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Weiße Nebel der Begierde

Titel: Weiße Nebel der Begierde
Autoren: Jaclyn Reding
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Brief an
    Amelia B., geschrieben und berichtet, was ihr widerfahren war, und Mrs Wickett hatte währenddessen alle Maßnahmen ergriffen, damit das Haus bis zur nächsten Saison geschlossen werden konnte.
    Eleanor beendete gerade ein Kapitel in ihrem Buch und dachte daran, Mrs Wickett um eine Tasse Tee zu bitten, als ihr Blick zufällig auf Brighdes Gemälde fiel.
    Es waren nicht so sehr die Farben, sondern die Darstellung an sich, die ihr Interesse weckte, denn das Bild war eine genaue Kopie des Wandgemäldes, das Juliana im Schulzimmer in Dunevin gemalt hatte. Aber diesmal hatte Brighde den Pinsel geführt, und Eleanor beobachtete erstaunt, wie die Kleine ein bisschen malte und dann Juliana anschaute, als wollte sie sie fragen, ob es so richtig war.
    Dies ging einige Minuten so und Brighde arbeitete an den beiden Gestalten am Strand und der einen auf dem Felsen - das war der Teil, den Juliana wegen des Feuers nie fertig gestellt hatte. Es schien, als hätte Juliana Brighde auf mysteriöse Weise übermittelt, was sie malen musste - aber ohne Worte war das nicht gut möglich.
    Nach einer Weile der eigenartigen schweigenden Verständigung beugte sich Eleanor über die beiden Kinder.
    »Brighde, was malst du da?«
    Das Kind wischte sich eine blonde Strähne aus dem Gesicht und hinterließ einen blauen Strich auf der Stirn.
    »Ich male Jwee-lhanna auf dem Felsen. Sie will es nicht selbst machen.«
    Eleanor kam noch näher heran und betrachtete das Bild genauer. »Woher weißt du, dass sie es nicht selbst malen will?«
    »Weil sie es mir gesagt hat, Mylady.«
    Eleanor war verblüfft. »Sie hat es dir gesagt? Was meinst du damit? Wie hat sie es dir gesagt?«
    Brighde kicherte. »Mit ihren Gedanken, Mylady. Können Sie sie nicht hören? Sie sind klar wie das Vogelgezwitscher in den Bäumen.«
    Eleanor lauschte angestrengt, aber sie hörte nichts, nur Stille.
    »Willst du damit sagen, dass du hörst, was Juliana denkt?«
    Brighde spritzte ein wenig Farbe auf das Papier.
    »Ja.«
    »Auch jetzt? In diesem Augenblick?«
    »Ja.«
    »Wie machst du das, Brighde?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nicht. Es ist einfach so. Schon seit dem Michaelistag.«
    Eleanors Herz schlug schneller. »Also spricht Juliana mit dir, ja? Auch jetzt?«
    Brighde sah Juliana an und runzelte die Stirn, als würde sie etwas nicht verstehen, dann lächelte sie und nickte. »Ja, aber ich weiß nicht, was sie meint, Mylady. Sie sagt, sie vermisst ihre Puppe. Deshalb wollte sie, dass ich sie male.«
    Brighde deutete auf eine der beiden Figuren am Wasser. Eleanor schnappte erschrocken nach Luft. Die Puppe war für Juliana ihre Mutter. Eleanor sah sich das Bild noch einmal an. Warum sah es hier so aus, als würden die beiden Gestalten miteinander ringen?
    »Brighde, ist das hier Julianas Mutter?«
    Brighde schüttelte den Kopf. »O nein, Mylady. Lady Georgiana ist hier.«
    Sie zeigte auf den runden Kopf der Robbe, der aus dem Wasser spitzte. »Verstehen Sie, als das Meer kam, um sie zu holen, ist sie nicht wirklich weggespült worden, wie der Mann gesagt hat. Sie wurde ein selkie, damit sie immer auf Jwee-lhanna aufpassen kann.«
    Eleanor erinnerte sich an ihren ersten Ausflug auf der Insel - die kleine Robbe schien ihnen überallhin gefolgt zu sein. Aber bestimmt war das nicht...
    Eleanor richtete den Finger auf die anderen zwei Figuren. »Brighde, warum ist Julianas Puppe im Wasser?«
    Brighde richtete den Blick erst auf Juliana, dann antwortete sie: »Sie sagt, der Mann hat sie hingebracht und dem Meer übergeben, aber er hat Juliana verboten, jemals darüber zu sprechen - kein Wort zu irgendjemandem, sonst würde er ihr auch den Vater wegnehmen.«
    Ein eisiger Schauer lief Eleanor über den Rücken. Durch das Gemälde hatte Juliana ihnen erzählt, was ihrer Mutter widerfahren war, und die Puppe benutzt, um nicht gegen das Verbot von Georgianas Mörder zu verstoßen.
    Eleanors Hände zitterten, als sie auf die dritte Gestalt deutete, die mit Georgiana am Wasser stand und die Brighde »den Mann« nannte.
    »Wer ist das, Brighde? Wer ist der Mann, der Juliana die Puppe weggenommen und ins Meer geworfen hat?«
    Brighde sah zu Eleanor auf. »Na, das ist der Kammerdiener, Mylady. Der Kammerdiener vom Laird. Er hat die Puppe dem Wasser übergeben.«
    Lieber Gott. Es war Fergus.
    Eleanor stockte der Atem. Ihr Blick war auf das Bild fixiert, während sie versuchte, die Szene in sich aufzunehmen. Plötzlich machte alles Sinn.
    Es war immer Fergus
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