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Wenn moeglich bitte wenden - Abenteuer eines Autofahrers

Titel: Wenn moeglich bitte wenden - Abenteuer eines Autofahrers
Autoren: Lutz Schumacher
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ist der Epremo brillianza- da werden Sie staunen, was der alles drin hat. Doch das Allerschönste: Er steht auf dem Hof. Und was sagen Sie? Sie können ihn gleich heute mitnehmen.«
    »Das ist prima«, meinte Harald reserviert. »Den Vorteil kann ich aber noch nicht ganz erkennen, Sie hatten mir doch sowieso schriftlich mitgeteilt, dass mein Wagen heute abgeholt werden kann.«
    »Ja, aber was für ein Wagen!«, rief Bertram, stirnrunzelnd das »was« mit gespielter Entrüstung betonend. »Ein Epremo Rudimento! Tsss, wer fährt denn heute noch so was?«
    Harald dachte kurz an das zurückliegende Verkaufsgespräch, bei dem Bertram ihm denselben Wagentyp als das Nonplusultra automobiler Ingenieurskunst angepriesen hatte. Doch er hatte keine Zeit, diesen Sinneswandel zu analysieren, weil Bertram ihn auf den Hof drängelte, während er unablässig eine endlose Kette zusätzlicher Ausstattungsmerkmale aufzählte. Offenbar war der Rudimento nur eine bessere Dampfmaschine gewesen.
    »Das Radio zum Beispiel, das ist nicht irgend so ein Radio, das ist eine kleine Radiostation«, plapperte Bertram. »Da bekommen Sie Sender aus der ganzen Welt in digitalster Qualität rein. Und die Sensorik, sage ich Ihnen, die ist feinfühliger als Ihre Frau, haha, sie misst Regendichte, Lichtintensität, Füllstände aller Betriebsflüssigkeiten, sogar das Insassengewicht...«
    Harald starrte Bertram an. »Na, wegen des Reifendrucks!
«, rief Bertram. »Der wird nach jeder Völlerei ganz automatisch angepasst, haha. Zudem hat der Wagen einen HAL-9000-Bordcomputer, das ist der allerneueste Schrei, der führt Sie in eine andere Dimension des Autofahrens...«
    »Grün«, unterbrach Harald und starrte den Wagen an.
    Bertram blickte irritiert auf. »Wie meinen...?«
    »Grün«, wiederholte Harald. »Der Wagen ist grün, ich hatte eisgrau metallic bestellt.« Ein unheilvolles Schweigen breitete sich aus.
    »Gut, aber er hat einen Air-Clean-Controller und Lauflichter unter der Abdeckplatte«, nuschelte Bertram, deutlich kleinlauter. »Wenn Sie mir vielleicht jetzt für den Schriftkram ins Büro folgen würden...«
    Nachdem er einen Nachlass von zwei Prozent wegen der falschen Farbe herausgeschlagen hatte, verließ Harald entnervt die Verkaufsräume und steuerte sein Technikwunder an.
    »Soll ich Ihnen eine Basis-Einführung in die Wagenbedienung geben?«, rief Bertram ihm nach.
    »Nicht nötig«, knurrte Harald. »Ich bin schon mal Auto gefahren.« Bertram schaute ihm höhnisch nach. Nur wenige Augenblicke später hätte sich Harald für seine Arroganz verwünschen können. Das Öffnen der Türen war ihm noch leicht von der Hand gegangen. Doch schon beim Einstecken des Wagenschlüssels tauchten ernste, sehr ernste Probleme auf.Wo, zum Teufel war das Zündschloss? Rechts neben dem Lenkrad war jedenfalls nichts.
    Harald nahm die Konsole neben dem Lenkrad ins Visier. »Warum müssen die eigentlich immer alles anders machen als früher?«, dachte er völlig verärgert. »Jahrzehntelang
hat man den Autoschlüssel in ein Schloss rechts neben dem Lenkrad gesteckt. Das war klar, das war bewährt, das war gelernt. Aber das wäre ja zu einfach, das könnte ja jeder, da wäre der Herr Auto-Star-Designer ja nicht glücklich«, schimpfte Harald vor sich hin, während er fahrig die gesamte Innenraumverkleidung abtastete. »Mittelkonsole«, schoss ihm durch den Kopf – doch dort waren leider nur eine Handy-, eine MP3-Player-Vorrichtung und ein Handschuhfach untergebracht. Auch unterm Lenkrad und in der Armlehne hatte er keinen Erfolg.
    Harald fluchte, er wollte endlich losfahren, zumal ihn seine Blase ein wenig drückte. Um jeden Preis musste er jedoch vermeiden, in die Verkaufsräume zurückzugehen und diesem scheußlichen Bertram wieder in die Hände zu fallen. Zu allem Übel blendete ihn die tiefstehende Nachmittagssonne ganz fürchterlich, das Licht brach sich in den Pfützen des Platzregens vom Vormittag und stach ihm in die Augen. Seine Sonnenbrille lag natürlich zu Hause. Harald klappte die Sonnenblende herunter- da sah er die Schlüsselöffnung. »Ich fasse es nicht«, flüsterte er heiser. »Unter der Sonnenblende!! Wer denkt sich so einen Dreck aus?«
    Der Motor lief. Harald stellte die Automatik auf D wie Drive. Nichts geschah. Harald nestelte an der Handbremse herum, allerdings ohne irgendeine Wirkung zu erzielen. »Was zum Teufel...«, brummelte er ungeduldig, da machte es auf einmal »Binng«, und eine von Meeresrauschen und zarten Harfentönen
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