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WELTEN-NEBEL

WELTEN-NEBEL

Titel: WELTEN-NEBEL
Autoren: Anja Buchmann
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sich wirklich sicher war, dass sie dieses Leben wählen wollte. Wie jeder Anwärterin stand es Zada frei, vor der Weihe noch aus dem Tempel auszutreten. Da ihr Zada auch persönlich nahestand, hatte sie sich mit ihr besonders gründlich auseinandergesetzt. Obwohl Yerina sich bemüht hatte, Zada nicht gegenüber den anderen Anwärterinnen zu bevorzugen, so war die Ziehtochter von Galica und Tharet stets ihr persönlicher Schützling gewesen. Daher lag es ihr am Herzen, dass Zada keine Entscheidung traf, die sie später bereuen würde. Yerina wusste allzu gut, worauf eine Priesterin verzichten musste. Niemals würde sie eine Familie gründen, das Glück des Mutterseins erfahren. Auch wenn Yerina nie bedauert hatte, Priesterin geworden zu sein, so hatte sie das Familienleben von Tharet, Galica und Zada doch bisweilen mit Wehmut betrachtet. Auch das Glück, das sie aus dem Briefen von Carlynn und Aden sowie Peria und Jeven herausgelesen konnte, versetzte ihre manchmal einen leichten Stich.
    Zada aber versicherte ihr, dass sie sich sicher war: Sie wollte Priesterin werden. Yerina hatte die Gewissheit, dass die junge Frau eine gute Priesterin werden würde.
     
     

    Nachdem Yerina gegangen war, kleidete sich Zada ein letztes Mal in das graue Gewand einer Anwärterin. In der abendlichen Zeremonie würde sie die schwarzen Gewänder einer Priesterin erhalten. Im Anschluss würde sie das erstes Mal als vollwertiges Mitglied der Priesterinnenschaft am Ritual der Wintersonnenwende teilnehmen. Entgegen ihrer Erwartungen war sie keineswegs aufgeregt oder unsicher, sie fühlte eine große innere Ruhe.
    Gemessenen Schrittes machte sie sich auf den Weg zum Tempel. Sie betrat ihn durch die rückwärtige Tür. Die Vorbereitungen für den Abend waren abgeschlossen und momentan hielt sich noch niemand im Tempel auf. Zada kniete nieder und begann zu beten. Sie bat die Götter um ihren Segen für die bevorstehende Weihe und ihr Wirken als Priesterin.
    Auch bat sie darum, sie möge die Kraft haben, die in sie gesetzten Erwartungen zu erfüllen. Sie war sich bewusst, dass das Amt der Priesterin ein verantwortungsvolles war. Ihre Aufgabe würde es sein, die Gläubigen zu einem Leben anzuleiten, welches ihnen das Wohlwollen der Götter einbrachte. Seit die Sechs die Welt gerettet hatten, arbeitete Yerina unablässig daran, ein neues Bild von den Göttern zu verbreiten. Zuvor waren die Götter als Schöpfer der Welt verehrt worden, die jedoch keine oder nur wenig Macht über das Leben hatten. Die Sechs aber hatten am eigenen Leib erfahren, dass die Götter nicht nur stille Beobachter waren, sondern fähig und willig waren, schlechtes Verhalten zu bestrafen und gutes zu belohnen. Daher waren die Lehren des Tempels nun viel mehr auf das tägliche Leben ausgerichtet. Immer wieder betonte Oberpriesterin Yerina, dass jeder mit einem achtsamen Leben mehr Gunst bei den Göttern erwerben konnte als mit regelmäßigen Besuchen im Tempel. Ein jeder sollte seinen Mitmenschen mit Güte und Liebe begegnen, die Natur schützen und von jeder Art von Gewalt Abstand nehmen. Die Regeln hatten anfangs eine radikale Neuerung dargestellt und nicht alle Menschen waren damit einverstanden gewesen. Einige hatten es als unangemessene Einmischung des Tempels in ihre Leben gesehen. Inzwischen hatten sich die Regeln jedoch als Bestandteil des Glaubens etabliert und hatten auch in zahlreiche geistliche Schriften Eingang gefunden. Dies bedeutete jedoch keineswegs, dass die Welt frei von Gewalt und Gier war. Während ihrer Ausbildung hatte Zada gelernt, dass es dunkle Flecken in der Natur eines jeden Menschen gab und dass es Anstrengungen und Disziplin erforderte, diese zu unterdrücken und nach den Regeln zu leben. Nicht alle Menschen waren dazu fähig oder willens.
    Langsam füllte sich der Tempel mit Priesterinnen und Anwärterinnen, gleich würde ihre Weihe beginnen. Die Oberpriesterin trat zu ihr. „Seid Ihr bereit, Zada?“
    Sie nickte und Yerina nahm ihre Hand und führte sie zum Heiligen Würfel. Die anderen Priesterinnen bildeten einen Kreis um sie und den schwarzen Würfel. Sie fassten einander bei den Händen und sprachen ein kurzes Gebet, in dem die Götter um ihren Segen für diese Zeremonie gebeten wurden. Dann erhob Yerina ihre Stimme: „Zada, Ihr seid heute hier vor die Götter getreten, um ihnen Euer Leben zu widmen und zu geloben, ihnen für den Rest Eures Lebens zu dienen aus vollem Herzen und mit ganzer Seele. Seid Ihr gewillt, nach den Regeln der
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