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West-östlicher Divan (German Edition)

West-östlicher Divan (German Edition)

Titel: West-östlicher Divan (German Edition)
Autoren: Johann Wolfgang von Goethe
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den Hals der eine brach,
Der andre bleibt verwegen.
    Verzeihe, Meister, wie du weißt,
Daß ich mich oft vermesse,
Wenn sie das Auge nach sich reißt,
Die wandelnde Cypresse.
    Wie Wurzelfasern schleicht ihr Fuß
Und buhlet mit dem Boden,
Wie leicht Gewölk verschmilzt ihr Gruß,
Wie Ost-Gekos' ihr Oden.
    Das alles drängt uns ahndevoll,
Wo Lock an Locke kräuselt,
In brauner Fülle ringelnd schwoll,
Sodann im Winde säuselt.
    Nun öffnet sich die Stirne klar,
Dein Herz damit zu glätten,
Vernimmst ein Lied so froh und wahr,
Den Geist darin zu betten.
    Und wenn die Lippen sich dabei
Aufs niedlichste bewegen,
Sie machen dich auf einmal frei,
In Fesseln dich zu legen.
    Der Atem will nicht mehr zurück,
Die Seel zur Seele fliehend,
Gerüche winden sich durchs Glück
Unsichtbar wolkig ziehend.
    Doch wenn es allgewaltig brennt,
Dann greifst du nach der Schale:
Der Schenke läuft, der Schenke kömmt
Zum erst- und zweiten Male.
    Sein Auge blitzt, sein Herz erbebt,
Er hofft auf deine Lehren,
Dich, wenn der Wein den Geist erhebt,
Im höchsten Sinn zu hören.
    Ihm öffnet sich der Welten Raum,
Im Innern Heil und Orden,
Es schwillt die Brust, es bräunt der Flaum,
Er ist ein Jüngling worden.
    Und wenn dir kein Geheimnis blieb,
Was Herz und Welt enthalte,
Dem Denker winkst du treu und lieb,
Daß sich der Sinn entfalte.
    Auch daß vom Throne Fürstenhort
Sich nicht für uns verliere.
Gibst du dem Schah ein gutes Wort
Und gibst es dem Wesire.
    Das alles kennst und singst du heut
Und singst es morgen eben:
So trägt uns freundlich dein Geleit
Durchs rauhe, milde Leben.
    Buch der Liebe
    Ushk Nameh: Buch der Liebe
    Sage mir,
Was mein Herz begehrt?
    "Mein Herz ist bei dir,
Halt es wert!"
    Musterbilder
    Hör und bewahre
Sechs Liebespaare!
Wortbild entzündet, Liebe schürt zu:
Rustan und Rodawu.
Unbekannte sind sich nah:
Jussuph und Suleika.
Liebe, nicht Liebesgewinn:
Ferhad und Schirin.
Nur für einander da:
Medschnun und Leila.
Liebend im Alter sah
Dschemil auf Boteinah.
Süße Liebeslaune:
Salomo und die Braune!
Hast du sie wohl vermerkt?
Bist im Lieben gestärkt.
    Noch ein Paar
    Ja, Lieben ist ein groß Verdienst!
Wer findet schöneren Gewinst?—
Du wirst nicht mächtig, wirst nicht reich,
Jedoch den größten Helden gleich.
Man wird so gut wie vom Propheten
Von Wamik und von Asra reden.—
Nicht reden wird man, wird sie nennen:
Die Namen müssen alle kennen.
Was sie getan, was sie geübt,
Das weiß kein Mensch! Daß sie geliebt,
Das wissen wir. Genug gesagt,
Wenn man nach Wamik und Asra fragt!
    Lesebuch
    Wunderlichstes Buch der Bücher
Ist das Buch der Liebe.
Aufmerksam hab ich's gelesen:
Wenig Blätter Freuden,
Ganze Hefte Leiden;
Einen Abschnitt macht die Trennung.
Wiedersehn! ein klein Kapitel,
Fragmentarisch. Bände Kummers,
Mit Erklärungen verlängert,
Endlos, ohne Maß.
O Nisami!—doch am Ende
Hast den rechten Weg gefunden:
Unauflösliches, wer löst es?
Liebende, sich wiederfindend.
    Ja, die Augen waren's
    Ja, die Augen waren's, ja, der Mund,
Die mir blickten, die mich küßten.
Hüfte schmal, der Leib so rund,
Wie zu Paradieses Lüsten!
War sie da? Wo ist sie hin?
Ja, sie war's, sie hat's gegeben,
Hat gegeben sich im Fliehn
Und gefesselt all mein Leben.
    Gewarnt
    Auch in Locken hab ich mich
Gar zu gern verfangen.
Und so, Hafis, wär's wie dir
Deinem Freund ergangen.
    Aber Zöpfe flechten sie,
Nun aus langen Haaren;
Unterm Helme fechten sie,
Wie wir wohl erfahren.
    Wer sich aber wohl besann,
Läßt sich so nicht zwingen:
Schwere Ketten fürchtet man,
Rennt in leichte Schlingen.
    Versunken
    Voll Locken kraus ein Haupt so rund!
Und darf ich dann in solchen reichen Haaren
Mit vollen Händen hin und wider fahren,
Da fühl ich mich von Herzensgrund gesund.
Und küß ich Stirne, Bogen, Auge, Mund,
Dann bin ich frisch und immer wieder wund.
Der fünfgezackte Kamm, wo sollt er stocken?
Er kehrt schon wieder zu den Locken.
Das Ohr versagt sich nicht dem Spiel,
Hier ist nicht Fleisch, hier ist nicht Haut,
So zart zum Scherz, so liebeviel!
Doch wie man auf dem Köpfchen kraut,
Man wird in solchen reichen Haaren
Für ewig auf und nieder fahren.
So hast du, Hafis, auch getan,
Wir fangen es von vornen an.
    Bedenklich
    Soll ich von Smaragden reden,
Die dein Finger niedlich zeigt?
Manchmal ist ein Wort von nöten,
Oft ist's besser, daß man schweigt.
    Also sag ich, daß die Farbe
Grün und augerquicklich sei!
Sage nicht, daß Schmerz und Narbe
Zu befürchten nah dabei!
    Immerhin! du magst es lesen!
Warum übst du solche Macht!
"So
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