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Wer braucht denn schon Liebe

Wer braucht denn schon Liebe

Titel: Wer braucht denn schon Liebe
Autoren: Marte Cormann
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Leinenüberwurf heraus, der ihr als Zudecke diente.
    Und du bringst mir auch bestimmt ’nen Lutscher mit?
    Wenn du willst, auch zwei, mein Liebling.
    Aber keine gelben. Die sind mir zu sauer.
    Ich mag die Farbe auch nicht. Die Eifersucht ist gelb und der Neid auch. Wie wär’s mit einem roten für die Liebe und einem grünen für die Hoffnung?
    Mmmh. Komm bald wieder, Mami!
    Ich verspreche es dir.
    An dieser Stelle von Karens Traum verlor sich die Stimme ihrer Mutter regelmäßig irgendwo im Nichts. Seit fast zwanzig Jahren. Seit der Nacht, in der Petra Rohnert mit Federico mal eben schnell Zigaretten am Kiosk holen gegangen war.
    Schwer atmend erwachte Karen. Mit weit geöffneten Augen starrte sie in die Nacht hinein.
    Sie hasste den Traum.
    Wie ein Bumerang kehrte er ausgerechnet dann zurück, wenn sie am wenigsten damit rechnete.
    Es gab kein Vergessen. Nicht, solange sie ihrer Mutter nicht gegenübertreten konnte, um ihr die einzig wichtige Frage zu stellen.
    Warum hast du mich im Stich gelassen?
    Sie hatte nie eine befriedigende Antwort darauf bekommen. »Die Liebe«, pflegte ihre Großmutter mit zusammengepressten Lippen verbittert zu murmeln, wenn die Sprache auf ihre Tochter kam.
    Erschöpft wälzte Karen sich auf die Seite.
    Liebe?! Pah! Wenn jemanden zu lieben bedeutete, ihn zu verletzen, dann konnte sie wirklich sehr gut darauf verzichten.
    Wer braucht denn schon Liebe?!
    Über diesem Gedanken fielen ihr erneut die Augen zu.
    Als Karen das nächste Mal erwachte, stand die Sonne bereits hoch am Himmel. Zu ihrem Erstaunen war es stickig schwül im Zimmer. Dabei hätte sie schwören können, dass sie das Fenster am Vorabend offen gelassen hatte. Trotzdem klebte ihr nun das Nachthemd am Körper, während ihr die Zunge trocken im Mund pappte.
    »Hallo!« Kevin, sehr sanft, dicht neben ihr.
    Entsetzt blinzelte Karen zu ihm auf. Es war entschieden der falsche Moment, um sich mit ihm auseinanderzusetzen. Zumal er im Gegensatz zu ihr so verdammt gut aussah.
    Und nach einem schweren, sinnlichen Parfum duftete, das sie früher noch nie an ihm bemerkt hatte.
    »Wie spät ist es?«, fragte sie mit schneller klopfendem Herzen, um Zeit zu gewinnen.
    »Gleich halb zwei. Du hast geschlafen wie ein Murmeltier, hat mir Luigi von der Rezeption erzählt. Er scheint übrigens richtig besorgt um dich zu sein.« Lächelnd und immer noch sehr sanft griff Kevin nach ihrer Hand.
    »Ganz im Gegensatz zu dir«, giftete Karen. »Wo hast du gesteckt?! Ich war drauf und dran, die Polizei zu rufen!«
    »Ja, hast du denn meine Nachricht nicht bekommen?«
    Erbost schnellte Karen in die Höhe. »Als ob die mich beruhigt hätte!« Verärgert wehrte sie Kevins Hand ab, mit der er sie in seine Arme ziehen wollte.
    Das Seminar für Konfliktbewältigung, das sie während des Studiums belegt und das ihr im Job schon viele gute Dienste geleistet hatte, kam ihr wieder in den Sinn. Deeskalation lautete das Gebot der Stunde. Am besten, sie verschwand erst einmal im Bad, um sich frisch zu machen, bevor sie das Gespräch fortsetzten. Auf diese Weise gewannen sie beide ausreichend Zeit, um sich zu beruhigen. Das Wochenende war bereits verkorkst genug. Vielleicht war ja wenigstens der Rest davon noch zu retten.
    Doch sein Blick, als sie die Bettdecke zurückschlug, machte ihr wenig Hoffnung. Er wirkte geradezu peinlich berührt beim Anblick des nicht gerade blickdichten Negliges über ihrem wohlproportionierten Körper. Vor zwei Tagen noch hatten ihn dieselben Rundungen fast um den Verstand gebracht.
    Da stimmt was nicht.
    »Ich spring rasch unter die Dusche«, sagte sie. »Lass uns gleich beim Essen weiterreden.«
    Wie elektrisiert fuhr Kevins rechter Zeigefinger in den Hemdkragen, um ihn zu lockern. Plötzlich schien er sich extrem unwohl in seiner Haut zu fühlen. »Karen, es tut mir Leid – aber ich kann nicht bleiben. Ich bin bereits zum Essen verabredet.«
    Sehr sorgfältig legte Karen die Decke wieder über ihre nackten Beine. Sie spürte, wie sich die kleinen Härchen in ihrem Nacken aufrichteten. Wie bei einem Igel die Stacheln, wenn er Gefahr wittert.
    »Ich höre!«
    Unglücklich fuhr Kevin sich mit den Händen durch die Haare. »Lach bitte nicht, aber – ich habe mich verliebt.«
    Fassungslos beobachtete sie, wie er nervös aufsprang und erregt durchs Zimmer lief. »Das ist nicht dein Ernst!«
    »Ich weiß, es ist alles meine Schuld. Und es ist bestimmt auch der denkbar schlechteste Zeitpunkt, mich ausgerechnet an diesem Wochenende zu
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