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Weiss wie der Tod

Weiss wie der Tod

Titel: Weiss wie der Tod
Autoren: Roman Rausch
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viel gefasster sein.»
    «Hör mal, er wird mit der Vergewaltigung seiner Tochter konfrontiert. Ich würde da ausrasten.»
    «Richtig. Ausrasten, aufstehen und gehen. ‹Ihr könnt mich mal.› Genau das würde ich tun. Er aber nicht.»

57
    L ili und Sebastian saßen zurückgezogen in einer Ecke der Bar. Eine Handvoll Gäste war inzwischen eingetroffen.
    «Du hast ganz schön mit deinem Bild geflunkert», sagte Lili. «Wieso eigentlich? Das hast du doch gar nicht nötig. Machst dich älter, als du bist.»
    Sebastian lächelte. «Und dennoch hat es funktioniert. Du bist hier.»
    «Nicht wegen des Fotos.»
    «Ach, komm, sei ehrlich. Du stehst auf ältere Typen.»
    «Und du auf Jüngere.»
    «Okay, Ausgleich. 1   :   1. Wissen deine Eltern, dass du dich mit mir triffst?»
    «Nein.»
    «Machen sie sich keine Sorgen?»
    «Ich habe nur noch einen Vater, und der arbeitet lange.»
    «Tut mir leid. Ist deine Mutter …»
    «Gestorben, ja. Vor ein paar Jahren. Aber lassen wir das. Was interessiert dich an jungen Dingern wie mir? Du könntest doch leicht Frauen in deinem Alter kennenlernen.»
    «Du überschätzt das. Sie langweilen mich. Für diese Frauen gibt es nur ein Ziel: Karriere. Als gäbe es nichts anderes.»
    «Zum Beispiel?»
    «Zeit für ein gutes Gespräch.»
    «Aber die kommen doch auch irgendwann nach Hause. Dann kann man sich unterhalten. Bei einem Glas Wein, schön entspannt auf der Couch.»
    Sebastian seufzte. «Wenn du wüsstest. Entweder hören sie einem nicht zu, oder sie schlafen auf der Stelle ein. Nein, ich hab’s aufgegeben.»
    «Vielleicht hast du die Richtige noch nicht getroffen.»
    «Möglich. Dafür bist du jetzt da.»
    Lili führte die Tasse Tee zum Mund. Dabei blickte sie ihm in die Augen. Was sollte sie darauf erwidern?, fragte sie sich.
    Sebastian legte nach. «Mach ich dich verlegen?»
    «Ein wenig schon. Ich fürchte, ich bin dir nicht gewachsen.»
    «Ach, komm. Du brauchst keine Angst vor mir zu haben. Ich bin harmlos. Ehrlich.»
    «Aber was willst du von mir? Ich meine, uns trennen Jahrzehnte. Du könntest mein Vater sein.»
    «Jetzt mach mal halblang.» Er schmunzelte. «So alt bin ich nun wirklich nicht. Und außerdem bist du älter, als du aussiehst.»
    «Was meinst du damit?»
    «Mir ist noch nie jemand wie du untergekommen, der mit seinen sechzehn Jahren schon so entwickelt ist. Nicht nur körperlich, nein, du sprichst und denkst über Dinge, die ältere Frauen gerade mal aus Büchern kennen.»
    «Du bist ein Charmeur.»
    «Siehst du, genau das meine ich. Eine ältere Frau würde einen ganz anderen Ausdruck verwenden, und eine normale Sechzehnjährige auch. Du bist etwas ganz anderes. Etwas Besonderes. Ich glaube, ich habe ein Glückslos mit dir gezogen.»
    «Wie lange machst du das schon – Frauen über das Internet kennenlernen?»
    «Es ist das erste Mal.»
    «Du lügst.»
    «Nein, wirklich. Bisher habe ich Frauen nur über meine Arbeit getroffen.»
    «Hast du eine Freundin?»
    Sebastian zögerte. «Noch. Aber es ist vorbei. Morgen mach ich Schluss mit ihr.»
    «Wieso?»
    «Sie ist so … gewöhnlich. Versteh mich nicht falsch. Sie sieht toll aus, und alles andere stimmt irgendwie auch.»
    «Das andere ist der Sex, oder?»
    «Ja und nein. Das ist es nicht. Ich habe mich weiterentwickelt. Früher wäre sie meine Traumfrau gewesen, aber heute bereitet sie mir nur noch Kopfschmerzen.»
    «Was suchst du dann?»
    Der Kellner verhinderte die Antwort. «Darf’s noch was sein?»
    Sebastian blickte fragend zu Lili. Sie war sich unschlüssig, und er ergriff die Gelegenheit. «Ja, aber jetzt was Anständiges. Was magst du?»
    Lili zögerte. Sebastian übernahm die Entscheidung. «Lass uns einen Wein trinken. Weiß oder rot? Oh, entschuldige, rot natürlich.»
    Der Kellner ging zur Bar zurück.
    «Woher weißt du, dass ich einen Rotwein gewählt hätte?», fragte Lili.
    «Er ist reich an Geschmack. So wie du.»
    Sie lächelte. Der Typ war wirklich nett. Vielleicht hatte sie sich geirrt, und er war der Falsche. Sie würde ein Glas Wein mit ihm trinken und dann nach Hause gehen.
    «Was trägst du da um den Hals?», fragte Sebastian.
    Lili griff an das silberne Herz an der Halskette. «Ein Foto meiner Mutter.»
    «Darf ich es mal sehen?»
    «Geht nicht. Da ist noch was anderes drin.»
    «Was denn?»
    «Kann ich nicht sagen.»
    «Los, sag schon.»
    Lili beugte sich zu ihm hinüber. «Kleine Scharfmacher. Wenn’s in der Disco wieder mal länger dauert.»
    «Speed?»
    «So was in der
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