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Wer Braucht Schon Eine Gucci-Tasche

Titel: Wer Braucht Schon Eine Gucci-Tasche
Autoren: Dee Davis
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besuchte. Man hatte uns unsere Rollen entsprechend unseres Talents zugewiesen. Ich sollte ein Tor darstellen. Was im Grunde lediglich erforderte, dass ich in der zweiten Reihe stand und einen Hula-Hoop-Reifen vor und zurück schwenkte. Ich muss wohl nicht erwähnen, dass ich nicht der Star der Aufführung war, aber Althea hatte applaudiert, als wäre ich eine Primaballerina bei der Premiere.
    Es gab zahllose Erinnerungen. Ich hatte sie nur nie als das erkannt, was sie waren.
    »Ich bin immer noch böse auf dich«, sagte ich und löste mich von ihr.
    »Ich weiß. Und du hast jedes Recht dazu. Ich hätte es klüger anstellen müssen. Aber ich habe nur versucht zu helfen.«
    Und da hatten wir es. Das reinste aller Motive. Selbst im Angesicht der Katastrophe, die sich mein Leben schimpfte, entging mir die Aufrichtigkeit in ihrer Stimme nicht. Sie liebte mich. Das wusste ich mit einem Mal.
    »Und was hast du mitgebracht?«, fragte sie in der Absicht, die Stimmung zu lockern.
    »Bernies Muffins.« Ich hielt ihr einen mit Alufolie abgedeckten Teller hin. »Die fehlende Zutat ist Zitronenschale.«
    »Hat sie es dir also endlich verraten?«
    »Nein.« Ich schüttelte den Kopf. »Ich habe es von allein herausgefunden. Neben ein paar anderen Dingen.«
    »Ich wusste, dass du irgendwann darauf kommen würdest.« Althea lächelte vieldeutig. »Das tust du doch immer.«
    »Richtig«, stimmte ich zu. »Nur manchmal dauert es eben eine Weile.«
    »Manchmal muss erst eine Krise kommen, damit wir erkennen, was wir die ganze Zeit vor der Nase hatten.«
    »Davon hatte ich in letzter Zeit ja mehr als genug«, erwiderte ich und setzte mich aufs Sofa. Der Raum mit seinen Creme-, Rosé- und Türkistönen war sehr elegant. Ganz Althea. »Obwohl ich mir die eine oder andere selbst eingebrockt habe.«
    »Tja, wenigstens bist du in der Lage, es zuzugeben. Das können nicht viele.« Sie stellte den Teller mit den Muffins auf den Tisch. »Und wo wir schon dabei sind – ich entschuldige mich für den Teil, der auf mein Konto geht. Ich wollte dich nicht verletzen.«
    »Ich weiß.« Ich nickte. »Ich will auch nicht behaupten, dass das hilft. Aber ich weiß es.«
    Einen Moment lang saßen wir schweigend da, ehe ich mich mit einem Seufzer ins kalte Wasser stürzte. »Bernie hat mir erzählt, was passiert ist. Mit Philip DuBois und meiner Mutter.«
    »Ich weiß. Sie hat angerufen, um es mir zu sagen.«
    »Um dich zu warnen, meinst du.« Ich lächelte schwach. »Ich war ziemlich aufgebracht.«
    »Woraus ich dir keinen Vorwurf machen kann. Ich hätte dir schon vor langer Zeit die Wahrheit sagen müssen. Ich war nur nicht sicher, ob das wirklich nötig ist. Und ich fand die Vorstellung schrecklich, dein Bild von deiner Mutter zu zerstören.«
    »Nein. Es war wichtig für mich, endlich zu verstehen, was wirklich passiert ist. Scheint so, als hätte ich eine Menge falscher Eindrücke mit mir herumgeschleppt. Ich glaube inzwischen sogar, dass das eine Spezialität von mir ist.«
    »Du willst nur das Beste in allen sehen. Dagegen gibt es nichts einzuwenden.«
    »Na ja, in dir habe ich nicht das Beste gesehen. Stattdessen habe ich dir die Schuld dafür gegeben, was mit meiner Mutter passiert ist. Ich dachte, du hättest sie aus dem Haus getrieben.«
    Althea lachte. »Als ob ich das jemals geschafft hätte. Deine Mutter hätte nie etwas getan, was sie nicht wollte.«
    »Zum Beispiel, mich einfach zurückzulassen.« Ich verabscheute die Bitterkeit in meiner Stimme, doch ich konnte nicht anders. Die Wahrheit war nun einmal schmerzhaft. »Und all die Jahre habe ich an einen Menschen geglaubt, der gar nicht existiert.«
    »Sie existiert durchaus, Andrea. Auf einer bestimmten Ebene. Deine Mutter lebt im Hier und Jetzt. Und wenn du die Gelegenheit hast, diesen einen Moment mit ihr zu teilen, kann es wie Magie sein.«
    »Ist das dein Ernst?«
    »Ja«, antwortete sie. »Die Menschen sind, wie sie sind. Genau so müssen wir sie akzeptieren. Sonst werden wir nur enttäuscht. Und ich bezweifle keine Sekunde, dass Melina dich liebt. Sie weiß nur nicht, wie man sich als Mutter verhalten soll.«
    »Aber du hattest keine Angst davor, dich dieser Aufgabe zu stellen. Und dabei war ich noch nicht einmal dein Kind.«
    »Du warst immer mein Kind, Andrea.« Lächelnd drückte sie meine Hand. »Vom ersten Augenblick an, als ich in dein winziges Gesichtchen gesehen habe. Ich musste keinen Moment lang überlegen. Es war kein Opfer für mich.«
    »Aber du hast Philip
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