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Wir zwei allein - Roman

Wir zwei allein - Roman

Titel: Wir zwei allein - Roman
Autoren: Nagel , Kimche AG <Zürich>
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ich.
    Ja, es ist sehr schön hier, sagt Stefano.
    Stefano spielt Cello bei den Philharmonikern, sagt Theres. Er könnte auch in Berlin spielen. Oder in Rom. Aber er mag den Schwarzwald. Und er mag die Nähe zu Frankreich.
    Der Schwarzwald ist sehr schön, sage ich. Und Frankreich auch. Es ist gut, dass es so nah ist.
    Ja, sagt Stefano.
    Da kann man immer einen Ausflug ins Elsass machen, sage ich. Oder eben in den Schwarzwald.
    Eine Wanderung, sagt Stefano.
    Oder mit dem Auto, sage ich.
    Stefano findet Autofahren unnötig, sagt Theres.
    Ja, sagt Stefano in einer merkwürdig hohen Stimmlage. Autofahren ist viel zu schnell. Man sieht überhaupt nichts.
    Ja, das stimmt, sage ich.
    Ich bin schon viel entspannter. Der schicke Anzug. Die gezupften Augenbrauen. Die melodiöse Stimme. Wie konnte mir entgehen, dass Stefano schwul ist?
    Stefano hat letztes Jahr den Westweg gemacht, sagt Theres. Von hier nach Basel.
    Basel ist schön, sage ich.
    Ja, sehr schön, sagt Stefano.
    Die ganze Schweiz ist sehr schön, sage ich.
    Oh, das weiß ich nicht, sagt Stefano. Ich kenne nur Basel.
    Basel ist schön, sage ich.
    Wir schweigen. Rudi steht plötzlich neben uns. Stefano bestellt einen Cabernet Sauvignon. Theres bestellt ein Mineralwasser. Ich bestelle noch ein Riegeler Landbier. Rudi schaut mich irgendwie besorgt an.
    Stefano und ich waren gerade in einem Konzert, sagt Theres, nachdem Rudi gegangen ist. Von einem Freund von ihm.
    Un gitarista, sagt Stefano.
    Spanische Gitarrenmusik, sagt Theres. Mit einer Flamencotänzerin.
    Flamenco ist schön, sage ich.
    Total schön, sagt Theres.
    Flamenco ist sehr interessant, sage ich.
    Wir schweigen wieder.
    Ja, sage ich. Ich schiebe den Stuhl zurück, erhebe mich. Ich muss dann mal wieder.
    Okay, sagt Theres.
    Bis bald, sagt Stefano.
    Mein Cousin Mischa hat jetzt drüben in Kehl eine Firma, sagt Niko gerade zu Uli. Ich setze mich hin. Sie sehen mich an. Was ist denn mit dir?, fragt Niko. Er legt mir eine Hand auf den Unterarm.
    Was soll mit mir sein?
    Du bist ein bisschen weiß. Um nicht zu sagen bleich.
    Quatsch. Das ist das Licht.
    Das Licht? Niko schaut im Raum umher. Er wirft mir einen skeptischen Blick zu.
    Was verkauft denn jetzt die Firma deines Cousins?, frage ich.
    Niko schaut mich an. Er verengt die Augen. Computerteile, sagt er.
    Nicht schlecht, sage ich. Das ist zukunftsträchtig.
    Niko dreht sich um, er dreht den ganzen Oberkörper, er schaut in Theres’ Richtung, dreht sich wieder zu mir. Ja, sagt er. Sehr zukunftsträchtig.

    18    Es gibt ein Auge, in das kein Licht fällt. Das Auge schaut immer ins Innere. Dort herrscht rosa Dunkelheit, die Häute und Sehnen pulsieren, Fettgewebe überall. Und Gefühle sind bloße Formeln, die der Mathematik noch nichts sagen.
    Rost, sagt Ecki am Morgen. Er liegt auf dem Boden der Halle und blickt unter den Sprinter. Du fährst am besten heute Abend zu Elmar. Kannst du es mir auslegen?
    Du schuldest mir zwei Monatslöhne, Ecki, sage ich.
    Ecki rappelt sich hoch und haut mir auf die Schulter, lacht. Locker bleiben, sagt er.
    In der Stadt hängen Sterne und Weihnachtsbäume an den Fassaden. Seit einer Woche leuchten sie. Am Nachmittag bringe ich zwei Kisten Salat in das Internat in Hinterzarten. Danach parke ich in einem Waldstück bei Horben, vertrete mir die Beine, atme Wolken aus. Unter mir das Tal. Der Schwarzwald hat nur wenige Waldstreifen, alles andere haben sie ihm wegen der Kühe wegfrisiert. Um mich herum Irokesen. Und ich bin vielleicht auch einer. Ich habe auch schon Fjorde im Haar, bald bleibt mir vielleicht auch ein einziger Büschel übrig.
    Irokesen!, rufe ich. Das Tal faltet es mir zurück und trägt es fort, in das Labyrinth aus Schluchten hinein.
    Auf dem Rückweg nehme ich an einer Tankstelle einen Studenten mit. Er kommt gerade von einer Versammlung. Ob ich als Arbeiter – oder als Angestellter, wie das heutzutage heiße – denn auch an den Protesten teilnehmen würde. Ob ich das alles normal finde, was da gegenwärtig passiere. Ich stelle das Radio lauter, es geht um einen Schuhmacher aus Colmar, der gerne mit Filz arbeitet.

    19    Ich habe Theres eine Karte fürs Eugen-Keidel-Bad geschenkt. Man muss aus der Welt der Materie in die Welt der handelnden Subjekte übertreten. Man muss zu diesem Funken werden, der laut Nietzsche am weitesten vom Feuer springen kann. Wir beide sollen zusammen in die Sauna?, fragte sie. Aber Theres. Das ist doch nichts Besonderes. Gute Freunde machen so etwas.
    Die Anlage liegt hinter
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