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Wilder Als Ein Traum

Titel: Wilder Als Ein Traum
Autoren: Teresa Medeiros
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konnte.
    Sie brauchte keine Brille, um ihn genau zu sehen - bei ihrer Kurzsichtigkeit; außerdem war er in der Tat sehr nah. Sein Herz trommelte so laut wie ihr eigenes.
    Sein Gesicht hätte sie förmlich berühren können - zornig herabgezogene Brauen über tief liegenden Augen, eine kräftige, stumpfe Nase, ein Mund, dem zwar das Lächeln, nicht aber der gewinnende Schwung verloren gegangen war, ein straffes, von dunklen Stoppeln übersätes Kinn. Die leichten Tränensäcke unter seinen Augen wiesen auf den hohen Grad seiner Erschöpfung hin, lenkten jedoch nicht im Mindesten von der gefährlichen Attraktivität seiner dichten, schwarzen Wimpern ab.
    Tabitha blinzelte verwirrt. Nie zuvor hatte sie sich auch nur im Geringsten für Schlafzimmerblicke interessiert. Und seine knurrigen Worte erinnerten sie nun auch daran, weshalb.
    »Wem gehört Ihr, Weib?«

    Sie blitzte ihn zornig an. »Von sämtlichen arroganten, politisch unkorrekten, offen chauvinistischen …«
    Er benahm sich genau so, wie es von einem arroganten, politisch unkorrekten, chauvinistischen männlichen Wesen zu erwarten war … legte ihr nämlich eine seiner Hände auf den Mund. Während sie das Leder seines Handschuhs schmeckte, warf sie weiter mit bösen Blicken um sich.
    »Ich habe dir eine einfache Frage gestellt, Mädel! Wem gehörst du, sprich!«
    Wütend schüttelte sie den Kopf; aber erst als sein Blick gleichermaßen zärtlich und raubtiermäßig wurde, fiel ihr ein, dass sie ihn praktisch dazu aufgefordert hatte, sie zu vergewaltigen - ehe er ihr in die Arme gesunken war.
    Sie führte sich einfach lächerlich auf. Sicher könnte kein Mann, der so viel Blut verloren hatte, je …
    Eine leichte Bewegung seiner Hüften, und plötzlich lag ein warmes, volles Gewicht direkt an ihrem Unterleib. Offensichtlich hatte sie den Blutverlust überschätzt …
    In diesem Augenblick waren sie beide auf etwas wesentlich Elementareres als die Summe ihrer Körperteile reduziert. Mann. Frau. Macht. Verletzlichkeit. Ein leiser Zweifel regte sich in ihr. Ihre Mutter mochte die Tatsache bedauern, dass Tabitha die meisten Samstagabende zu Hause vor dem Fernseher bei der Akte X verbrachte - aber ganz sicher hätte sie für ihre Tochter niemals ein Treffen mit einem Vergewaltiger arrangiert.
    Oder vielleicht doch?
    Als er seine Hand von ihren Lippen zog und stattdessen seinen Mund auf sie herabsenkte, wallte neues Entsetzen in Tabitha auf. Nicht vergewaltigen würde er sie, sondern sie küssen. Bei der Vorstellung, dass dieser mächtige Krieger plötzlich auf ihrer Brust hocken und sie anmachen könnte,
drehte sie eilig den Kopf und schob ihn energisch von sich.
    Zu ihrem Erstaunen leistete er keinen Widerstand, sondern rollte sich mühsam stöhnend neben sie.
    »Sie wollten mich allen Ernstes küssen!« Völlig aus dem Häuschen sprang Tabitha auf.
    »Ich weiß«, murmelte er und sah sie müde an. »Sicher beginnt allmählich das Delirium.«
    Zweifelnd, ob sie erleichtert oder eher beleidigt war, stemmte sie aufgebracht die Hände in die Hüften. »Sie können jammern und ächzen, soviel Sie wollen, Sie falscher Werwolf! Mein Mitleid erschleichen Sie sich damit nicht.« Sie zupfte an dem klebrigen Flanell ihres Schlafanzugoberteils und verzog angewidert die Miene. »Gucken Sie, was Sie angerichtet haben! Sie haben meinen Lieblingspyjama ruiniert!«
    »Bitte verzeiht! Wenn ich das nächste Mal mein Herzblut vergieße, werde ich besser Acht geben.«
    Als sie ihn mühsam auf die Ellbogen gestützt mit vor Stolz blitzenden Augen und zusammengekniffenen bleichen Lippen auf der Wiese liegen sah, stellte sie entgeistert fest, dass sie doch Mitleid mit ihm empfand.
    Sie kniete sich neben ihn, und obgleich er sie mit einer Mischung aus Zorn und Argwohn betrachtete, ließ er zu, dass sie sanft seine Hand von seiner wunden Schulter zog.
    »Das ist bloß ein Kratzer«, murmelte er.
    Tabitha fuhr zusammen. Etwas war durch sein Kettenhemd gedrungen, und nun klaffte oberhalb seines Ellbogens ein widerliches Loch. »Falls das ein Kratzer ist, möchte ich gern wissen, was Sie als ernste Verletzung ansehen.« Schon zerrte sie am Saum ihres Pyjamaoberteils.
    Er nickte in Richtung ihrer Hände. »Ich dachte, das wäre Euer liebstes Kleidungsstück.«

    »Im Augenblick leider mein Einziges«, murmelte sie wehmütig, während sie mit den Zähnen einen breiten Streifen Stoff abriss.
    Plötzlich legte er seine Hände halb drohend, halb liebkosend um ihren Hals. »Vielleicht lebe ich
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