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Wer nichts weiß, muss alles glauben (German Edition)

Wer nichts weiß, muss alles glauben (German Edition)

Titel: Wer nichts weiß, muss alles glauben (German Edition)
Autoren: Werner Gruber , Heinz Oberhummer , Martin Puntigam
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einem Selbstmordattentat oder einem Amoklauf. Beide Phänomene haben in den letzten Jahren enormes Aufsehen erregt, beiden wird in ihren Soziotopen unter bestimmten Umständen eine gewisse romantische, fast heroische Anmutung angedichtet, obwohl beide in der Regel lediglich zum Tod von einem oder mehreren Menschen führen.
    Warum machen Menschen so etwas?
    Wenn man klären will, warum Menschen morden, muss man festlegen, was man unter Mord versteht. Nach dem deutschen Strafgesetzbuch versteht man unter Mord eine Tötung, wenn einer der drei folgenden Beweggründe zutrifft:
    Erstens mordet jemand aus niederen Beweggründen, das heißt aus Lust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder anderen niederen Gründen. Schwierig ist es, zwischen Mordlust und Lust zur Befriedigung des Geschlechtstriebs zu unterscheiden. Sicherlich steht die sexuelle Tat im Vordergrund, aber in beiden Fällen wird im Gehirn dasselbe Areal stimuliert. Bei einem Mord aus Habgier geht es ausschließlich darum, dass der persönliche Gewinn vermehrt beziehungsweise Schulden nicht bezahlt werden müssen. Unter anderen niederen Gründen versteht man Rassenhass oder Ausländerfeindlichkeit. Im Gegensatz zur Mordlust sind die Opfer nicht austauschbar. Natürlich gelten auch Wut und Eifersucht oder die Verletzung des Ehrgefühls als niedere Beweggründe.
    Zweitens mordet jemand aus tatbezogenen Beweggründen wie Heimtücke, Grausamkeit und Gemeingefährlichkeit. Was versteht man unter Heimtücke? Der Mörder nutzt Wehrlosigkeit und Arglosigkeit aus, das heißt, das Opfer weiß nicht, was auf es zukommt. Bei der Grausamkeit soll das Opfer leiden. Interessanterweise versteht man darunter auch, dass das Leiden „passiert“, wie zum Beispiel beim Verhungernlassen eines Kleinkinds. Unter einem Mord mit gemeingefährlichen Mitteln versteht man, dass man zwar auf eine Person zielt, aber auch riskiert, andere mit umzubringen – zum Beispiel mit Sprengstoff oder einer vergifteten Speise.
    Als dritter Beweggrund gilt die Verwerflichkeit der Zielsetzung. Das heißt, der Mörder versucht mit einem Mord eine andere Straftat zu ermöglichen oder auch zu verdecken. Darunter könnte man das Töten eines Zeugen verstehen. Diese Unterscheidung gilt für Deutschland. In Österreich ist die Sache einfacher: Wer einen anderen unter Vorsatz tötet, ist ein Mörder. Die Beschränkung auf verwerfliche Gründe ist dem österreichischen Recht fremd.
    Trotzdem müssen wir uns die Frage stellen, warum Menschen morden. Man unterscheidet dabei zwei Phänomene. Einerseits töten Menschen, wenn sie keine Strategie haben, mit einer Situation zurande zu kommen. Andererseits dient das Morden der Befriedigung eines Triebs, ähnlich dem Trieb zu trinken oder zu essen. Warum es eine Lust sein kann zu morden, ist Gegenstand aktueller Forschungen und kann im Moment noch nicht sinnvoll beantwortet werden.
    Bei Amokläufern steht nicht der Lustgewinn im Vordergrund, sondern der Gedanke nach Rache und Genugtuung. Das Wort Amok kommt aus dem Malaiischen und heißt „in blinder Wut angreifen und töten“. Der Täter ist zum Zeitpunkt der Tat unzurechnungsfähig. Gleichzeitig ist er absolut gewaltbereit. Der Amoklauf ist eine psychische Störung, gemäß der Definition der Amerikanischen Psychiatrischen Gesellschaft oder der WHO eine Störung der Impulskontrolle. Es handelt sich um eine Verhaltensstörung, die durch eine Phase des Grübelns und Nachdenkens geprägt ist, die dann in eine gewalttätige und aggressive Phase übergeht. In den meisten Fällen endet diese Phase mit einem Suizid beziehungsweise einem Suizidversuch. Untersuchungen von Amokläufern haben gezeigt, dass rund 50 Prozent eine psychische Störung aufweisen. Zu einem geringeren Anteil hatten Amokläufer sogar schon eine psychiatrische Vergangenheit. Einzelne Ursachen findet man beim Amoklauf nicht – es spielen soziale Faktoren genauso eine Rolle wie die Persönlichkeitsstruktur. Besonders der Verlust des Arbeitsplatzes, der sozialen Integration, persönliche Kränkungen und Partnerschaftskonflikte können im Verbund mit der „richtigen“ Persönlichkeit einen Amoklauf herbeiführen. Diese Faktoren müssen nicht unbedingt unmittelbar vor dem Gewaltausbruch auftreten, sie können auch schon seit längerem bestehen. Auffallend ist, dass die Täter meist männlich sind und weiß, mit einer konfliktgehemmten Persönlichkeit, das heißt, sie scheuen Konflikte. Die aggressive Phase wird durch allmähliche
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