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Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt

Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt

Titel: Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt
Autoren: Ross Thomas
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Lederumhängetasche. Stallings trug den braunen Anzug, den Otherguy Overby bei Lew Ritter in Los Angeles ausgesucht hatte. Außerdem hatte er einen flachen Aktenkoffer aus braunem Leder dabei, der neu aussah.
    Georgia Blue bemerkte den Koffer und sagte: »Was fürs Auge?«
    Stallings zuckte die Achseln. »Ich möchte nicht reinspazieren, fünf Millionen Dollar verlangen und dann nichts zum Verstauen haben außer meiner Hosentasche.«
    »Es wird kein Bargeld sein, Booth.«
    Er grinste. »Trotzdem.«
    Auf der Überfahrt von Kowloon nahmen sie vorn im Erste-Klasse-Abteil Platz. Sie sprachen nur ein einziges Mal, und zwar als Georgia Blue fragte: »Was wirst du mit deinem Anteil machen, Booth?«
    »Mir was gönnen«, sagte er.
     
    Der Wagen, mit dem die anderen drei fuhren, war eine gemietete Jaguar-Limousine. Natürlich fuhr Artie Wu, und zwar wie immer viel zu schnell. Durant, der neben ihm Platz genommen hatte, hielt die Augen bei den Beinahe-Zusammenstößen und Fast-Katastrophen geschlossen. Otherguy Overby saß schweigend und entspannt auf dem Rücksitz und schaute aus dem Fenster.
    Wu drehte sich zu Overby um. »Glaubst du –«
    »Um Gottes willen, Artie«, schnauzte Durant.
    Wu blickte gerade rechtzeitig wieder nach vorne, um einem Bus auszuweichen, und beendete dann seine Frage. »– Booth kriegt das hin?«
    »Ich hab ihn bis heute früh um zwei üben lassen«, sagte Overby.
    »Wie war er?« fragte Durant.
    »Ich glaube nicht, daß er mit dem Herzen dabei war.«
    »Danach habe ich nicht gefragt.«
    »Er war okay.«
    »Warum glaubst du, daß er nicht mit dem Herzen dabei ist, Otherguy?« sagte Wu, während er auf den Verkehr achtete.
    »Ich glaube, er würde statt dessen lieber wieder Georgia ficken.«
    »Statt sich eine Million zu holen?« fragte Wu; er klang eher interessiert als überrascht.
    »Mit sechzig kann das ne schwere Entscheidung sein, stimmt’s, Quincy?«
    Durant lächelte leicht. »Bei ihr ist’s schon mit dreißig eine schwere Entscheidung.«
     
    Booth Stallings, der eine Schwäche für Anachronismen hatte, grinste über die achtundachtzig Jahre alte Doppeldecker-Straßenbahn, die klingelnd und quietschend die Des Voeux Road entlangratterte, vorbei an der aufsehenerregenden, sechzig silbergraue Stockwerke hohen Hauptniederlassung der Hongkong-and-Shanghai-Bank.
    Er und Georgia Blue waren die zwei oder drei Blocks von der Anlegestelle der Star-Fähre zur Des Voeux Road gelaufen und warteten nun an einer roten Ampel. Während er auf das hoch aufragende Bankgebäude starrte, das vorwiegend aus Glas und Stahlträgern zu bestehen schien, sagte Stallings: »Man kann nicht sagen, ob es zum Scheckeinlösen gedacht ist oder um eine Rakete zu starten, aber der Toonerville-Trolley, der vor der Tür vorbeifährt, gefällt mir definitiv.«
    »Wo ist Toonerville?« fragte Georgia Blue.
    Statt zu antworten, sagte Stallings: »Wir haben Grün.«
    Sie überquerten die Straße und fuhren mit der Rolltreppe zum Eingang hinauf, der in ein siebzehn Stockwerke hohes Atrium führte. Ein Bankwächter geleitete sie zum Schreibtisch von Mr. Henry Pow, einem stellvertretenden Kassierer.
    Pows Schreibtisch befand sich auf einer Freifläche abseits der Haupthalle der Bank. Offensichtlich wickelte diese Bank ihre Geschäfte gern vor den Augen der Kunden ab. Vertraulichkeit war dadurch gewährleistet, daß die Schreibtische der Angestellten drei Meter voneinander entfernt standen. Pow, ein Chinese von Ende Dreißig, trug einen dunkelblauen Anzug und eine leutselige Miene. Mit scheinbar aufrichtigem Vergnügen blickte er zu Stallings und Georgia Blue auf.
    »Miss Blue und Mr. Stallings – habe ich recht?« sagte er, als er sich erhob.
    Stallings erwiderte, er habe recht, und Pow bat sie zu den Sesseln neben seinem Schreibtisch. Stallings achtete darauf, daß er den näher bei Pow stehenden Sessel bekam und setzte sich, den neuen Aktenkoffer auf dem Schoß.
    »Wir haben Sie erwartet«, sagte Pow mit einem weiteren strahlenden Lächeln, das eine Goldkrone im linken hinteren Kiefer enthüllte.
    »Irgendwelche Schwierigkeiten, Mr. Pow?« fragte Georgia Blue.
    »Keine Schwierigkeiten, überhaupt keine«, sagte er und kicherte. »Es sei denn, Sie hätten Ihre Ausweispapiere vergessen.«
    »Genügen die Pässe?« fragte Stallings.
    »Absolut.«
    Georgia Blue reichte ihm ihren zuerst. Pow inspizierte ihn sorgfältig und machte sich ein paar Notizen. Stallings öffnete den Aktenkoffer, nahm seinen Paß heraus und gab ihn Pow,
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