Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weißes Leuchten (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Weißes Leuchten (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Weißes Leuchten (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
Autoren: James Lee Burke
Vom Netzwerk:
Handballen und Zeigefinger. Selbst wenn er grinste, hatte Weldons Gesicht einen kühnen Zug. Die Augen schimmerten metallisch, und sein Kiefer war kantig und hart. Das braungraue Haar war so kurz geschnitten, daß man über den großen Ohren die Kopfhaut durchschimmern sah, und es machte immer den Eindruck, als beiße er die Backenzähne zusammen, weil sich das knotige Gewebe hinter dem Kiefergelenk spannte. Er trug Hausschuhe, verwaschene Levis ohne Gürtel und ein mit Farbflecken verunziertes T-Shirt, das über seinen mächtigen Bizeps und dem brettflachen Bauch spannte. Er war noch unrasiert, und in der Hand hielt er eine Tasse Kaffee. Er behandelte mich zuvorkommend – Weldon war immer höflich –, sah aber dabei immer wieder auf seine Uhr.
    »Mehr kann ich dir wirklich nicht sagen, Dave«, sagte er, als wir im Türbogen zum Eßzimmer standen. »Ich stand hier vor den Glastüren und hab’ mir angesehen, wie die Sonne über dem Bayou aufgeht, und auf einmal macht es Paff ! Da ging’s durch die Scheibe und hat dann die Wand da hinten getroffen.« Er grinste.
    »Hat dir sicher einen mächtigen Schrecken eingejagt«, sagte ich.
    »Das kann ich dir sagen.«
    »Klar. Du siehst ja auch ganz aufgelöst aus, Weldon. Und warum hat deine Frau angerufen und nicht du?«
    »Die macht sich doch immer Sorgen.«
    »Und du selbst nicht?«
    »Jetzt paß mal auf, Dave, ich hab’ vorher schon zwei junge Schwarze gesehen. Sie haben ein Kaninchen aus dem Zuckerrohrfeld gejagt, und dann sah ich noch, wie sie auf ein paar Spottdrosseln schössen, die drüben im Bayou auf einem Baum hockten. Ich glaub’, die hausen in einer dieser alten Niggerhütten da unten an der Straße. Warum nimmst du dir die nicht mal zur Brust?«
    Er sah auf die Zeiger der Mahagonistanduhr am anderen Ende des Eßzimmers und stellte dann seine Armbanduhr nach.
    »Aber die schwarzen Kids hatten keine Schrotflinte, oder?« fragte ich.
    »Nein, ich glaub’ nicht.«
    »Hatten sie eine .22er?«
    »Das weiß ich nicht, Dave.«
    »Aber genau das hätten sie wahrscheinlich gehabt, wenn sie es auf Kaninchen oder Spottdrosseln abgesehen hatten, oder? Zumindest, wenn sie keine Schrotflinte hatten.«
    »Mag sein.«
    Ich sah mir das Loch in der Scheibe einmal näher an. Es war ziemlich weit oben in der Tür. Ich nahm meinen Füller, der fast so dick wie mein kleiner Finger ist, aus der Tasche und steckte das eine Ende des Füllers durch das Loch. Dann ging ich durch das Eßzimmer und machte das gleiche mit dem Loch in der Wand. Hinter der Wand war ein solider Holzpfeiler, und der Füller verschwand gut fünf Zentimeter tief im Loch, bevor er auf etwas Festes stieß.
    »Meinst du wirklich, das stammt von einer Kugel Kaliber .22?« fragte ich.
    »Vielleicht war’s ein Querschläger«, antwortete er.
    Ich trat wieder zu den Glastüren, öffnete sie zur mit großen Steinplatten bepflasterten Terrasse und blickte hinaus über den leicht abschüssigen blaugrünen Rasen bis zum Bayou. Zwischen den Zypressen und Eichen an der Uferböschung sah man einen Bootssteg und ein verwittertes Bootshaus. Zwischen dem schlammigen Ufer und dem Rasen befand sich noch eine flache rote Ziegelmauer, die Weldon errichtet hatte, damit sein Land nicht nach und nach vom Sumpf aufgesaugt wurde.
    »Ich find’s eigentlich ziemlich dumm, was du da tust, Weldon«, sagte ich, den Blick immer noch auf der Ziegelmauer und den Bäumen am Ufer, deren Silhouetten sich gegen das Sonnenlicht auf der braunen Oberfläche des Bayous abzeichneten.
    »Wie bitte?« sagte er.
    »Wer hat einen Grund, dir was anzutun?«
    »Keine Menschenseele.« Er lächelte. »Wenigstens nicht, soviel ich weiß.«
    »Ich will dir ja nicht zu nahe treten, aber schließlich ist Bobby Earl dein Schwager.«
    »Und?«
    »Der macht schon was her. Ein Reporter der CBS hat ihn den ›Robert Redford des Rassismus‹ genannt.«
    »Ja, das fand Bobby auch nicht schlecht.«
    »Mir ist zu Ohren gekommen, du hättest Bobby im Copeland’s an der Krawatte über den Tisch gezogen und sie anschließend mit einem Steakmesser durchgesäbelt.«
    »Na ja, eigentlich war’s ja Mason’s, drüben auf der Magazine Street.«
    »Ah ja. Und wie hat ihm das geschmeckt, in einem Lokal vor allen Leuten so vorgeführt zu werden?«
    »Er hat’s mit Fassung getragen. Bobby ist kein übler Kerl. Hin und wieder muß man ihm halt den Kopf zurechtrücken.«
    »Und was ist mit seinen Anhängern – Typen vom Ku Klux Klan, Nazis, Mitglieder der Aryan Nation? Findest du
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher