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Wolfsdunkel -7-

Wolfsdunkel -7-

Titel: Wolfsdunkel -7-
Autoren: Lori Handeland
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Aufzug wie meinem keine Modetipps geben sollte.“
    „Okay.“ Ich schaute stur geradeaus. „Ich werde es nicht sagen.“
    GracebedachtemichüberdenRandihrerSonnenbrillehinwegmiteinemlangenBlick,dannkonzentriertesiesichaufsFahren.
    Ich war drei Wochen zuvor anlässlich der Beerdigung meines Vaters nach Lake Bluff zurückgekehrt. Er war erst fünfundsechzig gewesen, und obwohl er nie auf sein Gewicht oder seinen Nikotin- und Whiskeykonsum geachtet hatte, war sein Tod ein Schock gewesen. Dass ich zugestimmt hatte, zu bleiben und seine verbleibende Amtsperiode als Bürgermeister zu Ende zu bringen, hatte sich als noch größerer Schock entpuppt, aber trotzdem war ich nun hier.
    Ich sah aus dem Fenster, als wir die Stadt verließen und die Schnellstraße nahmen, die zum Lunar Lake führte. Die Stadt in ihrer heutigen Form kauerte wenige Kilometer vom See entfernt auf einem Hügel, sodass man eine atemberaubende Aussicht hatte, ganz gleich, wo in Lake Bluff man sich aufhielt.
    Der Großteil der Bevölkerung – knapp fünftausend Menschen – verdiente seinen Lebensunterhalt in den Geschäften, Restaurants und urigen kleinen Pensionen, die die Hauptstraßen säumten. Einen nicht unerheblichen Teil unseres Einkommens verdankten wir unserem alljährlichen Vollmondfestival.
    Die Leute reisten von weit her, um die einwöchige Feierlichkeit mitzuerleben, die an dem Tag beziehungsweise in der Nacht des August-Vollmonds mit einer Parade, einem Picknick und einem Feuerwerk ihren Höhepunkt fand. Wir rechneten in diesem Jahr mit einem gewaltigen Ansturm, denn in dieser Nacht würde eine sehr seltene totale Mondfinsternis eintreten.
    Jedes Jahr ereigneten sich zwei bis vier Mondfinsternisse, doch nur in den wenigsten Fällen schnitt die Erde den Mond vollständig vom Licht der Sonne ab.
    Soweit ich wusste, war das Vollmondfestival noch nie mit einem solchen Vorkommnis zusammengefallen. Dementsprechend würden wir nicht nur die üblichen Sommertouristen beherbergen, sondern auch Sterngucker – Amateure wie Profis –, die herbeiströmten, um sich das Naturschauspiel anzusehen. Da viele der geplanten Veranstaltungen am See stattfinden sollten, verstand ich Grace’ Besorgnis wegen der Zigeuner.
    Wir schlängelten uns die asphaltierte, kiesgesäumte, zweispurige Landstraße hinab ins Tal, wo der Lake Lunar glitzerte.
    Die Sonne warf ihre Strahlen durch die prächtigen immergrünen Bäume auf seine glatte Oberfläche. Auf der anderen Seite des Tals ragten die Berge in einen Himmel, der dieselbe Farbe hatte wie der See.
    „Also … “ – ich riss mich von dem Anblick los – „… kommen hier zur Zeit viele Zigeunerkarawanen durch?“
    Grace bog auf die festgefahrene Schotterpiste ab, die zum See führte. „Keine einzige.“
    „Gibt es in der Gegend überhaupt noch Zigeuner?“
    „Sie sind wohl zur selben Zeit ausgestorben wie die Indianer.“
    „Noch mehr Sarkasmus. Spitze!“
    Ihre Lippen zuckten, brachten aber kein Lächeln zustande. Das taten sie nur sehr, sehr selten. „Zigeuner gibt es überall, Claire. Die meisten Leute bemerken sie nur nicht.“
    Wir nahmen eine letzte Kurve, dann trat Grace auf die Bremse. Für einen Augenblick hatte ich den Eindruck, als wären wir in die Vergangenheit gereist – vielleicht nach Rumänien im siebzehnten Jahrhundert?
    Ich weiß nicht, was ich vorzufinden erwartet hatte. Eine Gruppe Obdachloser? Jedenfalls hatte ich definitiv nicht damit gerechnet, auf ein Wirrwarr pferdegezogener Planwagen und eine Horde bunt gekleideter Zigeuner zu treffen.
    „Nun, du hast ja gesagt , dass es auch heute noch Zigeuner gibt“, bemerkte ich.
    Grace warf mir einen finsteren Blick zu – zumindest vermutete ich, dass er finster war. Ich konnte ihre Augen hinter der Knallharter-Bulle-Sonnenbrille nämlich nicht erkennen.
    Kaum dass wir in Sicht kamen, trat plötzliche Stille ein. Während Grace und ich aus dem Streifenwagen stiegen, musterten sie uns ebenso aufmerksam wie wir sie.
    Sie wirkten, als wären sie der Disney-Version von Der Glöckner von Notre-Dame entsprungen. Die Männer trugen schwarze Hosen und bunte, bauschige Hemden, die Frauen lange Röcke in allen Farben des Regenbogens, dazu weiße Bauernblusen und Kopftücher. Überall funkelten goldene Armreife, Perlenketten und Kreolen.
    Mehrere Wagen waren mit Gitterstäben versehen, hinter denen Tiere unruhig auf und ab liefen, allerdings waren die Fuhrwerke zu weit entfernt, der Wald zu dicht und dämmrig, als dass man irgendwelche Spezies
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