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Wood, Barbara

Wood, Barbara

Titel: Wood, Barbara
Autoren: Dieses goldene Land
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sein, und die
Schwangerschaft wird ihren normalen Verlauf nehmen.«
    Er
unterbrach sich, schnupperte. »Was ist das?«, fragte er und deutete auf die
Schüssel mit der dunkelroten Flüssigkeit auf dem kleinen Schreibtisch.
    »Jodtinktur.«
    »Was für
eine Tinktur?«
    »Jod. Es
wird aus Seetang gewonnen.«
    »Nie davon
gehört.« Willoughby rümpfte die Nase. »Was hat dieses Zeug hier zu suchen?«
    »Ich
wasche mir darin die Hände.«
    »Wieso das
denn?«
    »Dies ist
eine antiseptische Lösung, und sie ...«
    »Ach,
kommen Sie mir doch nicht mit diesem Humbug!«
    »Die
Lösung schützt ...«
    »Das ist
die Meinung von Franzosen, Sir, sie
entbehrt jeglicher Grundlage.«
    »...
schützt die Patientin«, schloss Conroy unbeirrt. »Schützt sie wovor?«
    »Vor
allem, womit ein Arzt sie infizieren kann.«
    »Und dies,
Sir, ist eine weitere absurde Ansicht, vermutlich auch aus Frankreich oder aber
Deutschland. Patienten vor ihrem Arzt schützen, ich muss schon sagen! Ärzte sind Gentlemen, Sir, und Gentlemen haben saubere Hände.«
    »Ich bitte
Sie inständig: Waschen Sie sich die Hände, bevor Sie sich mit Margaret
beschäftigen.«
    Willoughby
ignorierte diese Bitte. Er holte scharfe Lanzetten aus seiner Tasche und legte
sie auf die Tagesdecke. »Sie haben tatsächlich vor, sie zur Ader zu lassen?«,
fragte John Conroy erschrocken.
    »Sie sagen
es.« Und schon schlang Willoughby einen Stauschlauch, ein sogenanntes Tourniquet, um den Oberarm der Baronin. »Vierundzwanzig Unzen sollten genügen«,
murmelte er und sah sich nach einem Auffangbehälter für das Blut um.
    »Freund,
ein Aderlass ist hier nicht angebracht«, wandte Conroy beschwörend ein.
    Willoughby
sah ihn an. Es missfiel ihm, dass der Quäker sich weigerte, hochrangige
Persönlichkeiten mit dem ihnen zustehenden Titel - Sir, Madam, Euer Ehren oder
sogar Euer Majestät - anzusprechen. »Ich fordere Sie nochmals auf, Sir ...«,
hob er an, um plötzlich innezuhalten, tief Luft zu holen und dann mit vorgehaltener
Hand lauthals zu niesen. Daraufhin fuhr er sich mit dem Finger quer über die
Nasenlöcher, wischte sich dann die Hand an seiner Jacke ab. »Darf ich Sie
bitten, endlich zu gehen. Oder soll ich jemanden rufen, um Sie hinausbegleiten
zu lassen?«
    Conroy
beobachtete, wie Willoughby mit derselben Hand, die er sich eben vor die Nase
gehalten hatte, nach einer Lanzette griff. »Nichts für ungut, Freund, aber
unserer Patientin zuliebe bitte ich Sie, dass Sie sich erst einmal die Hände
waschen.«
    Willoughby
warf ihm einen finsteren Blick zu. Er war drauf und dran, Conroy zu verbieten,
ihn Freund zu nennen. Dann aber sagte er sich: Conroy. Irischer Dickschädel.
»Lady Margaret ist nicht unsere Patientin,
Sir, sondern meine. Und jetzt raus.«
    »Bruder
Willoughby ...«, setzte Conroy an.
    »Ich bin
nicht Ihr Bruder, Sir, und auch nicht Ihr Freund!«, bellte Willoughby. »Ich bin
approbierter Arzt mit abgeschlossenem Medizinstudium an der Universität von
Oxford, und ich wäre Ihnen verbunden, wenn Sie mich mit dem mir gebührenden
Respekt anreden würden.«
    Conroy
blinzelte. Was war denn respektvoller als »Freund« und »Bruder«? Er nickte
seiner Tochter zu, griff nach seinem Mantel und seiner Tasche. Beim Verlassen
des Schlafgemachs bekamen sie noch mit, wie Dr. Willoughby den Nachttopf unter
dem Bett hervorzog und ihn unter Lady Margarets Arm stellte. »Wir werden für sie
beten«, raunte Conroy Hannah zu.
    Als sich
die Tür hinter den Conroys schloss, überlief Willoughby ein Frösteln.
Vielleicht sollte er noch etwas Kohle im Kamin nachlegen lassen. Infolge des
langen Ritts durch den Regen waren seine Kleider durchnässt und sein Körper
ausgekühlt. Als er abermals niesen musste, wobei er sich die Hand vorhielt, mit
der er die Lanzette festhielt, schaute er sich um, fragte sich, was der Grund
für diesen plötzlichen Niesreiz sein könnte.
    Sein Blick
fiel auf die Schüssel mit der tiefroten Tinktur - wie hatte der Quäker sie
genannt? Jod? Ja, sie musste der
Grund sein, weshalb seine Nase so gereizt war. Sobald der Aderlass beendet war,
würde er ein Fenster öffnen und dieses verdammte Gift auskippen.
    Er klopfte
sacht auf den bleichen Arm, bis eine blaue Ader hervortrat, brachte dann mit
der Lanzette einen Schnitt an und verfolgte, felsenfest überzeugt, dass sein
medizinisches Wirken in völliger Übereinstimmung mit den Praktiken des
Hippokrates vor zweitausend Jahren stand, wie das Blut in den Nachttopf rann.
    Der
inzwischen
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