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Wunschkonzert: Roman (German Edition)

Wunschkonzert: Roman (German Edition)

Titel: Wunschkonzert: Roman (German Edition)
Autoren: Anne Hertz
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Jahren durchaus erwachsen und in der Lage bin, selbstständig zu ihrer Wohnung zu finden und mein Auto irgendwo abzustellen. Zumal ich ja dort aufgewachsen bin.
    »… da kannst du dann ohne Probleme bis abends stehen bleiben«, kommt sie mit ihren Ausführungen zum Ende.
    »Ja, gut, mach ich. Also dann bis Sonntag!«
    »Bis dann!« Ich lege auf, dann stelle ich meinen Apparat nach vorn zu Hilde um. Wie ich Mama kenne, wird sie jetzt noch dreimal anrufen, um zu fragen, ob Rouladen wirklich gut sind oder sie lieber einen Hackbraten machen soll und ob es nicht eigentlich besser wäre, wenn ich mit dem Zug komme, weil auf der A1 doch momentan so viele Baustellen sind und überhaupt … Soll Hilde sich mit ihr darüber unterhalten, die war ja eben in echter Plauderlaune, und ich brauche jetzt mal einen Moment Ruhe.
    Ich starre nachdenklich an die Decke. Das war’s dann wohl mit meinem gemütlichen Sonntag, an dem ich einfach nur in der Wanne liegen und einen schönen Schmöker lesen wollte. Und das, nachdem gerade diese Woche besonders anstrengend wird. Neben diversen Meetings habe ich jeden Abend Termine: zwei Konzerte (von denen eins vermutlich klasse wird und das andere mir schon jetzt latente Zahnschmerzen beschert, aber auch das gehört zu meinem Job), eine Album-Release-Party, bei der auch jede Menge Presse dabei sein wird, ein Abendessen mit dem Management eines unserer Künstler, und am Freitag bin ich mit der Newcomerband Reeperbahnjungs verabredet, die ich unter Vertrag nehmen möchte und die mir ihre neuen Sachen vorspielen wollen. Samstag treffe ich mich dann mit meiner besten Freundin Miriam, die an dem Tag aus ihrem Urlaub zurückkommt. Ich schließe die Augen.
Uff!
Was für ein Programm!
    Aber ich will mich nicht beschweren, ich habe bei Elb Records wirklich meinen absoluten Traumjob gefunden. Ich wollte schon immer etwas mit Musik machen. Als Teenager habe ich sogar davon geträumt, selbst Sängerin zu werden, so spinnerte Kleinmädchenflausen halt. Das kam vermutlich daher, weil ich früher als Kind viel mit meinem Vater gesungen habe und er meinte, ich hätte eine so besondere Stimme, mit der ich später mal viel anfangen könnte. Nun, was man von den Aussagen meines Erzeugers halten kann, ist ja bekannt … Also war ich nach dem Abi dann doch so vernünftig, nicht Musik zu studieren, sondern lieber eine Ausbildung zur Kauffrau für audiovisuelle Medien zu machen. Und dann habe ich Stück für Stück auf mein eigentliches Ziel hingearbeitet, irgendwann A&R-Manager zu werden. Das hatte ich mit Mitte zwanzig geschafft, damals noch bei einem großen Label. Vor vier Jahren habe ich dann das Angebot bekommen, Senior A&R-Manager bei der neugegründeten Firma Elb Records zu werden. Da habe ich natürlich sofort zugeschlagen und es bisher nicht ein einziges Mal bereut.
    Wir sind ein kleines Label mit nur acht Mitarbeitern – aber nicht ohne Stolz kann ich sagen, dass wir recht erfolgreich sind. Wir haben uns auf deutsche Pop- und Rockmusik spezialisiert, auf Musiker und Bands, die in die Richtung von Revolverheld, Juli, Jupiter Jones oder Pohlmann gehen. Inzwischen sind uns schon einige Charthits gelungen. Okay, es waren auch Rohrkrepierer dabei, gerade im vergangenen Jahr sind mir zwei Acts nacheinander gefloppt. Aber Lutz, mein Chef und Inhaber von Elb Records, weiß, wie schwierig es ist, einen Erfolg zu kalkulieren. Außerdem: Wenn ich ihm erst einmal ein Demo der Reeperbahnjungs präsentiere, wird er begeistert sein. Ich bin mir zu hundert Prozent sicher, dass die Jungs erfolgreich werden. Nicht nur, dass alle vier phantastisch aussehen – vor allem der Leadsänger Tim Lievers, ein echter Frauentyp! –, sie machen auch wirklich großartige Musik. Seit einem halben Jahr komponieren und texten sie, was das Zeug hält, und ich bin zuversichtlich, dass wir bald den richtigen Song haben, den ich Lutz und den anderen dann als Single vorstellen werde. Bei dem Gedanken grinse ich vor mich hin. Was für ein Glück, dass ich damals zu ihrem Auftritt ins
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gegangen bin, einem Live-Musik-Schuppen hier in der Stadt. Eigentlich wollte ich gar nicht, weil ich ein Date hatte. Aber dann hat mich dieser Idiot zehn Minuten vorher versetzt, und ich bin ziemlich angefressen zum Konzert der Reeperbahnjungs gefahren – und muss sagen, dass das wohl eine Art Fügung des Schicksals war. Schon nach dem ersten Stück wusste ich, dass diese Band absolutes Hitpotenzial hat. Und ich brauche keinen Kerl, ich brauche Hits!
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