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Wie weiter?

Wie weiter?

Titel: Wie weiter?
Autoren: Gregor Gysi
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– es sei denn, man wollte die Angehörigen dieser Klasse geistig ausbürgern. Dies aber wäre ein Angriff nicht nur auf unsere Erfahrung als Deutsche im ideologischen Bürgerkrieg des 20. Jahrhunderts, sondern auf unser Menschsein.
    Jetzt ( das war im Juni vor fünf Jahren – G. G. ) wollen sie ihn sogar durch Unterschriftensammlung dazu zwingen, ›freiwillig‹ sein Bundestagsmandat niederzulegen. Gysi müsse ›geächtet‹ werden, heißt es in Zeitungsüberschriften. Was ist das für eine Sprache? Selbst im Strafvollzug darf auch der schlimmste Verbrecher nicht ›geächtet‹ werden, sondern nur die Tat.
    […] Der Vergangenheitsbewältiger – auch ein Meister aus Deutschland. Im weißen Kleid. Er sagt ›wir‹ und klopft anderen an die Brust.
    ›Die Schuld ist immer grenzenlos‹, heißt es in Franz Kafkas Novelle ›In der Strafkolonie‹ über eine Hinrichtungsmaschine, die so funktioniert, dass dem Verurteilten mit feinen Nadeln der Tenor seines Urteils in den Leib geritzt wird. Die Maschine versagt am Ende dann doch, wo ihr ein Urteilsspruch angetragen wird, den sie nicht zu bewältigen vermag. Der lautet: ›Sei gerecht!‹«
    Ich bin, wie ich schon eingangs bemerkte, des Öfteren überrascht, wo und wie protestiert wird.

18. Kinderbetreuung von vorgestern
    F ranz Müntefering hat einmal gesagt, dass es falsch wäre, Politiker an ihren Wahlversprechen zu messen. Das halte ich für einen gravierenden Fehler. Wahlversprechen, die nicht erfüllt werden, Kompromisse mit Koalitionspartnern, die nicht nachvollziehbar sind, erzeugen Politik- und Demokratieverdrossenheit.
    Die erzeugt man auch, wenn man an etwas hält, und zwar festhält. Ich meine überholte Moralvorstellungen und ein antiquiertes Frauenbild, wie es in der Union noch vorherrscht. Die Männer in der CDU/CSU wünschen sich Frauen, die zu Hause sitzen, die Familie betreuen und versorgen und nebenbei noch die Kinder erziehen. Sie machen die Wohnung sauber und kümmern sich um die Wäsche aller Familienmitglieder. Dann bügeln sie die Hemden der Ehemänner. Dann gehen sie einkaufen. Dann stellen sie ihrem Mann die Puschen hin, damit er abends bequem vor dem Fernseher sitzen kann … In der Unions-Fraktion gibt es wenige Frauen, nämlich nur 18,98 Prozent. In der Fraktion meiner Partei sind mehr Frauen als Männer, nämlich 55,2 Prozent.
    Ich weiß natürlich auch, dass es Frauen gibt, die sich in der ihnen zugewiesenen Rolle wohlfühlen. Ich habe auch vor ihnen vollen Respekt. Aber das heißt nicht, dass man das politisch als Bundestag noch finanziell fördern und unterstützen muss. Ganz im Gegenteil: Wenn man die Gleichstellung der Geschlechter erreichen will, muss man zumindest in der CDU/CSU erst einmal das Bild der Männer von den Frauen grundsätzlich ändern.
    Es gibt wissenschaftliche Untersuchungen, die eindeutig beweisen, dass es ein großer Vorteil für Kinder ist, wenn sie Kindertageseinrichtungen besuchen. Die Kinder lernen von anderen Kindern. Sie lernen auch sozial. Das gilt übrigens nicht nur für Kinder von Alleinerziehenden, sondern gerade auch für Kinder aus bürgerlichen, gutsituierten Verhältnissen. Sie lernen dort nämlich auch den Umgang mit anderen sozialen Schichten, eine Erfahrung, die sie daheim nicht machen können. In der Schule zeigt sich, dass jene Kinder, die vorher Kindertagesstätten besuchten, aufgeschlossener sind und rascher den Lehrstoff erfassen als jene Kinder, die nur daheim waren.
    Nach den Kindertagesstätten müsste der Besuch einer Ganztagsschule beginnen, und zwar auch deshalb, weil es den Kindern hilft und gleichzeitig ermöglicht, dass Frauen und Männer sich gleichberechtigt beruflich entwickeln können.
    Es gibt eine Studie, die besagt: »Besonders für die Kinder von Alleinerziehenden hat die Ganztagsbetreuung einen positiven Effekt. Ihre Schulleistungen lassen sich durch die Betreuung signifikant verbessern.« Und weiter heißt es an anderer Stelle: »Der Anteil der Kinder von Alleinerziehenden an Gymnasien würde von 36 auf 62 Prozent steigen, wenn alle Kinder diese Angebote hätten und auch wahrnehmen können.« Mit dem Kinderbetreuungsgeld wird genau das verhindert. An die ärmeren Eltern wird faktisch appelliert: »Wenn ihr Geld haben wollt, dann bringt eure Kinder nicht in die Kindertageseinrichtungen.« Ich fürchte, dass das greift und diese Menschen gegen ihre eigenen Interessen handeln. Auch darum lehne ich dieses Betreuungsgeld ab.
    Übrigens haben wir bei den
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