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Wir fangen gerade erst an: Roman (German Edition)

Wir fangen gerade erst an: Roman (German Edition)

Titel: Wir fangen gerade erst an: Roman (German Edition)
Autoren: Catharina Ingelman-Sundberg
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schnaubte Kratze.
    »Aber vielleicht müssen die neuen Inhaber den Gürtel enger schnallen. Ihr werdet sehen, mit der Zeit wird es besser«, sagte Anna-Greta und schob ihre Brille, ein Modell aus den fünfziger Jahren, zurecht. Sie hatte ihr Leben lang bei einer Bank gearbeitet, und ihr war klar, dass ein Unternehmer auch Gewinne machen musste.
    »Besser? Im Leben nicht«, moserte Kratze. »Diese Gauner erhöhen ständig den Eigenanteil, nur wir haben nichts davon.«
    »Sei doch nicht so negativ«, sagte Anna-Greta und fasste schon wieder an ihre Brille. Die Fassung war alt und ausgeleiert und rutschte ihr ständig von der Nase. Sie ließ nämlich immer nur die Gläser austauschen, weil sie fand, dass ihr Brillengestell zeitlos sei.
    »Was heißt hier negativ? Wir müssen Verbesserungen fordern. Das betrifft im Grunde alles, aber beim Essen fangen wir an«, argumentierte Märtha. »Hört mal, die haben da oben in der Dachwohnung bestimmt ein paar Leckerbissen in der Küche. Wenn das Personal nach Hause gegangen ist, könnten wir, dachte ich …«
    Und während Märtha erzählte, wurde es am Tisch immer lustiger. Bald glitzerten die Augen der alten Leute ebenso lebendig wie die rauschende Brandung an einem sonnigen Sommertag. Alle schielten hinauf zum Dach, sahen sich an und hielten die Daumen hoch.
    Als die Freunde ihr Zimmer verlassen hatten, stellte Märtha den Moltebeerenlikör zurück in den Kleiderschrank und summte fröhlich vor sich hin. Dieser Traum schien ihr neue Kraft gegeben zu haben. Nichts ist unmöglich, sagte sie sich. Aber um wirklich etwas zu verändern, musste sie Alternativen aufzeigen. Das war ihr Plan. Dann würden ihre Freunde glauben, sie hätten die Entscheidung ganz allein getroffen.

2
    Als alle aus dem Fahrstuhl ausgestiegen waren und vor dem Büro der Diamant-GmbH standen, hob Märtha die Hand und wies die anderen an, still zu sein. Sie hatte den Schlüsselschrank durchsucht und einen Schlüssel ausgewählt, der ein dreikantiges Kopfstück besaß und aussah, als könne man ihn nicht ohne weiteres nachmachen. Sie steckte ihn ins Schloss, drehte, und die Tür sprang auf.
    »Wie ich es mir gedacht habe. Der Generalschlüssel. Wunderbar, dann spazieren wir mal hinein, aber denkt daran, leise zu sein.«
    »Das musst du gerade sagen«, entgegnete Kratze, der der Meinung war, dass Märtha immer redete wie ein Wasserfall.
    »Aber wenn uns jemand erwischt«, wandte Stina ängstlich ein.
    »Das wird nicht passieren, wir sind ganz vorsichtig und schleichen hinein«, sagte Anna-Greta mit lauter Stimme. Wie all diejenigen, die schlecht hören können, hatte sie selbst eine durchdringende Stimme – was sie jedoch überhaupt nicht bemerkte.
    Die Rollatoren quietschten bunt durcheinander, als die fünf langsam und vorsichtig den Raum betraten. Es roch nach Arbeitszimmer und Möbelpolitur, und auf dem Schreibtisch lagen die Akten pedantisch geordnet in Reih und Glied.
    »Hmm, das scheint das Büro zu sein, die Küche ist sicher da drüben«, meinte Märtha und zeigte nach vorn. Sie ging voraus und zog die Gardinen des Küchenfensters zu.
    »So, jetzt dürft ihr Licht machen!«
    Die Deckenspots blinkten auf, und vor ihnen offenbarte sich ein großer Raum mit Kühl- und Gefrierschrank und einer geräumigen Kücheneinrichtung. In der Mitte befand sich eine Kücheninsel auf Rollen, und vor dem Fenster stand ein Esstisch mit sechs Stühlen.
    »Eine komplette Küche«, sagte Snille fasziniert und strich über die Kühlschranktür.
    »Hier drinnen gibt’s sicher was Leckeres«, sagte Märtha und öffnete die Tür. In den Fächern stapelten sich Hähnchen und Rinderfilets zwischen Lammsteaks und verschiedenen Käsesorten. Im Gemüsefach fand sie Salat, Tomaten, Rote Beete und Obst. Die Tür des Gefrierschranks ließ sich nur schwer öffnen.
    »Elchsteak und Hummer. Da sieh mal an!«, rief sie und hielt die Tür auf, damit es jeder sehen konnte. »Außerdem Baumkuchen. Hier oben scheinen sie häufiger zu feiern.«
    Lange Zeit standen sie sprachlos da und staunten. Snille fuhr mit der Hand durch seinen Stoppelschnitt, Kratze griff sich ans Herz und seufzte laut, Stina atmete schneller, und Anna-Greta bekam den Mund nicht mehr zu.
    »Das muss Unmengen gekostet haben!«, murmelte sie leise.
    »Kein Mensch merkt es, wenn wir davon etwas nehmen«, meinte Märtha.
    »Aber wir können ihnen doch wohl kaum das Essen stehlen?«, warf Stina ein.
    »Wir stehlen ja nichts. Was glaubst du wohl, von wessen Geld sie dieses
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