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Widersacher-Zyklus 04 - Erweckung

Widersacher-Zyklus 04 - Erweckung

Titel: Widersacher-Zyklus 04 - Erweckung
Autoren: F. Paul Wilson
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etwas so Schreckliches zu akzeptieren, vor allem, weil sie es im Namen Gottes taten.
    Wenn sie doch nur auf ihn gehört hätten! Wenn sie doch nur –
    Der Vorhang, der über Emma gebreitet war, bewegte sich.
    Er starrte dorthin, wartete auf ein weiteres Lebenszeichen, war sich aber sicher, dass er sich geirrt haben musste. Doch dann sah er, wie sich der Stoff wieder regte. Sein Magen rebellierte. Das hier war kein zufälliges postmortales Zucken, wenn es so etwas überhaupt gab. Emma Stevens Körper richtete sich unter dem Vorhang auf.
    Die Gebete blieben Bruder Robert und den anderen Auserwählten im Halse stecken, weil auch sie das bemerkten. In dem Zimmer war es plötzlich mucksmäuschenstill, als sie alle mit offenem Mund dastanden und zusahen, wie sich der Körper unter dem Vorhangstoff auf die Füße stellte. Bill war genauso fasziniert, aber er warf auch einen hastigen Blick auf Jonah Stevens und war entsetzt über den Anblick seiner leuchtenden, hungrigen Augen und seines hartherzigen Grinsens.
    Der Vorhang glitt zu Boden und da stand Emma. Die blutige Axt ragte immer noch aus ihrem eingeschlagenen Hinterkopf. Langsam drehte sie sich einmal unbeholfen im Kreis, mit starren, blicklosen Augen, die Lippen zu einem fletschenden Grinsen erstarrt. Geronnene Blutstreifen zogen sich über ihre Stirn und die Wangen herunter.
    Das Tableau brach plötzlich auseinander, als die Auserwählten plötzlich wie ein Mann schreiend aus dem Raum stürzten, und dabei in ihrer Hast, dem Schrecken vor ihnen zu entkommen, übereinander stolperten. Ein paar Sekunden später hörte Bill einen Wagen, der davonraste. Zweifellos flohen ein paar jetzt in die Sicherheit ihrer Häuser und der Kirchen in der Nähe, doch die anderen blieben, versteckten sich jedoch in der Eingangshalle.
    Nur Bruder Robert blieb standhaft.
    Er zog ein langes schmales, glänzendes Messingkreuz aus seiner Kutte und hielt es Emma vor das Gesicht.
    »Zurück in die Hölle mit dir, Dämon!«, rief er. »Zurück in den Pfuhl, aus dem du hervorgekrochen bist!«
    Sie legte den Kopf auf die Seite und starrte das Kruzifix an. Langsam streckte sie den Arm aus und berührte es. Sie fuhr sachte mit der Fingerspitze über die Gestalt des Erlösers.
    Dann schoss ihre Hand vor, ergriff den Querbalken des Kreuzes und entriss es Bruder Roberts bandagierten Händen.
    »Nein! Das kannst du nicht haben!«
    Aber er unternahm keinen Versuch, es ihr wieder wegzunehmen. Er stand einfach nur da und beobachtete sie, genauso wie die beiden anderen lebenden Menschen im Raum.
    Einen Augenblick lang hielt Emma das Kruzifix zwischen ihnen in die Höhe, wobei sie es am kurzen oberen Ende festhielt. Ihre Handfläche war um den Kopf Christi geschlossen, der Querbalken lag direkt am Handballen auf.
    Mit dem Licht, das sich an der schmalen Kante des längeren unteren Kreuzbalkens brach, wirkte Bruder Roberts Kreuz wie ein Art-Déco-Dolch. Dieser Gedanke ging Bill gerade durch den Kopf, als Emmas Arm plötzlich wie ein Kolben nach vorn stieß. Sie grinste weiter dieses grässliche Lächeln und rammte das untere Ende des Kruzifixes tief in die linke Seite von Bruder Roberts Brust.
    Mit einem Schrei des Schmerzes und der Überraschung taumelte er zurück. Blut spritzte aus der Wunde und breitete sich auf dem Skapulier seiner Kutte aus wie eine Blüte, die sich dem Morgen öffnet. Er starrte dumpf auf das aus seiner Brust herausragende Kreuz und ein blutiger Christus starrte zu ihm zurück, der sich auf und nieder bäumte im heftigen Rhythmus seines pumpenden Herzens. Er hob den Kopf und sah sich um. Schließlich blieb sein Blick auf Bill hängen.
    Bill schreckte vor dem Blick dieser verängstigten, todeswunden Augen zurück. Er musste seine ganze Kraft aufbringen, um nicht zur Seite zu sehen. Dann bemerkte er, wie das Leben in den Augen verlosch. Bruder Robert öffnete den Mund, aber es kamen keine Worte heraus. Nur ein kleines Rinnsal Blut, das in seinen Bart tröpfelte. Er fiel um wie ein gefällter Baum, zuckte einmal und rührte sich dann nicht mehr.
    »Möge Gott deiner Seele gnädig sein«, sagte Bill und in diesem Moment meinte er das auch so.
    Er sah auf und stellte fest, dass Emma ihr Opfer anscheinend vergessen hatte. Betäubt sah er zu, wie sie um ihn herumging, auf die Küche zu. Der aus ihrem Kopf ragende Axtstiel wippte mit jedem Schritt auf und nieder.
     
    19.
     
    Grace hatte kurz innegehalten, als sie die Schreie und den Lärm aus dem Salon hörte, aber jetzt war wieder alles
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