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Werwelt 03 - Der Nachkomme

Werwelt 03 - Der Nachkomme

Titel: Werwelt 03 - Der Nachkomme
Autoren: Robert Stallman
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blitzenden Zähnen und dem blaugrauen Fell – eine Vision, der ein wacher Geist nicht trauen wollte; und der Mann im Mantel und Hut, der mit hängenden Armen dastand und ke i ner Bewegung fähig war. Das Tier ähnelte einer gewaltigen Katze, doch es war schwanzlos und seine Pfoten waren be i nahe wie Menschenhände, mit stumpfen Fingern, an denen er sich eingezogene Krallen vorstellen konnte.
    › Du bist krank. ‹
    Bo hatte den Eindruck, daß es eine weibliche Stimme war, die da mit ihm sprach und ihm seine Angst zu nehmen suchte. Die furchterregende Schnauze näherte sich seinem Gesicht. Große leuchtende Augen blickten in die seinen.
    › Du warst auf dem Maiden-Friedhof, weil du hofftest, es würde ein Wunder geschehen? ‹
    Bo nickte; sein Geist beobachtete die Szene noch immer aus weiter Ferne.
    › Die Krankheit wird dich bald in den Tod führen. ‹
    Wieder nickte er, während er an die lange Reihe von Menschen dachte, die im Novemberregen stand, an die Hoffnungslosigkeit in seiner Seele, an den Schmerz, der ihn jetzt quälte.
    › Ich werde dir helfen, wenn du mich nicht verrätst. Wirst du mein Geheimnis bewahren?«
    Bo hatte Mühe die Worte zu verstehen, obwohl sie so klar, als wären sie in Stein gemeißelt, in seinen Geist ei n drangen. Ohne zu begreifen, blickte er das Tier an und nic k te. Die Möglichkeiten der Wahl waren in den verga n genen Monaten ständig geschrumpft, und jetzt hatte er ke i ne mehr.
    › Wir können nicht im Freien bleiben. Komm mit mir. ‹ E i ne ganze Weile wanderte er durch die Dunkelheit, folgte dem Tier, das jetzt auf allen vieren vor ihm herschritt, wie ein L ö we oder eine andere Großkatze, die aus einem Zoo entko m men war. Doch es hatte ein glattes, blaugraues Fell und b e wegte sich mit solcher Anmut, daß es eher zu gleiten als zu gehen schien. Bo gewahrte, daß das Tier, obwohl es nicht ein einz i ges Mal den Kopf wandte, ihn irgendwie im Bereich seiner Wahrnehmung behielt, und in seinem Geist spürte er jene unerklärliche Berührung, die er als die einer Frau empfand, tröstlich, wie das Streicheln einer glatten Hand an seiner Wa n ge.
    Der Schmerz in seiner Seite war jetzt schlimm. Er kon n te sich nur noch hinkend vorwärts bewegen, war beinahe daran aufzuschreien unter der Qual, die seinen ganzen U n terleib entflammte.
    Und dann wurden die Schmerzen so stark, daß er sich auf dem Bürgersteig niederkauern und festhalten mußte. Na wenn schon, dachte er, während er auf die gewaltige Katze starrte, die stehengeblieben war und zu ihm zurüc k blickte. Sollen sie mich ruhig töten, dachte er, während er beide Fäuste in den Bauch drückte und nur noch den einen Wunsch hatte, in einen Fluß zu springen und zu ertrinken.
    › Ein kleines Stück noch, dann kannst du rasten. ‹ Bo nickte und schleppte sich zusammengekrümmt weiter. Se i ne Sinne umnebelten sich eine Weile, bis er spürte, wie das Tier ihm mit seinen Pranken half, sich in einem muffig ri e chenden Raum niederzulegen. Es war ein dumpfig feuchter Geruch nach Moder und faulendem Holz, der aber nichts Unangenehmes hatte, sondern beinahe wie ein Geruch warmer, fruchtbarer Erde war. Er lag auf Stroh oder Heu in einem Keller oder einer Scheune, irgendeinem Steinbau, in dem es sehr finster war. Es war ihm gleichgültig.
    › 6. November 1937
    Liebe Mary Louise,
    mach Dir um mich keine Sorgen. Mir geht es gut, und ich habe hier einen hervorragenden Arzt gefunden, der mir hilft. Ich werde vorläufig nicht nach Hause kommen, aber ich glaube, es geht mir allmählich besser. Sag Dr. Goo d naugh, daß ich nicht zu der Operation ins Krankenhaus kommen kann, weil ich hier bei einem anderen Arzt in B e handlung bin. Es wird ihm wahrscheinlich nicht passen, aber sag es ihm trotzdem. Seine Rechnungen bezahlen wir, sobald ich wieder zurück bin. Das kannst Du ihm auch s a gen, dann wird er Dich schon in Frieden lassen.
    Ich war auf dem Friedhof, wie ich es vorhatte, aber e t was Weltbewegendes war das nicht. Nur ein Haufen kra n ker Leute, von denen einige viel schlimmer dran waren als ich. Es war wirklich ein Glück, daß ich diesen Arzt gefu n den habe, der mich jetzt behandelt, denn ich fühle mich schon viel besser. Wenn du willst, kannst du mir postl a gernd nach Revere, Massachusetts, schreiben.
    Dein Mann Bo. ‹
    ›1 2. November 1937
    Lieber George,
    komm auf der Stelle nach Hause. Dr. Goodnaugh ist fuchsteufelswild und hat gesagt, wenn nötig, würde er dich von der Polizei holen lassen, weil du Dich nicht
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