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Wir tanzen nicht nach Führers Pfeife - ein Tatsachen-Thriller über die Edelweißpiraten

Wir tanzen nicht nach Führers Pfeife - ein Tatsachen-Thriller über die Edelweißpiraten

Titel: Wir tanzen nicht nach Führers Pfeife - ein Tatsachen-Thriller über die Edelweißpiraten
Autoren: Carl Hanser Verlag
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links in eine schmale Straße fuhr.
    »Das ist die Subbelrather Straße. Siehst du? Es geht bergab. Zum Rhein und in die Altstadt.« Bastian zog Paul weiter. »Die kaputte Kirche ist St. Petri und gleich dahinter links ist die Landmannstraße. Da müssen wir hin.«
    Paul hatte das Gefühl, etwas sagen zu müssen. Etwas, was Bastian das Gefühl gab, dass sein Bemühen nicht vergebens war. »Das ist alles Ehrenfeld. Franzi hat es mir gesagt.«
    »Hübsches Mädchen, oder?« Bastian sah Paul von der Seite an.
    »Hübsch? Wer?« Paul tat ahnungslos.
    »Machst du Witze, Paul?« Bastian legte ihm den Arm um die Schulter und schubste ihn an, während er so tat, als wolle er ihm ein Bein stellen. Zwei Jungen, die unbekümmert herumalberten und nicht weiter auffallen wollten.

    DAS
    ANGEKNACKSTE
    GLAS in der Haustür zitterte. Bastian und Paul standen im dämmrigen Licht des Treppenhauses. Hinter ihnen schloss sich knirschend die Tür. Paul kletterte hinter Bastian die knarrenden Holzstufen hinauf. Es roch nach Bohnerwachs, scharfen Putzmitteln, gebratenen Zwiebeln und gekochter Milch. Auf den Stufen standen gefüllte Wassereimer. Schaufeln, Brecheisen, schwere Vorschlaghammer, Äxte und Seile lagen auf den Treppenabsätzen. Überall Feuerpatschen und Eimer mit Sand. In der zweiten Etage schloss Bastian die Wohnungstür auf. Paul folgte ihm zögernd.
    Das Erste, was er nach dem Chaos der zerstörten Stadt wahrnahm, war die Ordnung in dieser Wohnung. Die Stühle standen um den gewienerten Esstisch. Der gusseiserne Ofen hatte seinen Platz in der Mitte der Küche und diente zum Kochen und Heizen. Das Abzugsrohr ging mit einem Knick durch den Raum und führte links neben dem Fenster nach draußen.
    Auf einer weiß lackierten Kommode standen Fotografien. Die Rahmen waren aus dunklem Holz. Auf einem Hochzeitsfoto lächelten sich eine Frau und ein Mann zärtlich an. Sie trug ein hochgeschlossenes weißes Kleid, den Schleier kunstvoll in die Zopffrisur gesteckt. Der Mann hielt einen Zylinder in der Hand und steckte in einem schwarzen Anzug.
    Das zweite Bild zeigte den gleichen Mann. Er sah aus wie eine ältere Ausgabe von Bastian. Er trug einen kleinen, pausbäckigen Jungen auf der Schulter. Der Junge strahlte und hielt sich an den Ohren des Mannes fest. Der Mann zog eine Grimasse, als würde er vor Schmerzen sterben müssen. Das dritte Foto zeigte eine Gruppe Mädchen und Jungen, unterwegs in Wanderschuhen, mit Rucksäcken und Gitarren. Unter ihnen unverkennbar das spätere Brautpaar. Sie hielten sich an den Händen. Ihr Blick war der gleiche wie auf dem Hochzeitsbild. Zwischen den beiden Fotos mochten Jahre liegen.
    Geblümte Gardinen bauschten sich im Luftzug und auf dem schwarz-weiß gefliesten Küchenboden lagen Stoff- und Fadenreste. Zwei Frauen beugten sich am Tisch über Näharbeiten.
    »Hallo, Mama.« Bastian drückte seiner Mutter einen Kuss auf die Stirn. »Tag, Oma.«
    Frau Frei sah ihn fragend an.
    »Mama, das ist Paul«, sagte Bastian. »Er kommt aus dem Bergischen und sucht eine Bleibe.«
    Paul hielt ihr die ausgestreckte Hand hin.
    Sie zögerte, wischte sich die Hände an der Schürze ab und nahm sie. »Eine Bleibe? Ich will das alles nicht wissen, Bastian. Du bringst uns noch in Teufels Küche.«
    Sie sagte das nicht unfreundlich oder vorwurfsvoll. Es war einfach eine Feststellung, zu der Paul nur nickte. Er hielt ihrem prüfenden Blick stand und sah ihr offen ins Gesicht.
    »Ich will Ihnen keine Scherereien machen«, sagte er. »Wenn Sie möchten, gehe ich wieder.«
    Bastian umarmte seine Mutter. »Keine Sorge, Mama. Er wird hier nicht übernachten. Wir werden gleich wieder gehen. Hotte wird sich um einen Unterschlupf kümmern. Aber ich dachte, eine Mahlzeit und eine Waschschüssel mit Wasser haben wir übrig.«
    Frau Frei runzelte verärgert die Stirn. »Bastian, bist du immer noch mit diesen Piraten unterwegs? Du weißt, dass ich das nicht gerne sehe. Irgendwann wird das für uns alle böse enden.«
    »Ach, Mama«, seufzte Bastian betont verzweifelt. »Sieh dich doch um. Kein Stein auf dem anderen, kaum zu essen und jede Nacht im Keller. Du bist den ganzen Tag als Straßenbahnschaffnerin unterwegs, und wenn du mal keine Schicht hast, darfst du den Soldaten des Führers noch die Uniformschiffchen dekorieren. Sogar Oma muss nähen, obwohl sie kaum noch etwas sieht und ihre Finger vom Rheuma steif sind.«
    »Der Junge hat recht, Johanna«, sagte Oma Frei beschwichtigend und lächelte Bastian zu.
    »Und Papa ist im
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