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Weinwissen für Angeber

Weinwissen für Angeber

Titel: Weinwissen für Angeber
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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verkostet werden. Dann sehen Sie Ihrem Gegenüber tief in die Augen und sagen: „Ich habe diesen (z.B.) 1990er Grand Année von Bollinger schon häufig genossen, aber noch nie hatte er ein so delikates Aroma wie heute. Ich kann diesen Champagner nie wieder ohne dich trinken." Niemand kann diesem Kompliment widerstehen. Selbst wenn der Papst mit Ihnen in der Wanne säße, dieser Abend würde unvergesslich.
        
       Wo ist denn dieses Gebräu her?
Pralinen
    Ab und an kommt ein Wein-Angeber in die undankbare Situation, absolute Wein-Nullen beeindrucken zu müssen. Das Problem dabei ist, dass diese nicht wissen, dass sie welche sind. Eine Regel bei Weintrinkern ist, dass jeder, aber wirklich jeder, der jemals mit seinem Gesäß ein Glas Weinschorle am Nachbartisch umgeschmissen hat, meint, er sei der größte Weinkenner, der je auf der Erde gelebt hat. Diese törichten Narren! Das sind natürlich Sie! Also handeln Sie auch so, seien Sie arrogant. Stellen Sie sich folgende Situation vor: Sie sind bei Freunden eingeladen, die so überhaupt keinen Geschmack haben, weder was Einrichtung noch Essen und erst recht nicht, was Wein angeht. Das haben die aber irgendwie noch nicht begriffen. Ändern Sie es. Was es in jedem dieser geschmacklich heruntergekommenen Haushalte gibt, sind Pralinen mit alkoholischem Inhalt, ob mit Kirschen, Pflaumen oder ähnlichem Vitamin-Alibi, ist egal. Sie sind irgendwo. Also fragen Sie Ihre Gastgeber danach. Sie werden Ihnen serviert. Essen Sie eine Praline, gehen Sie danach zur Toilette und... Sie wissen schon. Ersparen Sie mir Details. Beim Wiedereintritt ins Wohnzimmer wäre ein Satz wie der Folgende sinnvoll: „Das war überhaupt keine Piemont Kirsche!" Nehmen Sie dann die Packung und schmeißen Sie sie weg. Der nächste Schritt ist sehr subtil, fragen Sie Ihre Gastgeber nur, wer Ihnen diesen Mist geschenkt hat, und raten Sie, die entsprechende Freundschaft zu kündigen. Ihre Gastgeber haben ab nun einen neuen Gott / eine neue Göttin in Geschmacksfragen, und das sind Sie. Und dafür müssen Sie nur eine eklige Praline essen. Auch Wein-Angeber müssen Opfer bringen. Die Welt ist nicht perfekt.
      

Henkersmahlzeit
    Diese Chance bietet sich leider nur Weintrinkern in den USA oder anderen unzivilisierten Ländern. Also wandern Sie aus. Einen glorreicheren Abgang werden Sie kaum bekommen.
    Begehen Sie irgendein Kapitalverbrechen. Stellen Sie sich dumm, damit Sie gefasst werden. Sitzen Sie Ihre Zeit in der Todeszelle ab. Dann ist es so weit: Lassen Sie sich für die Henkersmahlzeit einen grandiosen Wein kommen. Aber bedenken Sie Ihre Wahl, die Nachwelt wird Sie danach beurteilen! Ihre Wahl sollte auch in Jahrhunderten noch Ansehen haben. Ihre Kinder und Kindeskinder sollten ehrfürchtig nicken können, wenn sie davon hören.
      

    Ohne meinen Lafite geh ich nit aufs Schafott!
      

    Also wählen Sie einen Klassiker, keinen modischen Schmäh, der übermorgen schon wieder out ist. Also Bordeaux oder Burgund und nehmen Sie einen großen Jahrgang, am besten einen runden. Je runder, desto besser. 1900, 2000 - hervorragend! Für diese Flasche sollten Sie Ihr letztes Hemd (de facto) hergeben. Und wie gesagt: Nur große Namen! Romanee Conti, Mouton Rothschild, Lafite, Latour, Haut Brion etc. Aber nicht Valandraud, Tetre Roteboeuf, selbst nicht Leroy. Wer weiß, was aus diesen Gütern wird? Spielen Sie nicht mit der Ewigkeit!
    Was essen Sie dazu? Nichts! Ha! Das setzt dem ganzen noch das I- Tüpfelchen auf. Sie sind Purist. Falls Sie tatsächlich Hunger haben sollten (da müssen Sie durch), ist allerhöchstens neutrales Weißbrot oder aber ein feinst abgestimmter Käse drin. Aber ohne ist besser. Verweigern Sie feste Nahrung. Und nehmen Sie das letzte Glas Wein mit zum Schafott. Grandios! In Frankreich wird man Ihnen ein Denkmal setzen! Also: Nutzen Sie auch die letzte Chance, ordentlich anzugeben. Es kommt keine bessere mehr.
      

Einweihungsparty
    Zu einem solchen Anlass werden oft viele Personen eingeladen, die man noch nicht kennt - die Bühne ist also groß! Kommen Sie etwas später zur Party, um sich den „Wer-kommt-denn-da-noch?"-Auftritt zu sichern. Lassen Sie sich die Wohnung / das Haus zeigen, finden Sie unauffällig heraus, wo die Küche ist. Das ist Ihr Zielort! Überreichen Sie hier Ihr Einweihungsgeschenk - selbstverständlich eine Flasche sehr guten Weines. Berichten Sie laut und ausführlich über Anbaugebiet, Jahrgang, Winzer und Geschmack. Seien Sie ruhig witzig! Sagen Sie,
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