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Wenn das der Führer wüßte

Wenn das der Führer wüßte

Titel: Wenn das der Führer wüßte
Autoren: Otto Basil
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wieherte jäh ein Pferd, es war ein Todesschrei. Mit sanfter Gewalt versuchte man, ihn auf den Sitz zu zerren. „Der Füh – rer! Der Füh – rer!“ seufzte wieder die Menge.
    Höllriegl schüttelte die Griffe ab, die, wie ihm vorkam, plötzlich eisern geworden waren. Ein baumlanger Mensch, er hatte hinter dem Türflügel an der Wand gelehnt, vertrat ihm den Weg. Höllriegl, von Schwindel gepackt, drängte ihn zur Seite, fast wäre es zu einem Handgemenge gekommen. Die Tür war erreicht, und des Lärms nicht achtend schlug er sie krachend hinter sich zu. Die Helligkeit des Flurs nahm ihn auf – in ihre Arme.
     
    Es war etwa zwanzig vor drei. Um 15 Uhr hatte Höllriegl bei den Eyckes die Pendelmutung. Er fühlte sich fiebrig, ohne krank zu sein, und unruhig lenkte er den Wagen durch die Gäßchen der Altstadt, um den Weg abzukürzen. Die Salinen und das Solbad mit den davor sich stauenden Autos ließ er zur Linken; gleich hinter dem Felsen, den die Ruine der Oberburg krönt, bog er in die Guderian-Allee ein, eine Ausfallstraße, wo zur Zeit, am Sonnabendnachmittag, der Verkehr schon abgeebbt war. Er stieg aufs Gaspedal und sauste dahin, einen nervösen, drückenden Schmerz im Genick. Das Ziel lockte, zugleich aber war es ihm, als sollte er die Begegnung mit Frau von Eycke hinauszögern. Jetzt, da er sich dem Ziel langgehegter Wünsche näherte, schreckte er zurück. Wie unmännlich! Trotzdem: das unklare Gefühl des Bedrohtseins wollte nicht weichen.
    Mittags hatte es, zu früh im Jahr, leicht geschneit, nun aber riß die Wolkendecke streifig auf, ein grünliches Blau, das Blau eines Herbsthimmels, der Sommer spielt, zeigte sich unvermutet, und eine wäßrige Sonne übergoß die Waldhänge des Schlachtberges, an denen er vorüberflitzte, mit falschem Scheinwerferlicht. Höllriegl kam durch eine lähmend warme Zone, die Luft hatte hier stellenweise den Asphalt aufgetrocknet. Aber hie und da traf ihn heimtückisch ein eisignasser Windstoß.
    Der Vortrag über die dem Reich bis zum Ural eingegliederten Tschandalengebiete – bis zum Ural, dem mit Atomminen und Kernwaffen gespickten Ostwall des Abendlandes – hatte ihn, obwohl er das meiste wußte, wieder einmal mächtig aufgewühlt und beglückt. Ein Kranz von reichsabhängigen Staaten, vom Protektorat Baltikum und Finnland im Westen – die Ostsee war ein deutsches Binnenmeer – bis zu den ehemaligen Reichskommissariaten, jetzt Eidgenossenschaften Kaukasien, Transkaukasien und Rusj (Ukraine), denen vom Führer eine eigene ständische Verfassung nach mittelalterlichem Muster zugebilligt worden war (zur Belohnung, daß sie sich als erste gegen das apokalyptische Tier des Bolschewismus erhoben hatten), und den Fronvogteien Chiwa, Buchara, Kirgisien, Khakassien und Altai – auch Tibet gehörte zur deutschen Einflußsphäre, die Mongolei zur japanischen – umgab die von deutsch-blutigen und nordischen Wehrbauern besiedelten Nord- und Mittelgaue der einstigen Sowjetunion. Ein tiefgestaffeltes System von Befestigungen und Siedlungsgürteln sicherte das endlose Ostland. Überall waren die Lichtbringer am Werk. Dort, wo früher Vernichtungslager (UmL-V) bestanden hatten, erhoben sich jetzt auf künstlichen Hügeln – die, wie es hieß, eigentlich Schädelstätten waren – die Trutzburgen der SS -Schwurmänner und die Walhallen der Ariosophen. Der Referent hatte einen überaus eindrucksvollen Farbfilm über das Leben in diesen Grenzburgen vorgeführt, deren einheitlich gotische Monumentalarchitektur vom Führer selbst entworfen worden war. Verstreut über das weite slawische Land gab es auch Tausende von rassischen Zuchtanstalten, in denen die künftigen Eliten des Herrenvolkes heranwuchsen. Gleich nach dem Sieg hatte man dort Germanisch-Blond mit Slawisch-Blond (dem Warägerstamm) erfolgreich zu kreuzen begonnen; just diese Bastarde hatten sich später als besonders fanatische Kämpfer gegen die mongoliden Untermenschenreste ostwärts des Jenissei erwiesen: sie waren hinausgezogen in die Steppen, Urwälder und Eiswüsten, um dort mit Feuer und Schwert das Heiltum der arischen Urglyphe, des Hakenkreuzes, zu verkünden, das Tschandalengewürm zu zertreten und die entvölkerten Gebiete für künftige Reinzuchtkolonien urbar zu machen. All das war erst im Werden, jedoch schon jetzt von solcher Großartigkeit, daß es einem den Atem verschlug. Heil dem Führer, der solches geschaffen hatte!
    Diese Eindrücke tauchten in Höllriegls Gehirn nicht in der hier wiedergegebenen
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