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Wie ein einziger Tag

Wie ein einziger Tag

Titel: Wie ein einziger Tag
Autoren: Nicholas Sparks
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er war froh, wieder hier zu sein. Vierzehn Jahre war er von hier fort gewesen, dennoch war dies seine Heimat, und er kannte eine Menge Leute hier, hauptsächlich aus seiner frühen Jugend. Das war nicht verwunderlich. Wie in so vielen Städten des Südens änderten sich ihre Bewohner kaum, sie wurden nur ein wenig älter.
    Sein bester Freund war GUS, ein siebzigjähriger Schwarzer, der etwas weiter die Straße hinunter wohnte. Sie hatten sich zwei Wochen nach Noahs Hauskauf kennengelernt. GUS hatte eines Abends mit einer Flasche Selbstgebranntem Schnaps vor der Tür gestanden, und die beiden hatten sich ihren ersten gemeinsamen Rausch angetrunken und sich bis spät in die Nacht Geschichten erzählt.
    Von da an tauchte GUS etwa zweimal die Woche auf, gewöhnlich gegen acht Uhr abends. Mit vier Kindern und elf Enkelkindern im Haus brauchte er ab und zu unbedingt einen Tapetenwechsel. Meist brachte er seine Mundharmonika mit, und wenn sie eine Weile miteinander geredet hatten, spielten sie ein paar Lieder zusammen. Manchmal spielten sie viele Stunden.
    Er betrachtete GUS bald als eine Art ›Familienersatz‹, denn er hatte sonst niemanden, seitdem sein Vater im letzten Jahr gestorben war. Er besaß keine Geschwister; seine Mutter war gestorben, als er zwei war, und er hatte, obwohl er es einmal wollte, auch nie geheiratet.
    Einmal aber hatte er geliebt, daran gab es keinen Zweifel. Einmal, nur einmal und das vor langer Zeit. Und es hatte ihn für immer verändert. Wahre Liebe verändert den Menschen, und es war echte Liebe gewesen.
    Kleine Wölkchen trieben von der Küste her über den Abendhimmel, wurden silbrig im Schein des Mondes. Als sie dichter wurden, legte er den Kopf auf die Rückenlehne des Schaukelstuhls. Seine Beine bewegten sich automatisch, hielten den Rhythmus bei, und wie fast jeden Tag, schweiften seine Gedanken zu einer ähnlich warmen Nacht, die vierzehn Jahre zurücklag.
    Es war 1932, kurz nach seiner Reifeprüfung, am Eröffnungsabend des Neuse River Festival. Die ganze Stadt war auf den Beinen, amüsierte sich bei Tanz und Glücksspiel oder an den Getränkeständen und Bratspießen. Es war schwül an jenem Abend, daran konnte er sich noch genau erinnern. Er war allein gekommen, und als er, auf der Suche nach Freunden, durch die Menge schlenderte, sah er Fin und Sarah, mit denen er zur Schule gegangen war, mit einem Mädchen plaudern, das er noch nie gesehen hatte.
    Sie war sehr hübsch, das war sein erster Gedanke gewesen, und als er sich seinen Weg zu ihnen gebahnt hatte, schaute sie mit ihren betörenden Augen zu ihm auf. »Hallo«, sagte sie einfach und streckte ihm die Hand entgegen. »Finley hat mir viel von dir erzählt.« Ein ganz gewöhnlicher Beginn, den er, wäre sie es nicht gewesen, längst vergessen hätte. Doch als er ihr die Hand schüttelte und sein Blick in ihre smaragdgrünen Augen tauchte, wußte er, bevor er den nächsten Atemzug tat, daß sie für ihn die Richtige, die Einzige war und es auch immer sein würde. So gut schien sie, so vollkommen, und der Sommerwind rauschte in den Bäumen.
    Von da an ging alles rasend schnell. Fin erzählte ihm, daß sie den Sommer mit ihrer Familie in New Bern verbrachte, weil ihr Vater für R. J. Reynolds arbeitete, und obwohl er nur nickte, sagte ihr Blick, daß sie verstand. Fin lachte, denn er wußte, was da geschah, und die Vier blieben den ganzen Abend zusammen, bis das Fest zu Ende war und die Menge sich zerstreute.
    Sie trafen sich am nächsten und übernächsten Tag und waren bald unzertrennlich. Jeden Morgen - bis auf sonntags, wenn er zur Kirche ging - erledigte er seine häuslichen Pflichten so schnell wie möglich, und eilte zum »Fort Totten Park«, wo sie schon auf ihn wartete. Da sie nie in einer Kleinstadt gelebt hatte, verbrachten sie ihre Tage mit Dingen, die ihr völlig neu waren. Er machte sie mit Angel und Köder vertraut, um im seichten Wasser Barsche zu fangen, und durchstreifte mit ihr den geheimnisvollen Croaton Forest. Sie fuhren Kanu und beobachteten Sommergewitter, und es kam ihm so vor, als hätten sie sich schon immer gekannt.
    Doch auch er lernte Neues. Beim Tanzfest in der Tabakscheune brachte sie ihm Walzer und Charleston bei, und obwohl er sich anfangs etwas unbeholfen anstellte, zahlte sich ihre Geduld aus, und sie tanzten zusammen, bis die Musik verstummte. Danach brachte er sie nach I lause, und beim Abschied auf der Veranda küßte er sie zum ersten Mal und wunderte sich danach, warum er so lange damit
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