieren, aber ich wusste noch, dass es bestimmt nicht gut war, wenn mehr als einer dieser Beutel mit meinem Blut gefüllt wurde. Meine Unterlippe begann
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