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Wilsberg 03 - Gottesgemuese

Wilsberg 03 - Gottesgemuese

Titel: Wilsberg 03 - Gottesgemuese
Autoren: Juergen Kehrer
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sich etwas auf dem Innenhof. Einige Schwarzlinge sprinteten die Treppe hinunter und versteckten sich hinter der vordersten Schlossmauer. Einer warf sich hinter den Blumenkübel, ein weiterer kroch hinter die Seitenbefestigung der Treppe. Dann kam Kunstmann.
    Er ging nicht allein. Vor sich her schob er einen Weißkostümierten, dem er die Pistole an die Schläfe drückte.
    »Gut«, sagte ich. »Sehr gut.«
    Kunstmann machte es genau richtig. Er ging nicht zu schnell und nicht zu langsam. Immer wieder guckte er sich um und hielt dabei den Weißen an der Schulter. Meter für Meter näherte er sich dem Tor. In gehöriger Entfernung hinter ihm schlossen die Schwarzuniformierten auf.
    »Weg da!«, brüllte Kunstmann den Mann am Tor an. Der verdrückte sich zur Seite.
    Ich ließ den Motor an und fuhr dicht ans Tor. Sigi öffnete die hintere Tür.
    Kunstmann drehte den Weißen um und gab ihm einen Stoß. Dann kletterte er auf den Rücksitz. Ich gab Gas.
    »Guten Morgen«, sagte Martin Kunstmann. »Schön, Sie zu sehen.«
    »Hat ja wunderbar geklappt«, antwortete ich.
    »Ja. Es war einfacher als ich dachte. Mein Freund hat mir sehr geholfen. Sie haben ihn übrigens gerade gesehen. Es ist der in dem weißen Gewand. Er ist Priester der KAP.« Kunstmann lachte. »Und wer sind Sie?«
    Sigi reichte die Hand über die Rückenlehne und sagte einfach: »Sigi.«
    Ich schoss mit siebzig Meilen über die Landstraße. Zwei Autos fuhren in gleichbleibendem Abstand hinter uns her.
    »Wir werden verfolgt«, sagte ich.
    Kunstmann drehte sich um und sagte: »Oh.«
    »Solange die Straße so schmal ist, können sie uns nicht überholen. Aber dann wird's kritisch.«
    »Ich hoffe, Sie beherrschen die Technik der Verfolgungsjagd. Sie sind doch Privatdetektiv.«
    »Meistens verfolge ich andere. Aber wir werden das schon hinkriegen.«
    »Ich vertraue Ihnen.«
    Das beruhigte mich nicht sonderlich. »Haben Sie die Papiere bei sich, oder müssen wir sie irgendwo abholen?«
    »Die Papiere sind im Postamt von Portsmouth. Waren sie die ganze Zeit. Postlagernd.«
    Wir rasten mit kaum verminderter Geschwindigkeit durch ein kleines Dorf. Gottseidank schoben die Mütter gerade keine Kinderwagen über die Straße.
    Bald darauf erreichten wir die Fernstraße nach Portsmouth. Unsere Verfolger hielten bis jetzt gut mit, obwohl ich das Äußerste aus dem Wagen herausholte. Ich wollte es nicht zugeben, aber noch fehlte mir die Idee, wie ich sie abhängen sollte.
    Die Straße war vierspurig, und einer der Verfolger näherte sich auf der rechten Überholspur.
    »Sie kommen näher«, sagte Sigi.
    »Das sehe ich selbst«, antwortete ich gereizt.
    »Hier können sie nichts unternehmen«, kommentierte Kunstmann das Geschehen. Der Mann war die Ruhe in Person.
    Dann kamen wir in einen Stau.
    Vor uns blinkten Warnlichter. Die Autos fuhren langsamer und langsamer. Es entstand das, was man eine brenzlige Situation nennt. Auf der linken Seite rangierten Lastwagen auf einer Baustelle.
    Ich riss das Steuer herum, überfuhr den Grünstreifen, rammte ein hölzernes Absperrgitter, umkurvte die Lastwagen und hoppelte mit quietschenden Stoßdämpfern auf die Parallelstraße. Unsere Verfolger hingen auf der rechten Spur fest. Wir hatten sie abgehängt.
    »Ausgezeichnet«, lobte mich Kunstmann.
    Sigi legte mir eine Hand aufs Bein.
    Ich atmete tief durch.
    Vor dem Postamt von Portsmouth teilten wir uns die Aufgaben. Sigi sollte in Heathrow anrufen und für den selben Abend drei Flüge nach Düsseldorf oder irgendeine andere Stadt in Deutschland buchen, ich begleitete Martin Kunstmann zum Postschalter.
    Er erhielt einen braunen Umschlag, nachdem er seinen Ausweis vorgezeigt hatte.
    »Was ist da drin?«, fragte ich, als wir wieder hinausgingen.
    »Können Sie sich vorstellen, was die Kirche für angewandte Philosophie jährlich einnimmt?«
    »Nun, soweit ich weiß, gibt es weltweit mehrere Millionen Mitglieder, die alle brav ihre Mitgliedsbeiträge und Trainingsgebühren zahlen.«
    »Richtig. Das macht, grob geschätzt, ein paar Milliarden Dollar. Und die kleinen Angestellten der Kirche werden mit Gehältern abgespeist, die jedem Kapitalisten die Schamesröte ins Gesicht treiben würden. Als Stocker noch lebte, hat er das Geld mit beiden Händen ausgegeben. Mehr als hundert Bedienstete standen zu seiner persönlichen Verfügung. Überall auf der Welt warteten Flugzeuge, Villen und Jachten auf ihn. Seine Nachfolger sind bescheidener geworden – und geschäftstüchtiger.«
    »Und was
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