Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zauber der Schlange

Zauber der Schlange

Titel: Zauber der Schlange
Autoren: David Eddings
Vom Netzwerk:
hatte, und der feuchte Schnee und der dichte Nebel verbargen selbst jene letzten Überreste. Garion seufzte wieder und begann, seine Spur zurückzuverfolgen bis zu dem verfallenen Turmstumpf, wo sie die letzte Nacht verbracht hatten.
    Als er näherkam, sah er, daß Meister Wolf und Tante Pol in einiger Entfernung von der Turmruine beisammen standen und sich leise unterhielten. Der alte Mann hatte seine rostbraune Kapuze hochgezogen, Tante Pol hatte sich fest in ihren blauen Umhang gewickelt. Ein Ausdruck zeitlosen Bedauerns lag auf ihrem Gesicht, als sie auf die nebligen Ruinen blickte. Ihr langes dunkles Haar floß ihr über den Rücken, und die einzelne weiße Locke an ihrer Stirn schien heller zu sein als der Schnee zu ihren Füßen.
    »Da ist er ja«, sagte Meister Wolf zu ihr, als Garion sich näherte. Sie nickte und sah Garion ernst an. »Wo warst du?« fragte sie.
    »Nirgends«, antwortete Garion. »Ich habe nur nachgedacht, das ist alles.«
    »Du hast es jedenfalls fertiggebracht, dir nasse Füße zu holen, wie ich sehe.«
    Garion hob einen seiner durchnäßten, braunen Stiefel und sah auf den schmutzigen Schneematsch, der daran klebte. »Der Schnee ist nasser, als ich dachte«, entschuldigte er sich.
    »Fühlst du dich wirklich wohler, wenn du das Ding da trägst?« fragte Meister Wolf und deutete auf das Schwert, das Garion jetzt immer trug.
    »Alle sagen, in Arendien sei es gefährlich«, erklärte Garion. »Außerdem muß ich mich daran gewöhnen.« Er schob den knirschenden neuen Ledergürtel herum, bis das drahtumwickelte Heft nicht mehr so deutlich zu sehen war. Das Schwert war ein Erastidegeschenk von Barak, eins der Geschenke, die er bekommen hatte, als sie während des Feiertages auf See waren. »Es paßt nicht recht zu dir, weißt du«, sagte der alte Mann mißbilligend.
    »Laß ihn in Ruhe, Vater«, sagte Tante Pol fast geistesabwesend. »Es ist schließlich seins, und er kann es tragen, wenn er will.«
    »Sollte Hettar nicht inzwischen hier sein?« fragte Garion, der das Thema wechseln wollte.
    »Vielleicht ist er in den Bergen von Sendarien in tiefen Schnee geraten«, antwortete Wolf. »Er wird schon kommen. Hettar ist sehr verläßlich.«
    »Ich verstehe nicht ganz, warum wir nicht einfach in Camaar Pferde gekauft haben.«
    »Sie wären nicht so gut gewesen«, erwiderte Wolf und kratzte seinen kurzen, weißen Bart. »Wir haben einen langen Weg vor uns, und ich möchte mir keine Sorgen darüber machen müssen, daß ein Pferd unterwegs zu lahmen anfängt. Es ist wesentlich besser, sich jetzt etwas Zeit zu nehmen, als später noch mehr Zeit zu verlieren.«
    Garion rieb sich den Nacken, wo die Kette des seltsam geprägten Silberamuletts, das Wolf und Tante Pol ihm an Erastide geschenkt hatten, seinen Hals wundscheuerte.
    »Mach dir keine Gedanken deswegen, mein Lieber«, sagte Tante Pol.
    »Ich wünschte, ich dürfte es auf der Kleidung tragen«, beschwerte er sich. »Niemand kann es unter meiner Tunika sehen.«
    »Es muß direkt auf der Haut getragen werden.«
    »Es ist nicht sehr bequem. Es ist schon hübsch, finde ich, aber manchmal scheint es kalt zu sein und manchmal warm, und ab und zu ist es schrecklich schwer. Die Kette scheuert immer an meinem Nacken. Ich glaube, ich bin an Schmuck nicht gewöhnt.«
    »Es ist nicht einfach nur ein Schmuckstück, mein Junge«, sagte sie. »Mit der Zeit wirst du dich daran gewöhnen.«
    Wolf lachte. »Vielleicht macht es dir die Sache leichter, wenn du weißt, daß deine Tante Pol zehn Jahre gebraucht hat, um sich an ihres zu gewöhnen. Ich mußte sie ständig daran erinnern, es wieder anzulegen.«
    »Ich weiß nicht, warum wir ausgerechnet jetzt darüber sprechen müssen, Vater«, sagte Tante Pol kühl.
    »Hast du auch eins?« fragte Garion den alten Mann, plötzlich neugierig geworden.
    »Natürlich.«
    »Heißt das, wir tragen alle eins?«
    »Es ist ein Familienbrauch, Garion«, erklärte Tante Pol in einem Ton, der die Diskussion beendete. Der Nebel wogte um sie, und ein kalter, feuchter Wind heulte durch die Ruinen.
    Garion seufzte. »Ich wünschte, Hettar käme. Ich möchte hier weg. Hier ist es wie auf einem Friedhof.«
    »Es war nicht immer so«, sagte Tante Pol leise.
    »Wie war es denn?«
    »Ich war glücklich hier. Die Mauern waren hoch, und die Türme ragten in den Himmel. Wir dachten alle, es würde für immer so bleiben.« Sie deutete auf ein paar winterbraune Brombeerranken, die über die geborstenen Steine krochen. »Dort drüben war ein
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher