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Zauber der Schlange

Zauber der Schlange

Titel: Zauber der Schlange
Autoren: David Eddings
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Blumengarten, in dem Frauen in hellen Kleidern saßen und den jungen Männern lauschten, die ihnen von außerhalb der Gartenmauern vorsangen. Die Stimmen der jungen Männer waren lieblich, und die Damen seufzten und warfen ihnen rote Rosen über die Mauern zu.
    Und diese Straße hinunter lag ein marmorgepflasteter Platz, wo die alten Männer sich trafen, um über vergessene Kriege und dahingegangene Gefährten zu reden. Dahinter lag ein Haus mit einer Terrasse, wo ich abends mit Freunden saß und die Sterne beobachtete, während ein Knabe uns gekühlte Früchte brachte und die Nachtigallen sangen, als wollte ihnen das Herz zerspringen.«
    Ihre Stimme erstarb. »Aber dann kamen die Asturier«, fuhr sie mit veränderter Stimme fort. »Du wärst erstaunt, wie wenig Zeit man braucht, um etwas einzureißen, das in tausend Jahren erbaut worden ist.«
    »Denk nicht daran, Pol«, sagte Wolf. »Diese Dinge geschehen von Zeit zu Zeit. Wir können nicht viel dagegen tun.«
    »Ich hätte etwas tun können, Vater«, antwortete sie und blickte auf die Ruinen. »Aber du wolltest es nicht zulassen, erinnerst du dich?«
    »Müssen wir das wieder durchgehen, Pol?« fragte Wolf gequält. »Du mußt lernen, deine Verluste zu akzeptieren. Die Wacite Arendier waren ohnehin dem Untergang geweiht. Im günstigsten Fall hättest du nur das Unvermeidliche um ein paar Monate hinausgezögert. Wir sind nicht, wer wir sind und was wir sind, um uns in Sachen zu verstricken, die keinerlei Bedeutung haben.«
    »Das hast du früher schon gesagt.« Sie blickte zu den Bäumen hinüber, die sich im Nebel verschwommen entlang der Straßen hinzogen. »Ich hatte nicht geglaubt, daß die Bäume so schnell zurückkommen«, sagte sie mit seltsam belegter Stimme. »Ich hatte gedacht, sie würden länger warten.«
    »Es ist fast zweitausendfünfhundert Jahre her, Pol.«
    »Wirklich? Es kommt mir vor wie letztes Jahr.«
    »Grüble nicht darüber. Dann wirst du nur melancholisch. Warum gehen wir nicht hinein? Der Nebel macht uns allmählich alle schwermütig.«
    Unerwartet legte Tante Pol ihren Arm um Garions Schulter, als sie sich dem Turm zuwandten. Ihr Duft und das Gefühl ihrer Nähe schnürte ihm die Kehle zu. Die Distanz, die in den letzten paar Monaten zwischen ihnen entstanden war, schien sich bei ihrer Berührung aufzulösen.
    Die Kammer im Untergeschoß des Turms war aus solch dicken Steinen erbaut worden, daß weder der Lauf der Jahrhunderte noch die schweigenden, tastenden Ranken der Baumwurzeln in der Lage gewesen waren, sie zu zerstören. Große, flache Bögen trugen die niedrige Steindecke und ließen den Raum fast wie eine Höhle wirken. Am Ende des Raumes, gegenüber der schmalen Tür, bildete ein breiter Riß zwischen zwei der rohbehauenen Steinblöcke einen natürlichen Kamin. Am Abend ihrer Ankunft hatte Durnik finster den Riß betrachtet, denn ihnen war kalt und sie waren durchnäßt gewesen, dann hatte er rasch aus Trümmern einen rohen, aber funktionsfähigen Kamin gebaut. »Das wird es tun«, hatte der Schmied gesagt. »Vielleicht nicht sehr elegant, aber gut genug für ein paar Tage.«
    Als Wolf, Garion und Tante Pol den niedrigen, höhlenartigen Raum betraten, knisterte ein schönes Feuer im Kamin, das undeutliche Schatten zwischen den Gewölben warf und eine willkommene Wärme ausstrahlte. Durnik, in seiner braunen Ledertunika, stapelte Feuerholz an einer Wand auf. Barak, riesig, rotbärtig, und mit Kettenhemd angetan, polierte sein Schwert. Silk, in ungebleichtem Leinenhemd und schwarzer Lederweste, saß müßig auf einem ihrer Gepäckballen und spielte mit ein paar Würfeln.
    »Schon irgendein Zeichen von Hettar?« fragte Barak aufblickend.
    »Es ist noch einen Tag zu früh«, antwortete Meister Wolf und ging zum Kamin, um sich zu wärmen.
    »Warum ziehst du nicht andere Stiefel an, Garion?« schlug Tante Pol vor und hängte ihren blauen Umhang an einen der Haken, die Durnik in die Wand geschlagen hatte.
    Garion hob sein Bündel von einem der Haken und durchwühlte es.
    »Auch andere Strümpfe«, setzte sie hinzu.
    »Hebt sich der Nebel eigentlich etwas?« fragte Silk Meister Wolf.
    »Kein bißchen.«
    »Wenn ich euch überreden kann, vom Feuer wegzukommen, kümmere ich mich ums Abendessen«, sagte Tante Pol, plötzlich sehr geschäftig. Sie fing an, einen Schinken, einige Laibe eines dunklen Bauernbrotes, einen Sack getrockneter Erbsen und einige ledrige Karotten auszupacken und summte leise vor sich hin, wie sie es immer tat, wenn
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