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Weller

Weller

Titel: Weller
Autoren: Birgit
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ihr eine entpersonalisierte Masturbationsvorlage gemacht, die nicht ahnte, dass ein Spanner im Dunkeln vor ihrem Fenster Fotos schoss. Auch die nächsten Bilder zeigten Ähnliches. Nackte Frauen beim Sonnenbad am Strand, von einer Steilküste herab aufgenommen, Frauen in ihren erleuchteten Wohnungen, mal mit nacktem Oberkörper, mal gänzlich nackt. Einige der Fotografierten schliefen. Eines der Bilder zeigte den Blick in einen großen Raum, in dem vier Frauen anscheinend Yoga praktizierten. Eine trug einen hautengen Gymnastikanzug, durch den sich jedes kleinste Detail ihres Körpers abzeichnete. Die Bildabfolge entsprach einem wiederkehrenden Muster. Immer gab es ein Foto vom gesamten Schauplatz, dann ein, zwei Zoomaufnahmen auf Körperdetails, vorzugsweise Geschlechtsmerkmale. Und immer – mit Ausnahme der Yoga-szene – waren die Frauen allein. Es ging dem Fotografen nicht um das Erspähen von Sexszenen. Vermutlich phantasierte er sich selbst an die Seite der Frauen, half ihnen mit dem Verschluss ihres BHs, reichte ihnen das Badelaken, wenn sie aus der Dusche stiegen, sah ihnen auf dem Bett liegend zu, wie sie sich im Schlafzimmer auszogen.
    Er musste sehr geduldig und sehr vorsichtig sein. Die Offenheit, mit der die Frauen vor seiner Linse agierten, zeugte von ihrer absoluten Ahnungslosigkeit. Ich klickte mich weiter, suchte nach der toten Studentin. Zwar kannte ich nur das Foto, das die Zeitung veröffentlicht hatte, dennoch glaubte ich, die blonden Wallehaare und das Gesicht mit den großen Augen und dem breiten Mund wiedererkennen zu können. Sie war mir wie die jüngere Ausgabe   Marie-Claires   vorgekommen, der belgischen Freundin meines Lieblingstatortkommissars   Schimanski , welche ich immer sehr attraktiv gefunden hatte. Klick. Noch eine Nackte, diesmal sogar in Strapsen und Tanga. Konnte es sein, dass eine Frau, die merkt, dass sie beobachtet wird, ganz bewusst eine Show vor dem Voyeur abzieht? In einem solchen Fall käme möglicherweise so etwas wie Angstlust ins Spiel. Aber würde nicht doch die Furcht vor dem Unbekannten draußen vor dem Fenster überwiegen? Zumindest bei normalen Frauen. Schließlich könnte der Kerl doch jederzeit ins Haus einzudringen versuchen. Doch wer war schon normal. Klick. Eine unbekleidete Schwarzhaarige mit einem großen flügelähnlichen Tattoo auf den Schulterblättern, die an einem Waschbecken stand, von oben durch die schrägstehenden Lamellen der Jalousie fotografiert. Im Spiegel waren ihr Gesicht und ihre großen Brüste zu erkennen, die der Fotograf, ich war sicher, dass es ein Mann war, bei der nächsten Aufnahme herangezoomt hatte. Der Knipser musste viel Zeit darauf verwenden, seine Opfer auszuspähen, um an solche Motive zu kommen. Ich selbst meinte durchaus, mit offenen Augen durch die Welt zu gehen, hatte jedoch noch nie einen solchen intimen Anblick durch ein Fenster erhascht. Klick. Da war sie! Marlen Hausmanns Brüste waren mit einem winzigen Bikinioberteil bedeckt, das weniger verhüllte als preisgab. Sie lag mit geschlossenen Augen in einem Liegestuhl, Kopfhörer im Wuschelhaar und ein entrücktes Lächeln auf den Lippen. Die Brüstung des Balkons verdeckte den unteren Teil ihres Körpers. Auch dieses Foto war von einem leicht erhöhten Standpunkt aus aufgenommen. Ich überlegte, ob es sich um das Wohnhaus von Marlen Hausmann im Spiegelberg handeln könnte, aber ich kannte mich dort nicht gut genug aus, um dies wirklich beurteilen zu können. Für das nächste Bild war der Fotograf an einen noch höheren Punkt gestiegen. Ich hielt die Luft an. Nun erklärte sich ihr entrückter Gesichtsausdruck. Sie hatte kein Höschen an und ihre rechte Hand war zwischen ihren Beinen verschwunden. Er hatte sie so nah herangezoomt, dass ich die Schweißperlen auf ihrem Bauch erkannte. Puh! Ich musste mir sagen, dass ich gerade ein möglicherweise wichtiges Beweisstück betrachtete, um meine Erregung zu unterdrücken – schließlich war ich auch nur ein Mann. Schnell klickte ich mich weiter, um nichts Entscheidendes zu übersehen, bevor ich das LKA anrief. Es waren noch zehn, zwölf Aufnahmen übrig, als mir eine steinharte Faust in den Magen boxte. Ich wollte es einfach nicht glauben. Hinter unserem Badezimmerfenster stand Ellen in ihrem winzigen kirschroten Seidennachthemd, bürstete sich mit geneigtem Kopf die langen dunklen Haare und blickte träumerisch in den Garten hinaus. Ich hielt die Luft an, klickte das nächste Bild an. Ellen war nun nackt und hob gerade
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