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Young Sherlock Holmes 1

Young Sherlock Holmes 1

Titel: Young Sherlock Holmes 1
Autoren: Andrew Lane
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eine Meuterei innerhalb der britischen Armee ist undenkbar.«
    »Und
wird
es dort eine Meuterei geben?«, fragte Sherlock, dem plötzlich das Herz so schwer wurde, dass er meinte, einen Mühlstein in der Brust zu haben. »Kann Vater etwas passieren?«
    Mycroft zuckte die mächtigen Schultern. »Ich weiß es nicht«, sagte er einfach. Das war eine der Eigenschaften, die Sherlock an seinem Bruder schätzte. Er gab immer direkte Antworten auf direkte Fragen, ohne bittere Pillen zu versüßen. »Leider weiß ich gar nichts. Jedenfalls noch nicht.«
    »Aber du arbeitest doch für die Regierung«, ließ Sherlock nicht locker. »Du musst doch wenigstens eine Vorstellung haben, was passieren könnte. Kannst du nicht ein anderes Regiment schicken? Und Vater hier in England lassen?«
    »Ich arbeite erst ein paar Monate im Außenministerium«, antwortete Mycroft. »Und obwohl es mir schmeichelt, dass du denkst, ich hätte die Macht, solch wichtige Dinge zu beeinflussen, fürchte ich, dass ich dazu nicht in der Lage bin. Ich bin ein Referent. Nur ein Angestellter, wirklich.«
    »Wie lange wird Vater fort sein?«, fragte Sherlock und dachte an den großen Mann in der scharlachroten Uniformjacke mit den breiten weißen Lederriemen, die sich über der Brust kreuzten. Den Mann, der sein Vater war und so gern lachte und seine gute Laune nur selten verlor. Er fühlte, wie sich ihm die Brust zuschnürte. Aber er hielt seine Gefühle im Zaum. Wenn er eines während seiner Zeit auf der Deepdene-Schule gelernt hatte, dann war es, niemals Gefühle zu zeigen. Denn wenn man das tat, wurde es gegen einen verwendet.
    »Das Schiff braucht sechs Wochen, um den Hafen in Indien zu erreichen. Dann sechs Monate im Land würde ich mal schätzen. Und dann noch einmal sechs Wochen für die Rückreise. Neun Monate insgesamt.«
    »Fast ein Jahr.« Er ließ einen Moment lang den Kopf sinken, um sich zu sammeln. Dann nickte er. »Können wir jetzt nach Hause gehen?«
    »Du gehst nicht nach Hause«, antwortete Mycroft.
    Sherlock stand nur da und nahm die Worte in sich auf, sagte aber nichts.
    »Er kann nicht hierbleiben«, brummte der Direktor. »Die Schule wird auf den Kopf gestellt und von oben bis unten gereinigt.«
    Mycroft wandte seinen gelassenen Blick von Sherlock ab und sah den Direktor an.
    »Unsere Mutter ist … unpässlich«, erklärte er. »Selbst an guten Tagen ist ihre Verfassung labil, und die Sache mit unserem Vater hat sie zutiefst bekümmert. Sie braucht Ruhe und Frieden, und Sherlock braucht jemand älteren, der sich um ihn kümmert.«
    »Aber ich habe
dich
!«, protestierte Sherlock.
    Mycroft schüttelte traurig seinen großen Kopf. »Ich lebe jetzt in London, und mein Job bringt täglich viele Stunden Arbeit mit sich. Ich fürchte, ich wäre kein geeigneter Aufpasser für einen Jungen. Vor allem nicht für so einen neugierigen wie dich.« Er wandte sich zum Direktor um, was fast so wirkte, als wäre es einfacher, ihm die nächste Information mitzuteilen als Sherlock.
    »Obwohl unser Familiensitz in Horsham liegt, haben wir Verwandte in Farnham, nicht allzu weit von hier. Einen Onkel und eine Tante. Sherlock wird während der Schulferien bei ihnen wohnen.«
    »Nein!«, explodierte Sherlock.
    »Doch«, erwiderte Mycroft sanft. »Es ist so abgemacht. Onkel Sherrinford und Tante Anna haben zugestimmt, dich den Sommer über aufzunehmen.«
    »Aber ich
kenne
sie noch nicht einmal!«
    »Nichtsdestotrotz gehören sie zur Familie.«
    Mycroft verabschiedete sich vom Direktor, während Sherlock mit ausdrucksloser Miene dastand und die Ungeheuerlichkeit dessen zu erfassen versuchte, was eben geschehen war. Er würde nicht nach Hause kommen. Weder seinen Vater noch seine Mutter sehen. Keine Erkundungstouren in den umliegenden Feldern und Wäldern des Herrensitzes unternehmen, der seit vierzehn Jahren sein Zuhause war. Er würde nicht in seinem alten Bett im Zimmer unter dem Dach schlafen, in dem er all seine Bücher aufbewahrte.
    Nicht in die Küche schleichen, wo die Köchin ihm ein Stück Brot mit Marmelade geben würde, wenn er sie anlächelte. Stattdessen würde er Wochen mit Menschen verbringen, die er nicht kannte. Sich so ordentlich benehmen wie möglich. In einer Stadt, in einer Gegend, über die er nichts wusste. Allein. Die ganze Zeit, bis er wieder in die Schule ging.
    Wie sollte er das nur aushalten?
    Sherlock folgte Mycroft aus dem Studierzimmer des Direktors über den Korridor zur Eingangshalle. Eine geschlossene zweispännige Kutsche
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