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Wo bist du

Wo bist du

Titel: Wo bist du
Autoren: Unbekannter Autor
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wenn du in die Abflughalle kommst, nimmst du die Rolltreppe zu deiner Rechten, du gehst den Gang entlang, bis zu der Bar am Ende ...«
    Lisas Gesicht verkrampfte sich. Das Verhalten ihres Vaters verriet ihr, dass sich der Schleier über ihrer Vergangenheit unerwartet heben würde.
    «Du gehst in den hinteren Teil des Raums, am Tisch an der Fensterfront erwartet dich jemand.«
    Lisas Lippen begannen zu beben, ihr Körper wurde von einem heftigen Schluchzen geschüttelt, und ihre Augen füllten sich mit Tränen, ebenso wie die von Philip.
    »Erinnerst du dich an die rote Rutschbahn?«, fragte er mit leiser Stimme.
    »Das habt ihr mir nicht angetan, sag, dass das nicht wahr ist, Dad!« Ohne eine Antwort abzuwarten, zerrte sie ihren Seesack vom Rücksitz, stieg aus und schlug heftig die Tür zu.
    Newark Airport. Das Auto hat sie am Bürgersteig abgesetzt und taucht im Strom der Fahrzeuge unter, die um den Passagierterminal kreisen; durch einen Schleier von Tränen sieht sie ihm nach, wie es in der Ferne verschwindet. Der grüne Seesack zu ihren Füßen wiegt fast so viel wie sie selbst. Sie hebt ihn hoch, zieht eine Grimasse und legt den Riemen über die Schulter. Sie wischt die Tränen ab, geht durch die automatische Tür des Terminals 1 und läuft durch die Halle. Zu ihrer Rechten führt eine Rolltreppe in den ersten Stock; trotz der schweren Last auf ihrem Rücken läuft sie die Stufen hinauf und eilt entschlossen den Gang entlang. Vor der Fensterfront einer Bar, die in orangefarbenes Licht getaucht ist, bleibt sie stehen und schaut hinein. Zu dieser frühen Morgenstunde ist niemand an der Theke. Die Spielergebnisse flimmern auf dem Bildschirm des Fernsehers an der Wand, über dem Kopf eines alten Barmanns, der Gläser abtrocknet. Sie stößt die Holztür mit dem großen Bullauge auf, tritt ein, schaut suchend über die roten und grünen Tische hinweg.
    So sieht Lisa sie wieder, ganz hinten an der Fensterfront, die auf die Asphaltbahn blickt. Sie hat das Kinn auf die rechte Hand gestützt, während die linke mit einem Medaillon spielt, das sie um den Hals trägt.
    Ihre Augen, die Lisa noch nicht sehen können, sind auf die gelbe Rollbahnmarkierung gerichtet, die den Flugzeugen den genauen Weg zur Startbahn weist. Susan wendet sich um, presst die Hand auf den
    Mund, als wolle sie einen Aufschrei unterdrücken, murmelt »Mein Gott« und erhebt sich. Lisa zögert, entscheidet sich für den linken Gang und nähert sich eilig und doch mit leisen Schritten. Susan sieht den großen Seesack, den ihre Tochter schleppt. Ihr Seesack unter dem Tisch sieht Lisas ähnlich. Da lächelt Susan. »Wie hübsch du bist!« Reglos und schweigend mustert Lisa sie und setzt sich, ohne sie aus den Augen zu lassen. Susan folgt ihrem Beispiel. Sie möchte die Wange ihrer Tochter streicheln, doch Lisa zuckt zurück.
    »Rühr mich nicht an!«
    »Lisa, wenn du wüsstest, wie sehr du mir gefehlt hast.«
    »Wenn du wüsstest, wie sehr dein Tod mein Leben mit Albträumen erfüllt hat!«
    »Du musst es mich erklären lassen.«
    »Welche Erklärung könnte es für das geben, was du mir angetan hast? Aber vielleicht kannst du mir ja erklären, was ich dir getan habe, dass du mich vergessen hast?«
    »Ich habe dich nie vergessen. Es war nicht deinetwegen, Lisa, sondern meinetwegen, aus Liebe zu dir.«
    »Ist das deine Definition von Liebe, mich im Stich zu lassen?«
    »Du hast kein Recht, über mich zu richten, ohne Bescheid zu wissen, Lisa.«
    »Aber du hattest das Recht zu dieser Lüge?«
    »Du musst mich wenigstens anhören, Lisa!«
    »Und hast du mich gehört, wenn ich nachts in meinen Albträumen nach dir gerufen habe?«
    »Ich glaube, ja.«
    »Warum bist du mich dann nicht holen gekommen?«
    »Weil es schon zu spät war.«
    »Zu spät für was? Zu spät, gibt es das zwischen einer Mutter und ihrer Tochter?«
    »Darüber kannst jetzt nur du entscheiden, Lisa.«
    »Mum ist tot!«
    »Hör auf damit, bitte.« »Dieser Satz war entscheidend für mich, er war der erste, den ich in Amerika ausgesprochen habe.«
    »Wenn du willst, gehe ich, aber ob du willst oder nicht, ich werde dich immer lieben ... «
    »Ich verbiete dir, mir das heute zu sagen. Das ist zu einfach. Also bitte, »Mum«, sag mir, dass ich mich irre, sag mir, wie sehr. Aber ich flehe dich an, sei überzeugend!«
    »Wir hatten eine tropische Sturmwarnung bekommen, und die Berge waren zu gefährlich für ein kleines Mädchen wie dich. Erinnerst du dich, ich hatte dir erzählt, dass ich bei
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