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Wolken über Ebou

Wolken über Ebou

Titel: Wolken über Ebou
Autoren: Robert Jordan
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sicher, daß es funktionieren könnte. Natürlich war es streng verboten, und sie glaubte nicht, daß es Nynaeve gefallen würde.
    NYNAEVE, HIER IST EGWENE. DU DARFST UNTER KEINEN UMSTÄNDEN ZURÜCKKEHREN, BEVOR DU DIE SCHALE GEFUNDEN HAST UND BEVOR ICH EIN PROBLEM MIT AREINA UND NICOLA AUS DER WELT SCHAFFEN KANN. SIE WISSEN, DASS DU ETWAS VORGETÄUSCHT HAST. ICH WERDE DIR NÄHERES ERKLÄREN, WENN WIR UNS DAS NÄCHSTE MAL IN DER KLEINEN BURG SEHEN. SEI VORSICHTIG. MOGHEDIEN IST ENTKOMMEN.
    Der Traum verblaßte, die Seifenblase zerplatzte. Sie hätte trotz der Botschaft gekichert, wenn sie eine Kehle besessen hätte. Eine Stimme ohne Körper in jemandes Traum konnte eine erschreckende Wirkung zeitigen - besonders wenn derjenige befürchtete, daß der Sprecher einen vielleicht auch beobachtete. Nynaeve würde es nicht vergessen, selbst wenn es zufällig geschah.
    Der lichtübersäte Ozean wirbelte erneut um Egwene herum, bis sie sich auf einen anderen funkelnden Stecknadelkopf konzentrierte. Elayne. Die beiden Frauen schliefen in Ebou Dar höchstwahrscheinlich nicht mehr als ein Dutzend Schritte voneinander entfernt, aber hier bedeutete Entfernung nichts. Oder vielleicht bedeutete sie etwas anderes.
    Als Egwene ihre Botschaft dieses Mal übermittelte, pulsierte der Traum und veränderte sich. Er schien noch immer genauso wie jeder andere, aber für sie war er dennoch verändert. Hatten die Worte Elayne in einen anderen Traum gezogen? Sie würden dennoch haften bleiben, und sie würde sich beim Erwachen erinnern.
    Da Nicola und Areina drängten, war es an der Zeit, ihre Aufmerksamkeit Rand zuzuwenden. Leider wäre es genauso sinnlos, seinen Traum zu suchen wie den Traum irgendeiner Aes Sedai. Er schirmte seine Träume in etwa genauso sehr ab wie sie, obwohl sich der Schild eines Mannes offensichtlich von dem einer Frau unterschied. Der Schild einer Aes Sedai war eine kristallene Schale, eine nahtlose, aus Geist gewobene Sphäre, aber so durchlässig sie auch wirkte, könnte sie sehr wohl aus Stahl bestehen. Egwene vermochte sich nicht mehr zu erinnern, wie viele fruchtlose Stunden sie mit dem Versuch vergeudet hatte, durch Rands Schild hindurchzuspähen. Wo der abgeschirmte Traum einer Schwester heller erschien, waren seine Träume trüber. Es war, als blicke man in schlammiges Wasser. Manchmal hatte man den Eindruck, als ob sich tief in diesen graubraunen Strudeln etwas bewegt hätte, aber man konnte niemals ausmachen, was es war.
    Die unendliche Anordnung von Lichtern wirbelte erneut umher und kam wieder zur Ruhe, und sie näherte sich vorsichtig dem Traum einer dritten Frau. So vieles lag zwischen ihr und Amys, daß es angemessen schien, sich den Träumen ihrer Mutter zu nähern, obwohl sie in Wahrheit zugeben mußte, daß sie Amys auf viele Arten nacheifern wollte. Sie begehrte Amys' Anerkennung genauso sehr wie die des Saals. Sicherlich wurde keine Sitzende höher geschätzt, als sie Amys schätzte. Sie versuchte, eine plötzliche Schüchternheit zu verdrängen, und bemühte sich umsonst, ihre ›Stimme‹ sanfter zu gestalten. AMYS, HIER IST EGWENE. ICH MUß MIT EUCH SPRECHEN.
    Wir werden kommen, murmelte ihr eine Stimme zu. Amys' Stimme.
    Egwene wich bestürzt zurück. Sie hatte das Gefühl, ausgelacht zu werden. Vielleicht war es gut, daran erinnert zu werden, daß die Weisen Frauen als Traumgängerinnen weitaus mehr Erfahrung hatten. Manchmal fürchtete sie, vielleicht verdorben worden zu sein, weil sie nicht härter um ihre Fähigkeiten mit der Einen Macht kämpfen mußte. Aber wie als Ausgleich erschien alles andere manchmal auch wie das Erklimmen einer Klippe im Regen.
    Plötzlich nahm sie am äußersten Rand ihres Sichtfeldes eine Bewegung wahr. Einer der Lichtpunkte glitt durch den Sternenozean, schwebte aus eigenem Entschluß auf sie zu und wurde größer. Nur ein Traum konnte das bewirken, nur eine Träumer. Sie floh entsetzt und wünschte, sie hätte eine Kehle, um schreien oder fluchen oder einfach rufen zu können. Um besonders den kleinen Winkel ihres Selbst anzuschreien oder zu verfluchen, der am Fleck verharren und abwarten wollte.
    Dieses Mal bewegten sich nicht einmal mehr die Sterne. Sie verschwanden einfach, und sie lehnte an einer dicken Rotsteinsäule und keuchte, als wäre sie eine Meile gerannt, während ihr Herz zu zerspringen schien. Kurz darauf sah sie an sich hinab, lachte ein wenig unsicher und versuchte ruhiger zu atmen. Sie trug ein Gewand aus schimmernder, mit Goldfäden
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