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Wolfstränen - Roman (German Edition)

Wolfstränen - Roman (German Edition)

Titel: Wolfstränen - Roman (German Edition)
Autoren: Vanessa Farmer
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gemacht. Dieser Margite is‘ ein feiner Kerl! Er benutzt diese Kutsche für seine Werbung. Er setzt mannsgroße Puppen da rein! Is‘ ‘n verrückter Kauz! Aber er is‘ ‘nem guten Deal nie abgeneigt! Was macht dein Arm, Bernard?«
    Den hatte Bernard fast vergessen. Die Schmerzen waren erträglich und unter dem Hohlverband juckte und wimmelte es. »Mach mal ab das Ding! Dann haben wir was zu essen!« Dandy kicherte wild.
    »Pssst«, machte Meggy.
    »Ich verzieh‘ mich, Leute! Macht keinen Unsinn und parkt die Kutsche nich‘ direkt in der Fields Lane. Der Gaul is‘ gefüttert – ihr braucht euch also um nix zu kümmern! Das war mein letzter Dienst in dieser Sache!« Wie ein Geist verschwand er in die Nacht.
    Minuten später folgten sie Blackholes Droschke. Sie hielten gebührend Abstand.
    Bernard war ein guter Kutscher und Meggy und Nell quetschten sich im engen Innenraum zusammen wie Heringe in der Dose.
    »Er verlässt die Stadt«, sagte Meggy. Hinter ihnen verloren sich die Lichter der Stadt in der Dunkelheit. Die Wege wurden schlammig und die Frauen wurden hart durcheinander geschüttelt.
    »Was machen wir, wenn er uns entdeckt?«, fragte Nell.
    »Wir hauen ihm eins auf die Schnauze!«, sagte Meggy.
    »Wir zerbeulen ihm die Maske und bohren ihm die Finger in die Augen«. kicherte Nell.
    »Wir zerkratzen ihm das Gesicht«, fügte Meggy hinzu.
    »Und treten ihm in die ...« Nell schlug ihre Finger vor den Mund.
    »Na, sag’s!«, kreischte Meggy. »Wohin?«
    »In die ...«
    »NA?«
    Die Frage blieb unbeantwortet, denn ein Lachkrampf schüttelte Nell und Meggy.
    Das hemmungslose Lachen der Frauen ignorierend starrte Bernard vor sich hin in die Dunkelheit, murmelte ‚Eier’ und versuchte, den braven Gaul vorsichtig zu lenken. Es kam oft vor, dass ein Pferd sich die Beine brach, und ein solches Drama konnten sie wirklich nicht gebrauchen. Gut für sie war, dass auch Blackholes Kutscher vorsichtig war. Irgendwo vor ihnen trappelten acht Hufe. Weit entfernt und leise.
    Bernard würde ihnen auf den Fersen bleiben, warum, konnte er sich nicht beantworten. Eigentlich machte dieses Vorhaben keinen Sinn, aber irgendwo in seinem Inneren hatte er ein gutes Gefühl. Doch, es machte Sinn! Einen Sinn, der sich ihm offenbaren würde, wenn er geduldig blieb! Diese Nacht hatte den Geruch des Besonderen. In dieser Nacht würde sich das Schicksal der Familie Scofield entscheiden. Auf diese Nacht hatte er fünfzehn Jahre gewartet.
    Blackholes Kutsche kam zum Stillstand. Bernards Sinne waren zum Zerreißen gespannt. Er zügelte seinen Gaul und lauschte. Die Frauen schoben ihre Köpfe aus dem Inneren.
    »Was ist?«, fragte Nell.
    »Wartet! Da vorne geschieht etwas«, wisperte Bernard. Fackeln wurden angezündet. Ihr Licht flackerte wie das von riesenhaften Kerzen gegen den Horizont.
    Hier draußen waren sie alleine. Bestenfalls gab es ein paar Hütten, in denen Ziegelbrenner lebten, aber die setzten um diese Zeit keinen Fuß mehr vor die Tür. Dafür waren sie zu müde oder zu betrunken.
    Bernard schob sich vom Bock und öffnete den Frauen den Verschlag. Seine Füße sanken tief in den Schlamm. Darauf konnten sie keine Rücksicht nehmen. »Kommt – wir schleichen uns ran. Ich will sehen, was sich da abspielt.« Er stockte einen Moment. »Nein, nein! Es ist besser, ihr bleibt hier! Was wir hier machen, ist sehr gefährlich. Ich möchte die beiden Frauen, die ich liebe, nicht verlieren.«
    »Vergesse es«, sagte Nell knapp.
    »Sie hat recht«, sagte Meggy. »Wir werden dieses Monster beobachten. Wir haben Zeit, erinnere dich. Das waren deine Worte. Und wir werden vorsichtig sein! Wir können seine Schwachstelle nur dann finden, wenn wir geduldig sind. Also mache bitte keinen Fehler, Bernard.«
    Was, dachte Bernard, würde geschehen, wenn Blackholes Kutsche wendete? Sie würden sich auf dem schmalen Weg begegnen. Es gab zu viele Unwägbarkeiten. »Nein. Ich will nicht, dass Ihr mitkommt!«
    Meggy verschloss seine Lippen mit einem Kuss.
    Bernard kapitulierte.
    Die Dunkelheit entpuppte sich als schlechter Wegbeschreiber. Schon wenige Minuten später hatten sie sich dem Fackelschein so sehr genähert, dass sie befürchteten, man würde sie entdecken. Erleichtert sahen sie, dass das Licht sich von der Stelle bewegte. Mehr als ein Dutzend Personen hatten auf Blackhole gewartet. Sie verschwanden in einer Senke. Bernard ging in die Hocke und warf sich auf den Bauch. Unter seinen Händen spürte er nasses Gras. Er robbte voran, die Frauen
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