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Wilde Flammen

Wilde Flammen

Titel: Wilde Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Mensch sein musste. Doch das herzliche Lächeln auf Rachels Gesicht widersprach dieser Einschätzung.
    Â»Jolivette, was für ein hübscher Name. Keane hat mir schon so viel von Ihnen erzählt.« Rachel streckte die Hand zur Begrüßung aus. Jo schlug ein, in der Absicht, den Handschlag kurz und unpersönlich zu halten. Doch Rachel legte ihre andere Hand obendrauf und hielt Jos Finger voller Wärme. »Keane sagte mir auch, dass Sie Frank sehr nahe standen. Vielleicht können wir uns ein wenig unterhalten.«
    Diese Liebenswürdigkeit verwirrte Jo völlig. »Ja, sicher …«, stammelte sie, »wenn Sie möchten …«
    Â»Sehr gern sogar.« Noch einmal drückte Rachel Jos Hand, bevor sie sie freigab. »Können Sie vielleicht etwas Zeit erübrigen und mich herumführen?« Die Frage wurde von einem herzlichen Lächeln begleitet, und Jo fand es immer schwieriger, ihre Zurückhaltung aufrechtzuerhalten. »Sicherlich hat sich so manches verändert, seit ich zuletzt hier war.« Sie winkte Keane zu. »Du hast bestimmt Geschäftliches zu erledigen, und Jolivette wird sich gut um mich kümmern. Nicht wahr, meine Liebe?«
    Ohne auf eine Antwort zu warten, hakte Rachel Loring sich bei Jo unter und zog sie mit sich. »Ich kannte Ihre Eltern, wussten Sie das? Zwar nicht besonders gut, weil sie erst kurz vor meinem Weggang zu der Truppe stießen. Aber ich weiß noch, sie waren unglaubliche Artisten. Keane sagte mir, Sie sind in die Fußstapfen Ihres Vaters getreten?«
    Â»Ja, ich …« Jo zögerte. Sie fühlte sich irgendwie im Nachteil. »Ja, das bin ich«, antwortete sie verwirrt.
    Â»Dabei sind Sie noch so jung.« Rachel lächelte milde. »Sie müssen ungeheuer mutig sein, um es ausgerechnet mit den Löwen aufnehmen zu können.«
    Â»Nein … nicht wirklich. Es ist mein Beruf.«
    Â»Ja, natürlich.« Rachel lachte leise, so als würde sie von Erinnerungen eingeholt. »Das habe ich immer wieder gehört.«
    Sie standen jetzt draußen im Sonnenlicht. Aufmerksam schaute Rachel sich um. »Vielleicht habe ich mich geirrt, vielleicht hat sich doch nicht so viel verändert in den dreißig Jahren. Es ist ein wunderbarer Ort, nicht wahr?«
    Â»Warum sind Sie weggegangen?« Jo bedauerte die Frage, kaum dass sie sie gestellt hatte. »Entschuldigen Sie, es geht mich nichts an.«
    Â»Es ist nur verständlich, dass Sie das wissen möchten.« Rachel seufzte. »Duffy ist noch immer hier, wie Keane mir sagte.«
    Der Themenwechsel ließ Jo vermuten, dass Rachel ihre Frage bewusst überging. »Ja. Ich glaube, er wird auch immer hier sein.«
    Â»Bieten Sie mir eine Tasse Kaffee an? Oder Tee?« Rachel lächelte. »Es war eine lange Fahrt von der Stadt hierher. Wo steht Ihr Wohnwagen?«
    Â»Drüben auf dem Platz.«
    Â»Ach ja, richtig.« Keanes Mutter lachte leise. »Genau wie immer. Die Wagen stehen auf dem Platz. Und nur der Platz ist alle paar Tage ein anderer. Kennen Sie übrigens die Geschichte von dem Hund und seinem Knochen?«
    Natürlich kannte Jo die Anekdote, aber sie sagte nichts.
    Â»Einer der Artisten«, begann Rachel also, »gab seinem Hund jeden Abend einen Knochen. Und der Hund vergrub den Knochen jeden Abend unter dem Wohnwagen seines Herrchens. Doch jedes Mal, wenn das arme Tier am nächsten Morgen seinen Schatz wieder ausgraben wollte, war der verschwunden. Weil der Zirkus inzwischen nämlich weitergezogen war.«
    Jo fühlte sich seltsam befangen, als sie die Tür zu ihrem Wohnwagen öffnete. Wie war es möglich, dass sie diese herzliche Frau ihr ganzes Leben lang verdammt hatte? Rachel entsprach so gar nicht dem Bild von der kalten, gefühllosen Frau, die Frank verlassen hatte. Und jetzt, in dem engen Wohnwagen, schien sie sich auch keineswegs fehl am Platz zu fühlen, sondern eher wie zu Hause.
    Â»Wie praktisch und bequem diese Wagen sind.« Rachel sah sich bewundernd um. »Man merkt eigentlich gar nicht, dass man ständig unterwegs ist.« Sie nahm das Buch auf, das auf Jos Büchertruhe lag. »Gedichte. Keane erzählte auch, wie sehr Sie Bücher lieben und wie viele Sprachen Sie sprechen.«
    Als Rachel Jo ansah, blickten die goldenen Augen ebenso direkt und durchdringend wie die ihres Sohnes. Jo musste an jenen Morgen denken, als sie Keane zum ersten Mal gesehen hatte und ihr seine Augen sofort

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