Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wendland & Adrian 03 - Nachtauge

Wendland & Adrian 03 - Nachtauge

Titel: Wendland & Adrian 03 - Nachtauge
Autoren: Thomas Görden
Vom Netzwerk:
schamanischen Schutz. Dies ist ein Ort des Friedens. Kein Mensch wird hier getötet. Du kannst mit ihm sprechen, sagte sie sich, er ist ein magisches Wesen wie die Krafttiere aus der Geisterwelt. »BALAM!«, rief sie mit der lautesten und machtvollsten Stimme, die sie angesichts der beängstigenden Lage zustande brachte. »Ich bin die Hüterin dieses Reiches. Du bist hier nicht willkommen! Verschwinde! Geh zurück in den Dschungel, wo du hingehörst. Du wirst hier nicht töten!« Chris spürte, wie mit jedem Wort ihre Kraft wuchs. Die Bärin erwachte in ihr und sie hatte das Gefühl, körperlich zu wachsen wie eine Bärin, die sich kampfbereit auf die Hinterbeine stellt. Auch Mister Brown schien seinen Mut wieder zu finden. Er knurrte plötzlich so laut und tief, wie Chris es bei ihm noch nie gehört hatte. »Dieser Mann mag schlimme Verbrechen begangen haben, für die er eine gerechte Strafe verdient. Aber du wirst ihn nicht töten. Ich verbiete es dir!«, sagte Chris.
    Der Jaguar schaute sie an. Seine gelben Augen schienen von innen zu leuchten. Er fauchte grollend und Chris spürte seine Macht wie einen eisigen, tödlichen Hauch. Er war ein Wesen des Todes und sie erkannte jetzt ganz klar, dass er mit einem echten, materiellen Jaguar aus Fleisch und Blut, diesem wunderschönen Tier, nichts gemein hatte. Bilder des Todes tauchten vor Chris’ innerem Auge auf. Sie sah Menschen, die in angstvoller Düsternis lebten und im Namen rachsüchtiger Götzen schreckliche Kriege führten. Sie sah, wie Gefangene in grausamen Opferritualen hingerichtet wurden, um mit ihrem Blut diese kalten, unbarmherzigen Götter zu besänftigen.
    »Verschwinde!«, rief Chris wieder. »Du bist hier nicht willkommen!«
    Jonas war zurückgekehrt, stand an der Tür und starrte entsetzt auf den Jaguar, der sich von Bishop abgewandt hatte und geduckt auf Chris zupirschte. Mister Brown knurrte jetzt noch lauter. Er war ungefähr so groß wie der Jaguar, aber konnte er gegen ein magisches, dämonisches Wesen etwas ausrichten?
    Plötzlich spürte Chris, dass die Kraft der Bärin stärker war als jene dunkle Bosheit, die der Jaguar ausstrahlte. »Verschwinde!«, sagte sie noch einmal. Gleichzeitig sandte sie ganz bewusst eine helle, heiße Energie aus und stellte sich vor, wie diese Energie den Jaguar einhüllte und ihn seiner Macht beraubte.
    Er löste sich auf. Für einen Augenblick flimmerte er wie eine Fata Morgana im Wüstensand, dann verschwand er so spurlos, wie er gekommen war.
    »Heilige Scheiße!«, ächzte Jonas. »Es ist doch immer wieder gut, eine Schamanin im Haus zu haben.«
    Chris wischte sich den Schweiß von der Stirn. Ihre Knie zitterten und sie musste sich einen Moment schwer atmend gegen die Wand lehnen. Mister Brown wedelte mit dem Schwanz und rieb seinen Kopf an ihrem Bein. »Ja, zuweilen sind wir ganz nützlich«, sagte sie und versuchte zu lächeln, aber ihre Mundwinkel zitterten.
    Mario öffnete plötzlich die Augen und setzte sich auf. Er starrte Chris wütend an. »Du ... du hast mir wehgetan!«, sagte er. »Du hast dem Jaguar Schmerz zugefügt. Der Mann da verdient den Tod. Du hast die Rache des Jaguars verhindert. Damit hast du dich mitschuldig gemacht.«
    »Jetzt halt aber die Luft an!«, entgegnete Chris heftig. »In meinem Haus wird niemand getötet, egal, was er ausgefressen haben mag. Und mit diesem verdammten Killer-Jaguar will ich nichts zu schaffen haben.«
    »Aber allein deshalb bin ich hier«, sagte Mario. »Ich bin Nachtauge. Ich bringe den Tod. Blut für Blut.« Seine Stimme klang kalt, sein Gesicht war eine starre gefühllose Maske. »Du darfst dich dem Gesetz der Rache nicht in den Weg stellen, sonst wirst du vernichtet. Ich weiß jetzt, wer ich bin. Ich habe meine wahre Bestimmung erkannt. Meine Erinnerung ist zurückgehrt. Ich bin ein Wächter.«
    »Aber was zum Teufel ist ein Wächter?«, fragte Jonas entnervt. »Du bist also einer von den Balam-Leuten. Gut. Aber WAS seid ihr, verdammt noch mal?«
    »Das hat euch nicht zu interessieren.« Mario sagte es kühl und arrogant. Er schwang die Beine vom Sofa und setzte sich. »Ich werde meine Rache vollenden und Bishop mitnehmen. JETZT!«
    Chris hatte die Pistole völlig vergessen. Ihre rechte Hand, die sie hielt, war schlaff herabgesunken. Unvermittelt machte Bishop einen Satz auf sie zu, entriss ihr die Waffe, richtete sie auf Mario und schoss, leerte das ganze Magazin.
    Entsetzt sah Chris die Kugeln in Marios Brust einschlagen. Stöhnend sank er aufs Sofa
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher