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Wind der Traumzeit (German Edition)

Wind der Traumzeit (German Edition)

Titel: Wind der Traumzeit (German Edition)
Autoren: Christin Busch
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legte seinen Handrücken sekundenlang an ihre Wange. Trotz der Zerstörung, die sie mit ansehen musste, hielt sie sich mit dem Gedanken aufrecht, dass Tom und sie gesund waren, und dass sich auch die Kinder in Sicherheit befanden. Zumindest dafür musste sie dankbar sein.
    Beide blinzelten durch den schwarzen Qualm zum Himmel, als sie ein Motorengeräusch vernahmen. Ein Löschhubschrauber, der die Stadtgrenze schützen sollte, näherte sich und verharrte schließlich kurz über dem Haus, bevor er sein Wasser auf den Brand abließ. Zischend stiegen weißgraue Qualmwolken zumHimmel auf, das Feuer schien tatsächlich innezuhalten, doch Nora und Tom wussten, dass es nur eine kleine Verschnaufpause machte. Einer der beiden Eukalyptusbäume stand in Flammen. Den zweiten hatten die Feuerwehrleute noch fällen können, doch auch der am Boden liegende Riese fing jetzt Feuer. Die leicht brennbaren Öle sowie die großen Mengen an Blättern und Ästen prädestinierten ihn vor allen anderen Pflanzen auf dem Kontinent dafür, seinen Teil zum australischen Ökosystem beizutragen, das diese Feuer seit etwa achtzig Millionen Jahren kennt. Auffrischende Winde trieben immer wieder brennende Rinde und glühende Zweige durch die Luft und ließen sie wahllos auf die Umgebung herabregnen, wo sie wiederum eigene kleine Brandherde entwickelten. Der Qualm wurde beißend und unerträglich. Haut und Augen brannten, das Kratzen im Hals nahm zu.
    Nora zog an Toms Hand. »Komm, es ist zu spät.« Sie deutete auf die Feuerwehrmänner, die noch einmal die Schläuche auf das Haus richteten, dann aber offensichtlich den Befehl erhielten, die Ausrüstung zusammenzupacken. Mit Atemschutzmasken liefen sie durch die Rauchschwaden und rollten die Schläuche ein. Die Vernunft der Einsatzleitung befahl ihnen, an anderer Stelle Hilfe zu leisten, dort, wo noch Aussicht auf Erfolg bestand. Einer der Männer kam auf das Auto zu. Erst als er direkt bei Nora und Tom stand, erkannten sie Matthew Alvarez aus Cameron Downs. Tom hatte ihn vor einiger Zeit wegen einer Beinfraktur behandeln müssen. Jetzt nahm er seine Schutzmaske ab und gestikulierte wild.
    »Tom, ihr müsst hier weg. Es tut mir Leid, aber du siehst ja selbst, wir haben getan, was wir konnten. Dieser verdammte Wind lässt uns einfach keine Chance.« Er klopfte auf das Autodach und gab Tom einen Schubs. »Los, steig ein, sonst platzen die Scheiben. Der Wagen ist schon ganz heiß. Ihr wollt ihn doch nicht auch noch verlieren, oder? Wir sehen uns in Cameron.« Hustend lief Tom um das Auto herum und stieg ein. Mechanisch startete Nora den Motor und lenkte den Wagen auf den Weg, der zur Straße führte. Immer wieder fiel ihr Blick auf den Rückspiegel, der ihr das ganze Inferno vor Augen hielt. Diese letzten Bilder von ihrem gemeinsam geplanten Haus, das auch das Zuhause ihrer Kinder war, und das sich nun in Feuer und Rauch aufzulösen schien, würde Nora nie vergessen.
    Tom klappte den Spiegel nach oben. »Sieh dir das nicht an, Nora.«
    Sie nickte wortlos. In Gedanken überschlug sie die Dinge, die sie hatten retten können. Jetzt, an diesem Punkt angelangt, war sie ihrer Angst und ihrer Panik vor einem Buschbrand dankbar, denn dieses Gefühl hatte letztendlich dazu geführt, das sie doch noch eine ganze Menge zusammengepackt und zu Bill und Lisa gebracht hatte. Sie schluckte, als sie daran dachte, was wiederum alles den Flammen zum Opfer fallen würde. Ein Teil der Möbel, die sie per Containerschiff so aufwändig hatte aus Deutschland herbringen lassen und an denen sie sehr gehangen hatte. Sie dachte an die vielen Stunden, in denen sie Gardinen und Kissenbezüge für die hellen lichtdurchfluteten Räume ihres neuen Zuhauses genäht hatte, an Tapeten, die sie selbst angeklebt und gestrichen, und auf denen sie gemeinsam mit Marie lachend und kichernd eine Bordüre mithilfe von Schablonen aufgetragen hatte. Ihr fiel ein, dass der größte Teil ihrer Bücher verbrannte, und sie zwinkerte eine Träne weg. Ihre Liebe zu Büchern war ungebrochen, und sie wusste, dass sie einige von ihnen nie wieder bekommen würde. Unglücklicherweise kamihr auch gleich ein arabisches Sprichwort in den Sinn: »Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt.«
    Toms Hand legte sich auf ihr Knie. »Wir schaffen das, du wirst sehen.«
    Nora nickte. »Ich weiß.« Sie atmete zitternd ein und wieder aus. »Es wird nur eine Menge Kraft kosten.«
    Er strich ihr über die Wange. »Wir sind zusammen. Die Kinder sind in
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