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Würde - Roman

Titel: Würde - Roman
Autoren: PeP eBooks
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»Sie wird die Anklage bestimmt fallen lassen. Die Frau hat keine Beweise, ihr bleibt gar keine andere Wahl.«
    Svritsky strich sich mit der feisten Hand imaginäre Haare aus dem Gesicht. »Bis dahin muss ich Sie aber trotzdem bezahlen, oder?«, sagte er mürrisch und reichte Richard wie zum Beweis einen Umschlag mit Geld. »Verflucht, dieser ganze Scheiß kostet mich jeden Tag mehr. Ich sollte dieser Tante einfach zeigen, wer hier das Sagen hat. Dann hab ich endlich meine Ruhe. Ohne diesen ganzen Mist. Warum belästigt man mich ständig mit dieser Kacke, die Sie nicht in den Griff bekommen? Können Sie mir das mal verraten?«

    Richard hatte schon vor langem gelernt, dass es besser war, auf Fragen, die der Russe derart herausfordernd mit erhobenem Kinn und zornigem Blick stellte, keine Antwort zu geben.
    »Und dann dieser kleine Scheißer … Er hat mein Auto kaputt gemacht«, fuhr der Russe fort, der sich allmählich in die Rolle des Empörten hineinredete. »Ich mochte dieses Auto. Es war zwar alt, aber der V8-Motor war noch verdammt gut. Richtig geschnurrt hat er … Ein schöner Wagen. Ich bin gern mit ihm gefahren. Und dann läuft mir dieser Bursche vor die Räder. Taucht plötzlich aus dem Nichts auf … vor meinen schönen Wagen und … Knall !« Svritsky schlug die beiden Handballen aufeinander. »Jetzt kann ich ihn natürlich verschrotten, als wäre er ein Stück Müll … Noch mehr Scheiße … Und nun behaupten die, das alles wäre meine Schuld gewesen!« Er schüttelte empört den Kopf und warf die brennende Zigarette in den Rinnstein.
    Richard hob die Hand, um seinen Mandanten zu beruhigen. Aber Svritsky kam jetzt erst so richtig in Fahrt. »Ich hatte nur ein paar Gläser im Club, mehr nicht. Dann bin ich still und leise nach Hause gefahren. Jedenfalls war das der Plan. Verstehen Sie? Allein. Plötzlich springt mir dieser Junge vor die Windschutzscheibe. Als ob er absichtlich mit mir zusammenstoßen wollte. So was von Scheiße! Sie hätten mal die Kühlerhaube sehen sollen. Ich hatte gerade viel Geld dafür gezahlt, sie frisch lackieren zu lassen. Ein kleines Vermögen hat mich das gekostet. Und jetzt die ganzen Kratzer und Dellen und die kaputte Windschutzscheibe. Dann auch noch das Dach, ganz verschmiert … Echte Scheiße. Ich hab noch gehofft, dass man das vielleicht noch mal reparieren kann, aber dann fiel mir auf: Das Nummernschild war weg. Also mussten wir den ganzen Wagen loswerden. Das hat mir fast das Herz gebrochen, ehrlich. Den ganzen Wagen! Wegen irgendeines Idioten, der nicht aufpassen
konnte, wohin er läuft. Das bricht mir echt das Herz. Dieser ganze Scheiß. Ständig dieser Scheiß.«
    Richard murmelte etwas Unverständliches. Er überlegte, wie er an die Sache herangehen sollte, ohne gegen sein Berufsethos zu verstoßen. Zu wissen, dass sein Mandant tatsächlich hinter dem Steuer des Wagens gesessen hatte und wahrscheinlich zur Zeit des Unfalls betrunken gewesen war und dass er obendrein fälschlich behauptet hatte, sein Auto wäre gestohlen worden, stellte keine unüberwindlichen Probleme dar - vorausgesetzt, er machte vor Gericht keine bewusste Falschaussage. Er würde jede Zeugenaussage in Frage stellen müssen, ohne selbst eine Version des Vorfalls liefern zu können. Er würde die Verhandlung in kleine, voneinander getrennte Einzelteile zerlegen müssen, die in keinerlei Verbindung mehr zueinander stehen durften. Wenn die Staatsanwaltschaft die Details schließlich wieder zusammenbringen wollte, würde nur noch eine bruchstückhafte, unzusammenhängende Kette von Ereignissen vorhanden sein. Er musste den Fall durch hartnäckiges Hinterfragen der Hauptbelastungszeugen gewinnen und sicherstellen, dass er die kleinsten Unstimmigkeiten aufgriff, bis schließlich die ganze Anklage in sich zusammenfiel.
    Das war keine Vorgehensweise, die er genoss, und sie kam ihm weit entfernt vom eigentlichen Sinn eines Gerichts und den Gesetzen vor. Er seufzte ergeben, während er sich den dicken Umschlag mit Geldscheinen in die Jackentasche schob. Seine Kniekehlen juckten unerträglich.
    In diesem Moment vibrierte das Handy in seiner Brusttasche. Eine neue SMS war eingetroffen - eine Mitteilung seiner Frau Amanda. Er blieb im Schatten einer verkrüppelten Platane stehen und las die ausführliche Nachricht. Amanda teilte ihm mit, dass sie an diesem Abend ein Treffen mit ihrem Lesezirkel habe. Raine müsse unbedingt rechtzeitig im Bett sein, sein Essen sei
im Kühlschrank, und die Hunde müssten noch
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