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Wu & Durant 01 - Umweg zur Hölle

Wu & Durant 01 - Umweg zur Hölle

Titel: Wu & Durant 01 - Umweg zur Hölle
Autoren: Ross Thomas
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Geheimdienste, der von Zeit zu Zeit auf Missionen verschwand, über die er nie zu viele Worte verlor – und dessen letzte eben jener dreckige Deal des »Cold-War Swaps« sein sollte, bei dem seine Führungsoffiziere ihn im Austausch für zwei Überläufer über die Klinge (bzw. die Mauer) springen lassen wollten. Wesentlich zur Atmosphäre trug indes Macs Place bei, die Kneipe, die McCorkle und Padillo in Bonn-Bad Godesberg und später in Washington D. C. betrieben, und es waren zwar ganz schlichte, aber vielleicht gerade deshalb unglaublich überzeugende, ja verlockende Worte, die der Autor (durch sein Alter ego Mac) für diesen anscheinend ganz durchschnittlichen, dabei aber irgendwie geheimnisvollen, ja fast mythischen Ort fand: »Wahrscheinlich kann man ein paar tausend Lokale wie Mac’s Place in New York, Chicago oder Los Angeles finden. Sie sind dunkel und still, die Möbel schon etwas abgewetzt, der Teppich durch verschüttete Getränke und Zigarettenasche zu einem unbestimmten Farbton verblaßt, der Barmann freundlich und flink, aber taktvoll genug, keine Bemerkung zu machen, wenn man mit der Frau eines anderen hereinkommt. Die Getränke sind gut gekühlt, reichlich bemessen, wenn auch etwas kostspielig, der Service ist bemerkenswert, und die Küche, obwohl sich die Speisekarte auf Hähnchen und Steaks beschränkt, serviert wirklich sehr gute Hähnchen und Steaks.« Als das Lokal in die Luft gesprengt wurde, ging McCorkle in die Staaten zurück, und in zwei weiteren Geschichten mit ihm und Padillo lag Mac’s Place in Washingtons Connecticut Avenue.
    »Manche Leute sagen, Mac’s Place sei inzwischen etwas verschlissen, aber ich sehe darin lieber ein Anzeichen der Reife«, meinte McCorkle in der letzten Story (The Backup Men /Was ich nicht weiß, macht mich nicht kalt), aber als er sich diesmal erbot, Padillo aus der Patsche zu helfen, klang dessen niederschmetternder Befund schon wie ein Requiem auf alle drei. »›Du hast zehn Pfund Übergewicht, und das meiste sitzt am Bauch. Du hättest dir vor drei Jahren eine Brille zulegen müssen, aber du hast Angst, sie könnte dir dein Adlerprofil verderben. Du bildest dir ein, hart zu trainieren, wenn du jeden Abend zu Fuß fünf Block weit nach Hause gehst, wenn dir das Wetter zusagt. Du bist jetzt bei drei Packungen Zigaretten täglich, hast einen Husten, der sich ganz nach Lungenemphysem anhört, und wenn du vom Schnaps noch keine Leberschwellung haben solltest, dann nicht mangels Alkohol. Du bist in einer jämmerlichen Verfassung.‹« Worauf Mac natürlich nur antworten konnte: »›Du hast mein Zahnfleisch vergessen. Das macht mir auch Sorgen.«‹ Sie erledigen den Fall dann doch noch zusammen. Seither haben wir nichts mehr von ihnen gehört. Nicht, daß ich wirklich beunruhigt wäre, aber manchmal fragte ich mich doch, ob sie nun eine Filiale aufgemacht haben und McCorkle seine dritten Zähne hat.
    IV
    Es muß sich wohl um eine besonders heimtückische Variante des amerikanischen Kulturimperialismus gehandelt haben, wenn man regelrecht zu leiden begann, weil man so lange nichts mehr von McCorkle gehört hatte – Eingeweihte sprechen vom Ross-Thomas-Syndrom, und dazu gehört wohl auch, daß man stundenlang durch verlotterte Antiquariate streicht in der Hoffnung, doch noch einen Roman zu finden, den man nicht kennt. Ja, ich muß gestehen, ich bin auch heute noch gelegentlich ein Opfer des Syndroms und lese dann sieben oder elf der Ross-Thomas-Bücher an einem Stück, obwohl ich nicht mehr ganz verstehe, warum wir damals in jeder Kneipe Mac’s Place suchten – alles Leute auf der Suche nach der heilen Welt, weil sie kein normales Zuhause hatten. Und Macs Place, das war die heile Welt für alle, denen ein Geheimagent tatsächlich noch etwas zu sagen hat und die bei gedämpftem Licht imstande sind, im Klirren der Eiswürfel Sphärenklänge zu hören.
    Davon abgesehen, fand die heile Welt und der Sieg über das Böse, nach dem sich angeblich der typische Krimi-Leser sehnt, bei McCorkle und Padillo nicht gerade so statt, wie man das von James Bond oder Maigret gewohnt war, und in den Büchern, die Ross Thomas seither schrieb, noch viel weniger. Wenn psychoanalytische Theorien über den Kriminalroman-Leser zutreffen, denen zufolge sein Unterbewußtsein die Eltern als Opfer projiziert, ihn selbst als Detektiv und Täter zugleich, dann kann man nur bange Vermutungen über die Schlachtfeste anstellen, die Ross Thomas und seine Figuren in unserem Unterbewußtsein
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