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Wunder wie diese

Wunder wie diese

Titel: Wunder wie diese
Autoren: Laura Buzo
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halben Müsliriegel in der Hand.
    »Wo warst du?«, fragte sie und schob mir den Stuhl gegenüber mit dem Fuß hin. »Wusstest du, dass Müsliriegel offensichtlich noch schlimmer sind als Schokoriegel? Die haben uns reingelegt.«
    Ich blieb einfach so sitzen, bis Biancas Stimme über Lautsprecher ertönte: »Amelia Hayes and Chris Harvey, begeben Sie sich umgehend an Ihre Kassen.« Sie benutzte Nachnamen nur, wenn sie richtig stinkig war.
    17. Juni
    Die Suche nach der perfekten Frau verläuft nicht ganz so, wie ich mir das vorgestellt habe. Ich ertappe mich dabei, wie ich mich um drei Uhr morgens, besoffen im Pub, zurückhalten muss, um nicht Amelia anzurufen. Ich hab letztens in einer langweiligen Vorlesung einen Brief an sie geschrieben. Es gibt vieles, worüber ich mich gern mit ihr unterhalten würde. Ich freue mich darauf zu hören, was sie davon hält. Ich helfe ihr gern bei den Hausaufgaben und ihre schrägen Gedankengänge sorgen immer wieder für unterhaltsame Stunden. Da ist so was wie… Zuneigung. Ich würde nach der Arbeit lieber mit ihr zusammen sein, als mit den anderen in den Pub zu gehen. Ich gehe wegen des Biers in die Kneipe und wegen der stillen, eingespielten Freundschaft mit Ed. Bestimmt nicht, um mit Bianca und den anderen dort abzuhängen.
    Und natürlich quatschen die anderen darüber. So etwas bleibt nicht unbemerkt. Es wird gekichert und die Augenbrauen hochgezogen. Was mich dazu veranlasst, mir die Frage zu stellen, ob Sex vielleicht doch irgendwie im Spiel sein könnte, na ja, in meiner Vorstellung von Amelia. Aber bei einer Minderjährigen ist das eine problematische Sache und ich komme mit meiner Analyse irgendwie nicht so recht weiter.
    Mein Leben kotzt mich an und ich mich selbst ebenfalls. Es braucht eine grundlegende Veränderung. Ich werfe hier mal ein paar Ideen auf den Tisch.
    a) Wechsel in die Feinkostabteilung, Vollzeit. Ed davon überzeugen, dass er mitkommt. Für ein Jahr. In der Zwischenzeit überleg ich mir, wie’s weitergehen könnte, was reisen, weiterstudieren oder – schluck – eine Festanstellung angeht.
    b) Wechsel in die Feinkostabteilung, Vollzeit für ein halbes Jahr, die bittere Pille schlucken und zu Hause bleiben, jeden Cent sparen und dann rumreisen für wer weiß wie lange. Gott, wie ich mich nach einem Tapetenwechsel sehne.
    c) Michaela anrufen und ihr sagen, dass ich bereit bin, mit ihr befreundet zu sein. Rest wie oben, zu Hause bleiben und sechs Monate lang arbeiten. Dann eine Doktorandenstelle in Perth finden, hinziehen, die Freundschaftsnummer mit Michaela durchziehen, bis sie aufgibt und mich ins Bett zerrt. Nie wieder zurückkommen.
    d) Das hier liegt etwas ferner, im wahrsten Sinne des Wortes, aber ich habe in der Zeitung eine Anzeige für Erwachsenenbildung in Japan entdeckt, die einen englischen Muttersprachler mit Hochschulabschluss als Lehrer suchen. Das wäre mit Sicherheit eine andere Tapete.
    e) Mit Amelia zusammenkommen, sie auf ihren Abschluss-Ball begleiten. Vergeblich versuchen, ihre Familie davon zu überzeugen, dass ich ein anständiger Bursche bin. Das Stirnrunzeln der Familie und Freunde ignorieren. Mich mit Händchenhalten und Küssen zufriedengeben. Amelia zu den anstehenden Geburtstagspartys ihrer sechzehnjährigen Freundinnen begleiten. Versuchen, sie in Bars mit Alkoholausschank zu schmuggeln, in denen meine Freunde ihre Geburtstage feiern.
    Ich brauche einen Drink. Und dann muss ich mir mal ernsthaft meine Zimmerdecke betrachten.
    Später –
    Wie es schon in Alien heißt: Ganz ruhig, Ripley. Du hast nur das Getriebe ruiniert und lässt jetzt die Metallspäne spritzen. Genau, immer schön mit der Ruhe.
    3. August
    Das Ding an der Kleinen ist, dass sie mich zum Nachdenken bringt: Sie hat zum Beispiel diese fehlgeleitete, aber dennoch sehr entschiedene Auffassung vom Feminismus, die sie mit all der Inbrunst einer Fünfzehnjährigen vertritt. Zum Beispiel redet sie davon, wie Frauen im häuslichen Bereich permanent übers Ohr gehauen werden oder wie Amelia es beschreibt: »das hart erarbeitete Recht der Frau, ihr Geld durch Lohnarbeit zu verdienen, den Müll rauszubringen, die Hausarbeit zu erledigen, die Kinder zu gebären, zu nähren und für sie zu sorgen, beruflich dafür büßen zu müssen, dass sie die Kinder gekriegt haben, noch mal den Müll rauszubringen und mit dem Kfz-Mechaniker über die Kosten für die Autowartung zu verhandeln.«
    »Weißt du was«, habe ich erst vor ein paar Wochen zu ihr gesagt, »so habe ich das
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