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Wer hat das Rind zur Sau gemacht?

Wer hat das Rind zur Sau gemacht?

Titel: Wer hat das Rind zur Sau gemacht?
Autoren: Udo Pollmer , Andrea Fock , Monika Niehaus , Jutta Muth
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den Rückständen der Biodieselproduktion Schmierfette für Maschinen oder wohlriechende Schönheitscremes für Möchtegernmodels. 1 In den Kläranlagen fallen ebenfalls Fette an. Diese haben bereits reichlich Dioxine aus dem Regenwasser bzw. dem Abwasser aufgesogen – denn im Straßenstaub und Abwasser steckt besonders viel Dioxin. 2,11,26 Selbstverständlich lässt sich die eklige Brühe für «saubere Energie» recyceln, vor allem, weil man auf diese Weise den aufwendigen Abbau des Fettschlamms in den Faultürmen der Kläranlage vermeiden kann. Nach einer etwaigen Verwertung des noch brauchbaren Fettanteils bleiben reichlich «Mischfettsäuren» übrig.

Minister in der Recycling-Falle
    Dieselben Probleme bereitet der dioxinhaltige Kalk, der beim Entschwefeln der Industrieschlote anfällt. Wer ihn nutzbringend verwenden kann, ist ein gemachter Mann. Schon bei einem großen Dioxineier-Skandal im Jahr 1999 lag es auf der Hand, dass belasteter Kalk aus der Rauchgasentschwefelung ins Legemehl für die Hühner gemischt wurde. 22 Als sich zehn Jahre später auffällig hohe Dioxinrückstände in Milch und Butter fanden, entpuppten sich gekalkte Zitrusschalen aus der brasilianischen Orangensaftkonzentrat-Herstellung als Ursache. 17 Diese für den Menschen ungenießbaren Reste sind ein wertvoller Bestandteil unseres Rinderfutters – sofern sie frei von Entschwefelungskalk sind.
    Der kritische Punkt ist seit jeher die Müllentsorgung, die Recyclingbranche. 21 Nicht, weil diese Branche eine höhere kriminelle Neigung hätte als andere, sondern weil die Verlockung wächst, Nebenprodukte des Recyclings nicht zu vernichten, sondern wieder in die Stoffkreisläufe einzuschleusen. Und das ist ganz einfach: Die Abfälle werden beim Verkauf noch korrekt deklariert, aber dann geht die Ware auf dem Papier an einen Kollegen in China. Der verkauft sie weiter an eine belgische Firma und die wiederum an ein deutsches Futtermittelwerk. Jetzt kommt der Spediteur und fährt die Ware von A-Dorf nach B-Dorf. Inzwischen hat sich die Auslobung der Ware durch einen kleinen Übersetzungsfehler der in China ausgefertigten Papiere – zumindest auf dem Lieferschein – ein wenig verbessert.
    Zurück zu den Mischfettsäuren und der Sache mit dem Minister: Deren Belastung mit Dioxinen ist der Fachwelt seit langem bekannt. So war es höchst verdienstvoll, dass an der Universität Oldenburg ein Verfahren entwickelt wurde, um Dioxine per Aktivkohle abzutrennen und dann zu Kochsalz und Wasser abzubauen. 13 Die Erfinder wandten sich an den damaligen Umweltminister Jürgen Trittin, um für ihre Technik zu werben, stießen jedoch auf Ablehnung. Der grüne Politiker vermochte sich nicht für die rückstandsfreie Entsorgung des «Ultragiftes» zu erwärmen 7 – über seine Gründe kann nur gerätselt werden: Ob ihm eine öffentliche Diskussion darüber, dass bei der Erzeugung «grüner Energie» Dioxine anfallen, zu heiß war? Wir wissen es nicht. Aber als seine Mitverantwortung für die Ablehnung des Oldenburger Verfahrens erkennbar wurde, verloren die Medien jedenfalls schlagartig ihr Interesse an dem brisanten Thema. Wer wollte schon statt eines Futtermittelwerks einen grünen Verbraucherschützer an den Pranger stellen?
    Das ist sehr bedauerlich, denn mit der fraglichen Technik hätten sich nicht nur Dioxine elegant aus Recyclingabfällen entfernen lassen, sondern auch zahlreiche andere Schadstoffe. 14 Damit wäre eine neu entstandene Lücke im Verbraucherschutz wirksam geschlossen worden. Bisher waren die Maßnahmen zur Minimierung der Dioxinbelastung ja recht effektiv. Nimmt man den Dioxingehalt im Körperfett als Maßstab für die Belastung des Menschen, darf sogar entwarnt werden: Er ist in den letzten zwanzig Jahren um mehr als die Hälfte gesunken. Insofern waren wir auf einem guten Weg. 3,24

Feuer und Flamme für einen Schlankmacher
    So erfreulich die Gesamtentwicklung ist, so diffus ist das Bild, das sich im Detail zeigt. Da Dioxine bei Verbrennungsprozessen jeglicher Art entstehen, gibt es unzählige Quellen, die für Eintrag in die Umwelt sorgen. Denn irgendwo brennt immer etwas – seien es Zigaretten, Heizungen, Krematorien, Wälder, Dieselmotoren, Vulkane oder Müll. Eine der vielfältigen Quellen von Dioxinbelastungen wurde 1991 auf Sport- und Spielplätzen ausgemacht: Das als Belag verwendete «Kieselrot» – insgesamt 800000 Tonnen Schlacken aus den Kupferhütten – war randvoll mit Dioxinen; es enthielt das Millionenfache dessen,
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