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Wolfswechsel - Aktionspreis für begrenzte Zeit (German Edition)

Wolfswechsel - Aktionspreis für begrenzte Zeit (German Edition)

Titel: Wolfswechsel - Aktionspreis für begrenzte Zeit (German Edition)
Autoren: David Gray
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ich mich nach diesem Blick voll trockener Tränen, und rede mir ein, dass es einen anderen Weg gegeben haben musste.
    Manchmal, wenn am Rande der Nacht Deine Träume alles sind, was Dir noch geblieben ist, um den Geistern zu widerstehen, scheint mir ihr Bild immer noch um so viel realer als die Wirklichkeit.
    Wegen ihr habe ich wohl dem Wahnsinn die Hand gereicht. Aber ich habe es nie bereut.
    Reue ist etwas für Hoffnungslose oder Feiglinge und beides bin ich nie gewesen.

Paris 1969
     
    Es gab nicht viel, das Natalie hätte sagen können, nachdem Wajda seine Geschichte zu Ende gebracht hatte.
    „ Und Du hast wirklich nie nach ihr gesucht?“.
    Wajda schüttelte den Kopf.
    „ Nein, nach dem Krieg blieb ich in Polen. Dann fiel der eiserne Vorhang. Und als es  schließlich nach ein paar Jahren doch wieder möglich gewesen wäre, war meine Angst davor, dass sie vielleicht tot oder vermisst sein könnte, zu groß geworden. Manche Leute können Ungewissheit nicht ertragen. Ich gehöre nicht dazu. Für mich war Ungewissheit manchmal die bessere Wahl.
    Nur von diesem Fähnrich, von Kramer, habe ich noch einmal etwas gehört. Vor ein paar Jahren war ein Bericht über ein Manöver in einer Zeitung. Von Kramer hat es in Ostdeutschland bis zum General gebracht.“
    Wajda lehnte den Kopf gegen die Wand.
    Irgendwann spürte er Natalies Hand auf seinem Arm. Er  schloss die Augen.
      Es gab nichts mehr zu sagen: er hatte seine Geschichte erzählt. 
    Jedenfalls den Teil seiner Geschichte, der eines Tages einfach einmal irgendwem erzählt werden MUSSTE. Weil sich erst in den Worten,  in die er Dunkles und Helles, Böses und Gutes bannte, eines vom anderen  schied.
      Es gab  einen weiteren Teil jener Geschichte. Doch blieb der unerzählt. Vielleicht weil er noch zu frisch in Wajdas Erinnerung lag, als dass es schon Zeit gewesen wäre, auch ihn jener Prozedur zu unterziehen.
      Womöglich aber auch, weil Wajda sich diesem Teil seiner Geschichte erst in dem Moment zu stellen wagen konnte, in dem  er sich endgültig FÜR oder GEGEN jenen Traum von Freiheit entschieden hatte, der verborgen unter jedem einzelnen Augenblick dieser Reise nach Paris gelegen hatte.
      Ein Rippenstoss weckte ihn. Er schlug die Augen auf und sah sich einen Augenblick verwirrt um.
    Derselbe müde Beamte, der alle anderen Verhafteten zuvor bereits zur Vernehmung geholt hatte, schloss gerade die Tür des Drahtkäfigs auf.
     „ … wird auch Zeit.“
    Natalie sprang auf.
    Natalie war nicht die einzige, die man aus dem Verwahrkäfig holte. Auch Wajda wurde von einem Beamten aufgefordert aufzustehen und ihm zu folgen. Als Natalie sich auf dem Weg zu dem Verhörraum noch einmal nach Wajda umwandte, ahnte er, dass dies womöglich das letzte Mal in seinem Leben sein würde, das ihn eine junge Frau so anschaute: mit einer Spur mehr Begehren, als Ekel und eher Bewunderung als Resignation.
    Verrückt die Vorstellung, dass sie ihn wahrscheinlich in spätestens einer Woche vergessen hatte, während er womöglich noch für Jahre von jenen knappen zwanzig Minuten auf ihrem Hotelbett zehren würde.
    Der Beamte schob Wajda in ein Zimmer und schloss hinter ihm die Tür.
    „ Danke. Ich brauch Sie dann nicht mehr“, wandte sich der Mann hinter dem zerkratzten Schreibtisch an den Beamten.
    Gehorsam verließ er mit der Andeutung eines Grußes den Raum.
    „ Setzen Sie sich. Ich bin Kommissar Claude Rabier vom Innenministerium. Ich fürchte, wir haben ein Problem, Monsieur … Bronstein?“

X.
     
    „ Ich wusste, dass es wirklich Liebe war, weil ich plötzlich aufhörte Pläne zu machen.“
     
    Georges Simenon, 1952 „ Brief an meinen Richter“
     
     
    Rabier stoppte seinen Wagen vor einem Stadtpalais in einer stillen Straße im Botschaftsviertel und steckte sich eine Zigarette an.
    „ Das ist die polnische Botschaft.“ Rabier wies auf die gegenüberliegende Straßenseite. „Sie könnten jetzt aussteigen, da rüber gehen, klingeln und wären wahrscheinlich schon heute Mittag wieder in Warschau.“
    Wajda hatte sich tief in den bequemen Sitz der Citroen - DS sinken lassen, zwar den Mantelkragen aufgeschlagen, aber den Kragen des Hemdes zwei Knöpfe geöffnet. Aus der Tasche seines neuen Mantels ragte das Ende seines dunklen Schlipses hervor.
    „ Oder?“ In Wajdas Stimme lag etwas Lauerndes.
    Rabier ließ sein Fenster um eine Winzigkeit herabsurren, kühle frische Morgenluft wehte ins Wageninnere.
    „ Oder ich erkläre jetzt offiziell diesen alten
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