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Wood, Barbara

Wood, Barbara

Titel: Wood, Barbara
Autoren: Dieses goldene Land
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ausgelöst und wie sie
übertragen wird. Sie können unbesorgt Ihre Angehörigen besuchen.«
    Sir Marcus
gab Hannah den Brief zurück. »Gut gemacht, Miss Conroy«, sagte er leise. »Ich
werde Blanche bitten, für einen geregelten Ablauf des Besucherstroms zu
sorgen, und Dr. Kennedy werde ich anweisen, unverzüglich das Pathologiezelt zu
versiegeln.«
    Dann legte
er Joe Turner, auf dessen Gesicht sich unendliche Traurigkeit abzeichnete, die
Hand auf die Schulter. »Tut mir schrecklich leid für dich, mein Junge«, sagte
er väterlich.
    Mit wie
zugeschnürter Kehle konnte Turner nur wiederholen, was er den ganzen Abend über
vorgebracht hatte. »Dürfte ich jetzt bitte zu meiner Nellie?«
    Marcus
überlegte kurz, winkte dann Fintan herbei. »Mr. Rorke«, sagte er außer
Hörweite der beiden Brüder, »würden Sie bitte veranlassen, dass Nellie Turners
Leichnam aus dem Anatomiezelt in einen gesonderten Bereich der Frauenstation
gebracht wird? Und dass eine von Blanches Damen
dafür sorgt, dass Nellie dann gewaschen und zurechtgemacht ist?«
    Zu Joe und
Graham gewandt, sagte er: »Bitte kommen Sie mit.
    Sie können
so lange in der Eingangshalle warten. Ich werde dafür sorgen, dass man Ihnen
eine Tasse Tee bringt.«
    Während
Dr. Iverson die beiden Brüder die Treppe hinaufbegleitete und Neal half, Dr.
Kennedy durch die Menge zu lavieren und sie gleichzeitig um Geduld zu bitten,
ging Hannah auf Miriam zu, die stumm und aufmerksam das Geschehen beobachtet
hatte. »Bitte richte deiner Urgroßmutter aus, dass sie recht hatte. Das
verborgene Wissen befand sich tatsächlich in meinem Besitz. Ich habe es
gefunden und kann somit die Krankheit auf diesem Grund und Boden heilen.«
    Nachdem
die Urenkelin übersetzt hatte, fixierte die alte Frau Hannah mit ihrem
rätselhaften Blick und erklärte dann durch Miriam den heiligen Grund und Boden
für geheilt. Sie rammte ihren hölzernen Stab in die Erde, machte, ohne ein
weiteres Wort zu äußern, kehrt und verließ das Gelände, lautlos gefolgt von ihren
Gefährten. Alle Umstehenden verfolgten, wie die Aborigines über das noch
unbebaute Grundstück zogen, das bald schon zu einer gepflegten Grünanlage
umgestaltet werden sollte, und wie Geister, die in ihr übernatürliches Reich
zurückkehrten, in die Dunkelheit entschwanden.
    Als ein
erschöpfter Neal zu Hannah trat, um ihr zu erzählen, dass die Menge Vernunft
angenommen hatte, sagte sie: »Mit seinem letzten Atemzug hat mein Vater gesagt,
ich müsste die Wahrheit über den Tod meiner Mutter erfahren, sie stünde in
einem Brief, der allerdings versteckt sei. Dass ich diesen Brief die ganze Zeit
über bei mir verwahrte, davon hatte ich keine Ahnung.«
    Sie hielt
die Übersetzung so, dass das Licht aus einem der Fenster des Hospitals darauf
fiel, und las vor, was ihr Vater ganz am Ende vermerkt hatte: »Somit hat mir
Dr. Semmelweis verdeutlicht, dass ich den Tod
von Louisa verschuldet habe. Denn auch wenn
der Streptococcus zu ihrer Erkrankung und in der Folge zu ihrem Tod geführt
hat, ist sie letztendlich durch mich gestorben: Die Mikroben wurden von meinen
Händen übertragen, waren die Waffen, die ich zu Hause einschleppte. Ich habe Louisa so gewisslich umgebracht, als hätte ich eine Pistole auf sie
abgefeuert. Möge sich Gott meiner erbarmen.«
    Deswegen
also hatte ihn der Brief aus Wien auf den Friedhof getrieben, ans Grab der
Mutter, an dem er stundenlang verharrt hatte: um Louisa zu bitten, ihm zu verzeihen.
     
    Nachdem
Marcus Iverson die beiden Turner-Brüder der mütterlichen Fürsorge von Margaret
Lawrence anvertraut hatte, begab er sich auf die Suche nach Blanche Sinclair.
Er entdeckte sie auf der Frauenstation, wo sie Patientinnen für den Besuch von
Angehörigen vorbereitete und bereits dort anwesende Familienmitglieder zum
Gehen aufforderte, um Platz für den nächsten Schub zu machen. Typisch Blanche,
stellte er fest. Sie hatte mitbekommen, was den vor dem Eingang Wartenden
zugesagt worden war, und sofort entsprechende Vorkehrungen veranlasst.
    Wie sie da
in ihrer praktischen Schürze über dem eleganten Kleid, das rotbraune Haar nach
Wäscherinnenart unter ein Kopftuch gestopft, geschäftig hin und her eilte,
musste sich Markus eingestehen, dass sein flüchtiges privates Interesse für
Hannah Conroy nichts anderes gewesen war als der zweifelhafte Versuch, seine
Gefühle für Blanche zu unterdrücken. Dabei waren diese Gefühle nie wirklich
verebbt, ganz gleich, wie oft er sich immer wieder einzureden versucht
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