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Werke

Werke

Titel: Werke
Autoren: Gotthold Ephraim Lessing
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Floh und Hund
    Empfindet Lieb’, und netzt den Mund.
    Was also trinkt und lieben kann,
    Wird in das erste Reich getan.
    Die Pflanze macht das zweite Reich,
    Dem ersten nicht an Güte gleich:
    Sie liebet nicht, doch kann sie trinken;
    Wenn Wolken träufelnd niedersinken,
    So trinkt die Zeder und der Klee,
    Der Weinstock und die Aloe.
    Drum, was nicht liebt, doch trinken kann,
    Wird in das zweite Reich getan.
    Das Steinreich macht das dritte Reich;
    Und hier sind Sand und Demant gleich:
    Kein Stein fühlt Durst und zarte Triebe,
    Er wächset ohne Trunk und Liebe.
    Drum, was nicht hebt noch trinken kann,
    Wird in das letzte Reich getan.
    Denn ohne Lieb’ und ohne Wein,
    Sprich, Mensch, was bleibst du noch? – – Ein Stein.
    { ‡ }
Das Alter
    Nach der eilften Ode Anakreons
    Euch, lose Mädchen, hör’ ich sagen:
    »Du bist ja alt, Anakreon.
    Sieh her! du kannst den Spiegel fragen,
    Sieh, deine Haare schwinden schon;
    Und von den trocknen Wangen
    Ist Blut’ und Reiz entflohn.« –
    Wahrhaftig! ob die Wangen
    Noch mit dem Lenze prangen,
    Wie, oder ob den Wangen
    Der kurze Lenz vergangen,
    Das weiß ich nicht; doch was ich weiß,
    Will ich euch sagen: daß ein Greis,
    Sein Bißchen Zeit noch zu genießen,
    Ein doppelt Recht hat, euch zu küssen.
    { ‡ }
An die Schwalbe
    Die zwölfte Ode Anakreons
    Schwatzhafteste der Schwalben, sprich,
    Was tu ich dir? wie straf ich dich?
    Soll ich dich um die Schwingen
    Mit meiner Schere bringen?
    Soll ich, zu deiner Pein,
    Ein andrer Tereus sein?
    Und willst du gern der Progne gleichen?
    Mußt du, zu frühe Schwätzerin,
    Mußt du von meiner Schäferin
    Mir meinen schönen Traum verscheuchen?
    { ‡ }
Die Kunstrichter und der Dichter
    Die Kunstrichter
    Ihr Dichter! seid des Stoffes voll,
    Den eure Muse singen soll:
    Alsdann gerät das Lied euch wohl.
    Der Dichter
    Wohl! wohl! ihr Herren Richter, wohl!
    Seht her! ich bin des Stoffes voll,
    Den meine Muse singen soll;
    Ich bin, ich bin des Weines voll:
    Und doch gerät kein Lied mir wohl.
    Die Kunstrichter
    Du bist des Stoffes allzu voll,
    Den deine Muse singen soll:
    Darum gerät kein Lied dir wohl.
    { ‡ }
An die Kunstrichter
    Schweigt, unberauschte, finstre Richter!
    Ich trinke Wein, und bin ein Dichter.
    Tut mir es nach, und trinket Wein,
    So seht ihr meine Schönheit ein.
    Sonst wahrlich, unberauschte Richter,
    Sonst wahrlich seht ihr sie nicht ein!
    { ‡ }
    Gotthold Ephraim Lessing
Oden
    [Ausgabe 1771]
    2. Teil der »Vermischten Schriften«, Berlin (Voss), 1771/1784.
    oden
    { ‡ }
    I. Der Eintritt des 1752sten Jahres
    II. Auf eine vornehme Vermählung
    III. Abschied eines Freundes
    IV. An den Herrn N**
    V. Der Tod eines Freundes
    VI. Der Eintritt des Jahres 1753 in Berlin
    VII. Der 24ste Jänner in Berlin
    VIII. An seinen Bruder
    IX. Der Eintritt des Jahres 1754 in Berlin
I. Der Eintritt des 1752sten Jahres
    Im Spiel, dem Huld und Macht
    Die Welt zur Bühne gab, das Weisheit ausgedacht,
    In diesem Spiel zur kurzen Szen’ erlesen,
    Jahr! Zeit, für Sterbliche gewesen!
    Für ihn, der eh du kamst, dich als gekommen sah,
    Für Gott noch da!
    So wie ein Strom, der aus der Erde bricht,
    Und wenig Meilen rollt, und wieder sich verkriecht,
    Bist du, aus der du dich ergossen,
    Zur Ewigkeit, – die Gott, mit aller Welten Last,
    Im Zipfel seines Kleides faßt, –
    Zur Ewigkeit zurück geflossen.
    Vom Dürftigen verseufzt, mit tränenvollen Blicken
    Des Reuenden verfolgt, zurück gewünscht vom Tor,
    Vom Glücklichen erwähnt mit trunkenem Entzücken:
    Jahr, welche Botschaft von der Erde, –
    Jetzt unwert jenes Rufs: Sie werde! –
    Bringst du dem Himmel vor?
    Botschaft ach! vom Triumph des Lasters über Tugend,
    Hier vordem ihrem liebsten Sitz;
    Von Vätern böser Art; Botschaft von schlimmrer Jugend;
    Von Feinden Gottes, stolz auf Witz;
    Botschaft von feiler Ehr, womit die Schmach sich schmücket;
    Von ungerechtem Recht, das arme Fromme drücket.
    Botschaft, daß die Natur längst unsrer müde worden,
    Die dort mit Flüssen Feuers schreckt,
    Das paradiesische Gefilde überdeckt,
    Und dort, geschäftig im Ermorden,
    Der aufgebotnen Pest
    Die gift’gen Schwingen schütteln läßt.
    Botschaft von hingerißnen Göttern
    Der einst durch sie regierten Welt;
    Botschaft von finstern Kriegeswettern,
    Die hier ein Gott zurücke hält,
    Und dort ein Gott, der grausamer verfährt,
    Mit immer neuen Blitzen nährt.
    Doch Botschaft auch von einem Lande,
    Wo Friederich den weichen Zepter führt,
    Und Ruh und Glück, im schwesterlichen
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