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Wolken über Ebou

Wolken über Ebou

Titel: Wolken über Ebou
Autoren: Robert Jordan
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worden waren. Egwene erschauderte leicht, als sie an männliche Sa'angreale dachte. Es war anders gewesen, als nur Rand dagewesen war. Und natürlich die Verlorenen. Aber jetzt waren da auch diese Asha'man. Mit Callandor konnte ein Mann genug der Einen Macht in sich aufnehmen, um eine Stadt während eines Herzschlags dem Erdboden gleichzumachen und auf Meilen alles zu verwüsten. Sie machte einen großen Bogen darum und nahm ihre Röcke mechanisch zur Seite. Rand hatte Callandor in Erfüllung der Prophezeiungen aus dem Herzen des Steins gezogen und dann aus seinen eigenen Gründen wieder zurückgebracht. Er hatte es zurückgebracht und es rundum mit aus Saidin gewobenen Fallen versehen, die ebenfalls ihr Spiegelbild hätten, eines, das vielleicht genauso entschieden ausgelöst würde wie das Original, wenn in der Nähe falsche Gewebe ausprobiert würden. Einige Dinge waren in Tel'aran'rhiod nur allzu real.
    Egwene versuchte, nicht an das Schwert, das kein Schwert ist zu denken und stellte sich vor die drei Weisen Frauen. Diese befestigten die Stolen um ihre Taillen und schnürten ihre Blusen auf. So saßen Aiel in ihren Zelten unter einer heißen Sonne mit Freunden zusammen. Sie setzte sich nicht hin, und wenn sie das wie eine Bittstellerin oder Angeklagte erscheinen ließ, dann sollte es so sein. Im Herzen war sie es in gewisser Weise. »Ich habe Euch nicht gesagt, warum ich von Euch fortberufen wurde, und Ihr habt nicht danach gefragt.«
    »Ihr werdet es uns erzählen, wenn Ihr dazu bereit seid«, sagte Amys selbstgefällig. Obwohl ihr das Haar, das ebenso weiß war wie Bairs, bis auf die Taille reichte, wirkte sie als wäre sie im gleichen Alter wie Melaine - ihr Haar hatte sich zu verfärben begonnen, als sie nur wenig älter als Egwene gewesen war -, aber sie war die Anführerin unter den dreien, nicht Bair. Egwene fragte sich zum ersten Mal, wie alt sie tatsächlich war. Aber diese Frage stellte man einer Weisen Frau genauso wenig wie einer Aes Sedai.
    »Als ich Euch verließ, war ich eine der Aufgenommenen. Ihr wißt von der Spaltung der Burg.« Bair schüttelte den Kopf und verzog das Gesicht. Sie wußte, aber sie verstand nicht. Keine von ihnen verstand. Für Aiel war dies genauso unvorstellbar, als würde sich eine Clan oder Kriegergemeinschaft zu ihrem eigenen Schaden spalten. Vielleicht bedeutete es in ihren Augen auch eine Bestätigung, daß Aes Sedai nicht das waren, was sie sein sollten. Egwene fuhr fort, überrascht, daß ihre Stimme gesammelt und fest klang. »Die Schwestern, die Elaida bekämpfen, haben mich zu ihrer Amyrlin erhoben. Wenn Elaida gestürzt ist, werde ich den Amyrlin-Sitz in der Weißen Burg einnehmen.« Sie legte sich die gestreifte Stola um und wartete ab. Sie hatte sie einst belogen, unter dem Ji'e'toh ein ernstes Vergehen, und war sich nicht sicher, wie sie auf die von ihr verheimlichte Wahrheit reagieren würden. Wenn sie es ihr zumindest nur glaubten. Sie sahen sie lediglich an.
    »Es gibt etwas, was Kinder tun«, sagte Melaine nach einiger Zeit zögernd. Die Schwangerschaft war ihr noch nicht anzusehen, aber sie zeigte bereits dieses innere Strahlen, das sie noch schöner als sonst erscheinen ließ, sowie eine unerschütterliche Ruhe. »Kinder wollen alle Speere handhaben, und sie wollen alle Clanhäuptling sein, aber schließlich erkennen sie, daß der Clanhäuptling die Speere nur selten selbst führt. Also erfinden sie eine Figur und erheben sie auf ein Podest.« Auf einer Seite wölbte sich der Boden plötzlich, bestand nicht mehr aus Fliesen, sondern war ein Grat aus von der Sonne ausgedörrtem braunen Fels. Darauf stand eine vage an einen Menschen erinnernde Gestalt aus gebogenen Zweigen und Stoffetzen. »Dies ist der Clanhäuptling, der ihnen von dem Hügel aus, von wo er die Schlacht beobachten kann, die Speere zu führen befiehlt. Aber die Kinder laufen, wohin sie wollen, denn ihr Clanhäuptling ist nur eine Gestalt aus Stöcken und Lumpen.« Wind peitschte die Stoffstreifen und enthüllte so die Falschheit der Gestalt, und dann waren Hügelkamm und Gestalt fort.
    Egwene atmete tief ein. Natürlich. Sie hatte ihre Lüge, dem Ji'e'toh gemäß, selbstgewählt wiedergutgemacht, und das bedeutete, daß es so war, als wäre die Lüge niemals ausgesprochen worden. Sie hätte es besser wissen sollen. Sie hatten ihre Situation so genau erfaßt, als befänden sie sich schon wochenlang im Lager der Aes Sedai. Bair schaute zu Boden, wollte nicht Zeuge ihrer Scham sein. Amys saß
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