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Wer stirbt schon gern in Düsseldorf?

Wer stirbt schon gern in Düsseldorf?

Titel: Wer stirbt schon gern in Düsseldorf?
Autoren: H Venn
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vor: Der Bürgermeister aus dem belgischen Bütgenbach kommt nach Monschau und übergibt seinem deutschen Amtskollegen eine Protestnote. Ein Skandal wäre das, unvorstellbar – mit Schlagzeilen links und rechts der Grenze, im »Grenz Echo« und in der Aachener Zeitung, die der Verleger übrig gelassen hat.
    Und so lässt es sich für Charly Nusselein, der immer diese altmodischen blauen John-Wayne-Hemden und Jeans trägt, prächtig in Ruitzhof leben. Nusseleins Mutter nennt die Jeans übrigens immer noch Texashosen.
    Ach ja, Nusselein lebt nicht allein.
    Der wahre Herrscher im Bauwagen ist nämlich Incitatus, also »Heißsporn«, der einst – dies nur als Hinweis für Nicht-Kleinlatinumer (und wer ist das schon) – nach dem Pferd von Caligula benannt wurde.
    Und Caligula, das erzählt Nusselein gerne, »hatte einen totalen Ratsch am Kappes«. Nusselein liebt Menschen, die einen Ratsch am Kappes haben oder hatten: Ludwig II, Ozzy Osbourne, Karl Valentin, Helge Schneider. Seine Lieblingsband – und Nusselein hat alle Platten aus den sechziger und siebziger Jahren – ist immer noch Insterburg & Co. Er kann alle Songs auswendig, sogar die eigenen Textveränderungen: »Ich liebte ein Mädchen in Steckenborn, die liebte ich ganz toll von hinten und von vorn.«
    Nun ja, das Versmaß ist noch nie Charlys Stärke gewesen, aber was braucht man als rasender Lokaljournalist schon Versmaß.
    Charly Nusselein behauptet übrigens steif und fest, dass sein Kater Incitatus jeden Abend mittels einer eigens angefertigten Vorrichtung eine Tabakspfeife schmaucht. Dies erscheint aber umso unwahrscheinlicher, da Incitatus ein äußerst träger Kater ist, der mit seinem Namensgeber Heißsporn so viel zu tun hat wie der Pulitzer-Preis mit Charly Nusselein.
    Verweisen wir also die Pfeife samt Haltevorrichtung in den Bereich der vielen Nusselein-Legenden, zumal die Geschichte über einen Pfeife rauchenden Kater nun wirklich keinem Menschen wehtut.
    Na ja, von einigen radikalen Tierschützern vielleicht einmal abgesehen.
    Nusselein arbeitet, wie gesagt, seit der Gründung vor sechs Jahren bei dem kostenlosen Eifel-Magazin »Der Hammer«, einer Publikation, der in den letzten Jahren doch immer wieder die eine oder andere – nennen wir es ruhig so – journalistische Sensation von lokalpolitischem Eifeler Weltinteresse zwischen Schleiden und den südlichen Aachener Stadtteilen geglückt ist. Denn auch dort, wo Aachen schon Eifel ist, landet »Der Hammer« in jedem Briefkasten.
    Da war zum Beispiel die Sache mit den unternehmerisch-politischen Machen- und Klüngelschaften von diesem – wie hieß der noch? – Dings aus Simmerath oder die Serie über das angeblich nicht reine Trinkwasser aus der Perlbach-Talsperre.
    Diese Artikel, beide mit der Autorenzeile »Von unserem Redakteur Charly Nusselein« versehen, hatten nicht nur bewirkt, dass der Dings nicht mehr im Simmerather Gemeinderat sitzt und dass das RWE eine ganze Anzeigenseite im »Hammer« stornierte, sondern auch, dass viele selbsternannte Eifeler Alternative den Aufkleber »Keine Werbesendungen in meinen Briefkasten« heimlich mit einem Kartoffelmesser weggekratzt haben.
    Denn den »Hammer« wollten in der Nordeifel und den südlichen Aachener Stadtteilen alle lesen, auch zu dem hohen Preis, dass die Briefkästen nun mit kostenloser Werbung voll gestopft werden dürfen. Immerhin sind hin und wieder bei den Werbestopfaktionen auch kostenlose Waschmittelpröbchen dabei – und die kann nicht nur der Eifeler Alternative gut gebrauchen.
    Die meisten Politiker können, mal mehr, mal weniger – das hängt mit der aktuellen (Selbst)-Betroffenheit zusammen – Charly Nusselein nicht leiden. Aber dies nur am Rande.
    Ganz im Gegensatz zu den Kollegen der fusionierten Nordeifeler Tageszeitung. Sie zollen ihm, glaubt dieser wenigstens, den nötigen Respekt, auch wenn er ihnen – wie gelesen – schon so manche Story »vorgesetzt« hat.
    Ja, ja, es waren nur zwei Storys – doch das ist auf sechs Jahre gesehen in der Nordeifel eine fette Ausbeute.
    Nusselein gibt sich immer recht bescheiden, auf jeden Fall tut er so. Jedem Kollegen- oder Leserlob begegnet er mit dem herunterspielenden Satz: »Das war doch nichts. Ich bin vielmehr der Meinung, dass Schleiden zerstört werden muss, wie Cato, der alte Sack, immer sagte.«
    Woher Nusselein diesen Satz hat, ist nicht überliefert, da er nur über einen Asterix-Lateinschatz verfügt. Erschwerend kommt noch hinzu, dass Nusselein kaum Asterix gelesen
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