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Young Sherlock Holmes 1

Young Sherlock Holmes 1

Titel: Young Sherlock Holmes 1
Autoren: Andrew Lane
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wartete vor der Tür. Von der Reise, die Mycroft zur Schule unternommen hatte, waren die Räder noch mit Schlamm überzogen und die Seiten der Kabine mit Staub bedeckt. Das Wappen der Holmes-Familie prangte auf der Tür. Sherlocks Koffer war schon auf der Rückseite verstaut. Vorn auf dem Kutschbock saß ein hagerer Mann, den Sherlock nicht kannte. Schlaff hielt er die Zügel in den Händen, während die beiden Pferde geduldig warteten.
    »Woher wusste er, dass das mein Koffer ist?«
    Mycroft machte eine Handbewegung, die besagen sollte, dass das keine große Sache war. »Ich habe den Koffer vorhin vom Fenster des Direktorenzimmers aus gesehen. Er war als einziger unbeaufsichtigt. Und außerdem ist es der, den Vater immer benutzt hat. Der Direktor war so freundlich, einen Jungen loszuschicken, der dem Kutscher auftrug, den Koffer aufzuladen.« Er öffnete die Tür der Kutsche und forderte Sherlock mit einer Geste auf einzusteigen. Doch stattdessen blickte sich Sherlock noch einmal zu seiner Schule und seinen Mitschülern um.
    »Du siehst aus, als würdest du denken, dass du sie nie wiedersiehst«, sagte Mycroft.
    »Das ist es nicht«, erwiderte Sherlock. »Es ist nur, ich dachte, ich würde wegen etwas Schönerem von hier fortgehen. Aber jetzt weiß ich, dass mir etwas Schlechteres bevorsteht. So schlimm es hier auch ist, etwas Besseres ist jetzt jedenfalls nicht mehr zu erwarten.«
    »So schlimm wird es nicht sein. Onkel Sherrinford und Tante Anna sind gute Menschen. Sherrinford ist Vaters Bruder.«
    »Wieso habe ich dann noch nie was von ihnen gehört?«, fragte Sherlock. »Warum hat Vater nie erwähnt, dass er einen Bruder hat?«
    Mycroft zuckte fast unmerklich zusammen. »Ich fürchte, es gab ein Zerwürfnis in der Familie. Das Verhältnis war eine Weile ziemlich gespannt. Mutter hat vor ein paar Monaten wieder Kontakt aufgenommen. Ich bin nicht mal sicher, ob Vater das weiß.«
    »Und da schickst du mich hin?«
    Mycroft tätschelte Sherlocks Schulter. »Wenn es eine Alternative gäbe, würde ich mich dafür entscheiden, glaube mir. Nun denn, musst du dich von irgendwelchen Freunden verabschieden?«
    Sherlock sah sich um und sein Blick fiel auf etliche Jungen, die er kannte. Aber war auch nur einer von ihnen ein wirklicher Freund?
    »Nein«, sagte er. »Lass uns gehen.«
    Die Reise nach Farnham dauerte mehrere Stunden. Nachdem sie durch das Städtchen Dorking gefahren waren, der Deepdene am nächsten gelegenen Ortschaft, rumpelte die Kutsche auf Feldwegen weiter. Unter ausladenden Baumkronen entlang und vorbei an einzeln stehenden strohgedeckten Cottages, größeren Häusern und Feldern voller reifer Gerste.
    Die vom wolkenlosen Himmel brennende Sonne verwandelte die Kutsche trotz des Fahrtwindes schon bald in einen Backofen. Insekten schwirrten träge immer wieder gegen das Fenster, und Sherlock beobachtete eine Weile, wie die Welt an ihnen vorbeizog. Zum Mittagessen hielten sie an einem Gasthaus, in dem Mycroft etwas Schinken, Käse und einen halben Laib Brot kaufte. Irgendwann schlief Sherlock ein. Als er nach ein paar Minuten oder auch Stunden wieder aufwachte, fuhr die Kutsche immer noch durch die gleiche Landschaft. Eine Weile lang unterhielt er sich mit Mycroft darüber, wie es gerade bei ihnen zu Hause aussah. Sie sprachen über ihre Schwester und die schwache Gesundheit ihrer Mutter. Mycroft erkundigte sich nach Sherlocks Studien, und Sherlock erzählte ihm ein bisschen über die verschiedenen Lektionen, die er über sich hatte ergehen lassen müssen, um sich dann ein wenig ausführlicher über die unterrichtenden Lehrer auszulassen. Er imitierte ihre Stimmen und Schrullen so witzig und gehässig, dass Mycroft sich vor Lachen nicht mehr zu helfen wusste.
    Nach einer Weile säumten immer mehr Häuser die Straße, und schon bald fuhren sie durch eine große Stadt. Die Pferdehufe klapperten auf den Pflastersteinen, und als Sherlock sich aus der Kutsche lehnte, fiel sein Blick auf ein Gebäude, das wie ein Rathaus aussah. Das Auffälligste an dem weiß verputzten und mit schwarzen Holzschnitzereien verzierten zweistöckigen Bau war eine riesige Uhr, die an einem horizontalen Träger befestigt war und weit auf die Hauptstraße hinausragte.
    »Farnham?«, riet Sherlock.
    »Guildford«, antwortete Mycroft. »Aber Farnham ist jetzt nicht mehr weit.«
    Als sie Guildford hinter sich gelassen hatten, führte die Straße auf einer Anhöhe entlang, von der das Land zu beiden Seiten abfiel. Von hier oben sahen die
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