Wer will schon einen Traummann: Roman (German Edition)
beschleunigen, als der Fahrer den Typen des Näheren in Augenschein nahm. Der Tramper zeigte ihm den Mittelfinger.
Mats Blick richtete sich wieder auf die Frau, die soeben an ihm vorbeiging. Irgendwie kam sie ihm bekannt vor. Ihre Gesichtszüge waren fein und zart, ihr Hals lang und schlank und ihre Augen von einem umwerfenden Blau. Ihre Haltung hatte etwas Aristokratisches, was so gar nicht zu ihren Supermarktklamotten passen wollte. Sie erreichte die Tür des Restaurants kurz vor Lucy und hielt sie ihr auf. Lucy würdigte die Höflichkeit mit keinem Dank. Sie war zu sehr damit beschäftigt, ihn noch mal kurz vernichtend zu durchbohren.
Etwas auf dem Beifahrersitz des Corsicas erregte seine Aufmerksamkeit. Er bückte sich und erblickte einen hässlichen Keramikfrosch. Immer schon hatte er sich gefragt, was für Leute einen solchen Schrott kauften. Dann sah er den Schlüssel im Zündschloss des Wagens. Mat überlegte, ob er ihr nachgehen und sie darauf aufmerksam machen sollte; doch andererseits verdiente jemand, der dumm genug war, Kitsch hoch zwei zu kaufen, eben sein Schicksal.
Das Innere des Truckstops wies die Form eines großen L auf. Er suchte sich einen kleinen Tisch ganz hinten in einer Ecke, wo er seine langen Tentakel ausstrecken konnte, und bestellte sich einen Kaffee. Während er auf das Gebräu wartete, kalkulierte er, dass er mindestens zwei Tage brauchen würde, um nach Iowa zu gelangen. Vielleicht sogar länger, wenn das ominöse Klingelgeräusch, das der Motor ausstieß, noch schlimmer wurde. Wie sollte er es zwei weitere Tage mit den beiden Biestern aushalten? Die Ironie seiner Situation entging ihm nicht: Seit er erwachsen war, hatte er versucht, genau dem auszuweichen, was er sich nun aufgehalst hatte.
Ach, wenn doch das Jugendamt rechtzeitig eingeschritten wäre!
Nealy tunkte dicke, fettige Pommes in Ketchup und beobachtete die drei, die am anderen Ende des Speiseraums hockten. Zunächst saß der Mann allein da. Er war ihr sofort aufgefallen – bei seiner Größe kein Kunststück -, aber nicht bloß seine Größe erregte ihre Aufmerksamkeit, sondern alles an ihm.
Er war der Typ muskulöser Arbeiterbursche, und man konnte ihn sich leicht mit nacktem, gebräunten Oberkörper auf einem Dach beim Ziegelverlegen vorstellen oder, einen abgeschabten Helm auf dem Kopf, gerade mit einem Vorschlaghammer den Asphalt einer belebten Straße aufreißend. Ein wirklich umwerfender Bursche, aber nicht auf die schöne, zivilisierte Art männlicher Models! Sein Gesicht wirkte wie aus Granit gehauen.
Enttäuschenderweise funkelte er das Mädchen, das sich zu ihm an den Tisch quetschte und ein Baby auf den Schoß nahm, böse an. Nealy schätzte ihn als einen dieser Väter ein, die ihre Kinder als lästige Anhängsel betrachteten – der Typ also, den sie am allerwenigsten mochte.
Seine Tochter war das Mädchen, dem sie zuvor die Tür aufgehalten hatte. Obwohl sie viel zu stark geschminkt war und einen lila Streifen im Haar hatte, ließen ihre feinen Gesichtszüge darauf schließen, dass sie einmal eine große Schönheit werden würde. Und das Baby war einfach entzückend. Eins dieser vor Gesundheit strotzenden blonden kleinen Racker, die Nealy mied wie den Teufel.
Leute zu beobachten machte zwar einen Riesenspaß, aber sie war ungeduldig und wollte so schnell wie möglich zurück auf die Piste; also riss sie ihren Blick widerstrebend von dem Mann los und sammelte ihren Abfall zusammen, wie die anderen es auch taten. Ein ältliches Pärchen, das an einem benachbarten Tisch saß, lächelte sie an, was sie freundlich erwiderte. Einer Schwangeren wurde häufig zugelächelt, das gefiel ihr.
Ihr Lächeln verwandelte sich in ein selbstzufriedenes Grinsen. Gestern Abend hatte sie sich vor dem Zubettgehen das lange blonde Haar, das ihr Vater und ihr Mann so liebten, abgeschnitten und es hellbraun getönt – ihre eigentliche Farbe. Allerdings hatte sie ihr Naturhaar so lange nicht mehr gesehen, dass sie den richtigen Ton nur raten konnte. Sie liebte die flotte Kurzhaarfrisur. Sie sah nicht nur jünger damit aus, sondern obendrein viel zu sportlich und lässig für eine elegante First Lady.
Die Verkleidung als alte Dame war zwar ihre ursprüngliche Idee gewesen, aber sie hatte sich nicht dauernd mit einer Perücke und all der Kleidung abplagen wollen. Der ausgestopfte Bauch war da die bequemere Lösung. Selbst wenn die Leute die frappierende Ähnlichkeit einer Schwangeren mit Cornelia Case bemerkten, so würden
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