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Wenn Das Leben Dir Eine Zitrone Gibt, Frag Nach Salz Und Tequila

Titel: Wenn Das Leben Dir Eine Zitrone Gibt, Frag Nach Salz Und Tequila
Autoren: Sonya Kraus
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hören, wie ich es fertigbrachte, in fast jeder Lage noch irgendetwas Positives zu finden? Dass es jede Menge Gründe gibt, zu lachen, zu lächeln und das Leben großartig zu finden und eben – vor allem – nichts zu bereuen? Der Grund für meine Zweifel hatte auch damit zu tun, dass ich eben nun mal nicht Arzt, Psychologe oder sonst ein Experte war, sondern die Quassel-Blondine aus dem Fernsehen, deren Hirn viele Zuschauer in den Hupen vermuten. Aber es war nicht nur das. Ich hielt meine lebensfrohe Haltung einfach für total normal und selbstverständlich. Wollte ich hier nicht Hunden das Bellen beibringen?
    Aber nachdem ich meine arme Blase erleichtert, wenig später meine Begierden (nur nach Süßem und Salzigem!) gestillt hatte und meine Birne wieder funktionierte, wurde mir plötzlich etwas klar. Allein die Existenz dieser Frage »Wäre jetzt das Ende Ihres Lebens – was hätten Sie noch gern gemacht?« und dass es offenbar jede Menge Leute gab, die darauf leider etwas zu antworten wussten, war mein ersehntes Aha-Erlebnis. Jawohl, mein Buch hatte seine Berechtigung! Es war eben nicht total normal und selbstverständlich, das Beste aus seinem Leben zu machen – und ich hatte hier eine großartige Chance bekommen. Es war gut, dass ich auf meine Freunde, den Verlag und all die anderen gehört hatte, die mich immer wieder dazu gedrängt hatten, die »Geheimnisse« meines »sonnigen Gemüts« (O-Ton Exchef) und meiner guten Laune zu Papier zu bringen.
    Und plötzlich erinnerte ich mich noch an etwas anderes. Nämlich an einen – Verzeihung – esoterischen Klugscheißerspruch, der früher auf unserem Schulklo mit Edding an die Wand gekritzelt war:
     
    Träume nicht dein Leben – lebe deine Träume!
     
    Dieser hochpoetische Erguss, der vermutlich aus der Feder meiner Ökoklassenkameradin Edda-Swantje stammte, nervte mich damals enorm. Jedenfalls dann, wenn ich in der Fünf-Minuten-Pause gerade verzweifelt im Spülkasten nach den dort versteckten Formeln für die laufende Mathearbeit fischte, um mich vor dem sicheren Untergang im Zeichen des Pythagoras zu bewahren. In solchen Momenten hätte ich eher dem Spruch direkt daneben noch ein paar fette Extra-Ausrufezeichen verpasst: Das Leben ist kein Wunschkonzert! Doch dazu blieb leider keine Zeit. Kazong – Klotür zugeknallt und zurück in die gnadenlose Zahlenschlacht. Ein gelebter Traum? Wenn überhaupt, dann war das gerade ein Albtraum.
    Aber auch die schlimmste Schulzeit hat einmal ein Ende, und spätestens dann hat man Gelegenheit, den Wahrheitsgehalt der Klo-Poesie im wahren Leben zu überprüfen. Heute, fast zwanzig Jahre später, bin ich »altersweise« und habe gelernt: Das Leben ist in der Tat kein Wunschkonzert! Auch kein Ponyhof oder ein Kitschroman von Rosamunde Pilcher. In der Regel kommt eher selten irgendwo ein britischer Adliger in Jude-Law-Optik um die Ecke, der uns in sein malerisch auf den Klippen von Wales gelegenes Anwesen entführt, wo wir fortan mit Herzchen in den Augen nur noch die Blumendeko arrangieren dürfen, sofern wir nicht gerade ausreiten oder golfen.
    Nein, die meisten von uns, mich eingeschlossen, müssen selber ihre Rechnungen bezahlen und gucken, wie die Flocken reinkommen. Da kann man nun mal nicht wie in der Bacardi-Reklame im Dauerurlaub auf Barbados in der Sonne brutzeln und den lieben Gott einen guten Mann sein lassen (okay, Surflehrer und Tauchschulbesitzer sind jetzt mal ausdrücklich ausgenommen). Nicht nur das! Immer wieder passieren Sachen, die nicht in unserer Macht liegen. Absolut unerwünscht stehen wir etwa in der Vollsperrung auf der Autobahn, jährlich nervt die unerwünschte Steuererklärung, wir kriegen unerwünschte Pickel, Knöllchen, Zahnschmerzen oder Grippe. Wenn’s ganz schlimm kommt (und – jetzt müssen Sie ganz stark sein! – früher oder später tut es das), sterben Menschen, die uns etwas bedeuten. Und das haben wir uns ja ganz sicher nicht gewünscht.
    Es kommt sogar noch schlimmer: Irgendwann schlägt auch für uns das letzte Stündlein. Dann ist es aus, finito, vorbei.
    Find ich grundsätzlich nicht schlimm. Wenn wir tot sind, merken wir ja nix mehr. Aber in der Minute davor sollte man – verdammt noch mal – nichts bereuen. Etwa, keinen Spaß im Leben gehabt zu haben, als das noch ging. Wenn wir den unerwünschten Ereignissen, Sachzwängen und den Erwartungen der lieben Mitmenschen so viel Macht gegeben haben, dass Sie uns die Laune verhageln konnten.
    Auf der Schulklo-Wand gab es noch
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